(epd): Eine derzeit entstehende Datenbank liefert neue Erkenntnisse über die Hexenverfolgungen der Frühen Neuzeit. Katholiken verbrannten etwa mehr Männer als die Protestanten. Einer der Gründe dafür könnte in der Bibelübersetzung Martin Luthers liegen.
Eine umfassende Übersicht fehlt bislang
Vor allem Hebammen, Witwen, arme Frauen sollen auf den Scheiterhaufen gebrannt haben. Bislang geht die Geschichtsforschung davon aus, dass Angehörige bestimmter Gruppen häufig zu Opfern in den Hexenverfolgungen der Frühen Neuzeit wurden. Aber nach Erkenntnissen, die Kai Lehmann gesammelt hat, stimmt das so nicht. „Es konnte jeden treffen“, sagt der Direktor des Museums Schloss Wilhelmsburg im thüringischen Schmalkalden.
Lehmann und sein Team aus bis zu fünf Forschern erstellen seit Ende 2012 eine Datenbank, für die sie alle verfügbaren Informationen über Hexenprozesse und deren Opfer im Territorium des ehemaligen Heiligen Römischen Reichs sammeln. Auf lokaler und regionaler Ebene sei das Thema bereits nahezu flächendeckend erforscht, erläutert der Historiker. Aber eine umfassende Übersicht fehle bislang.
Der Blick aufs Ganze bringt neue Erkenntnisse. Die Forschung schätzt die Zahl der als Hexen oder Zauberer in Deutschland Hingerichteten auf 15.000 bis 20.000. Lehmann glaubt, es seien deutlich mehr gewesen. Eine genaue Zahl kann er noch nicht nennen, da die Auswertung der Quellen noch nicht abgeschlossen ist. Er nennt aber eine Reihe von Orten, in denen so viele Menschen starben, dass es kaum noch Arbeitskräfte gab. „Die Verfolgungswellen gingen oft bis zur physischen Erschöpfung“, sagt er. Im Örtchen Longuich bei Trier etwa hätten 60 von 300 Einwohnern das Schafott oder den Scheiterhaufen besteigen müssen.