Evangelium als Kompass: Nikolaus Schneider zur politischen Verantwortung der Kirchen 14. März 2014

EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider
Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland Nikolaus Schneider. (Bild: epd-bild/Jens Schlüter)

(epd) Die Kirche muss nach Ansicht des EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider für ein gerechtes und faires Wirtschaften, für eine sozialstaatliche Systematik und eine aktive Friedenspolitik eintreten. Nur so könne man den Brüchen und Spannungen in der Welt entgegenwirken, sagte Schneider in Mannheim. Kern der Heiligen Schrift und damit aller Werte sei der Zusammenhang von Gottesliebe, Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit, sagte Schneider in einem Vortrag zu „Reformation und Politik – zur politischen Verantwortung der Kirche“ in den Reiss-Engelhorn-Museen.

Die Bibel sei der Maßstab der christlichen Theologie und rufe zur Verantwortung für Gottes Schöpfung auf. Sie sei aber keine ethische Grundsatzschrift und auch kein zeitloser moralischer Tugend- und Lasterkatalog, betonte der Theologe. Deshalb halte er eine Beschreibung von Kirche als „Ethik- und Moralinstanz“ für problematisch. Das Evangelium rufe die Kirchen zur politischen Verantwortung auf, erste Aufgabe der Kirche sei aber die Weitergabe und Verkündigung des Evangeliums. „Das Evangelium wirkt wie ein Kompass, nicht wie ein Navi!“, sagte Schneider.

Luthers Unterscheidung von geistlicher und der weltlicher Gewalt

Die Bindung an Gottes Wort schenke den Menschen zwar ein belastbares „Wertefundament“, das die Kirchen dazu befähige, politische Verantwortung zu übernehmen und zu gestalten. Allerdings biete es keine eindeutigen ethisch-politischen Handlungsanweisungen für die konkreten Aufgaben und Fragen des politischen Alltags. Im Unterschied zum Staat, der für Recht und Frieden sorgen müsse, sei es die Aufgabe der Kirchen, „an Gottes Reich, an Gottes Gebot und Gerechtigkeit und damit an die Verantwortung der Regierenden und Regierten“ zu erinnern, sagte Schneider.

Schon zur Reformationszeit habe Martin Luther eine grundlegende Unterscheidung der geistlichen und der weltlichen Gewalt gesetzt, die sich als sogenannte „Zwei-Reiche-Lehre“ eingebürgert habe, ohne dass er eine Staatstheorie aufgestellt habe. Luther habe mit seiner Unterscheidung eine doppelte Absicht verfolgt, betonte Schneider. Der Reformator wollte die weltliche Gewalt von der Bevormundung durch die geistliche befreien und zugleich die geistliche Gewalt von der Bevormundung durch die weltliche.