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Vor 400 Jahren: Der Prager Fenstersturz

Darstellung des Prager Fenstersturzes im „Theatrum Europaeum“, 1662.
(Bild: Wikimedia Commons)

Am 23. Mai 1618 stürzten Vertreter der protestantischen böhmischen Stände die königlichen Statthalter Jaroslaw Borsita Graf von Martinitz und Wilhelm Slavata von Chlum und Koschumberg sowie den Kanzleisekretär Philipp Fabricius aus einem Fenster des Alten Königspalasts auf der Prager Burg. Trotz des etwa 17 Meter tiefen Sturzes überlebten alle drei. Mit dem Fenstersturz begann der Aufstand der böhmischen Protestanten gegen die katholischen Habsburger. Er gilt auch als einer der Auslöser des Dreißigjährigen Kriegs. 

Die Konflikte zwischen den beiden Konfessionen bilden auch hier den Hintergrund. In Böhmen war die Bevölkerung gespalten in das katholische und hussitische Lager. Erst am 9. Juli 1609 hatte der damalige Kaiser Rudolf II. im Majestätsbrief den Hussiten die Religionsfreiheit gewährt. Mit der Wahl von Erzherzog Ferdinand zum König von Böhmen 1617 begann aber ein Rekatholisierungsprogramm, das dem Majestätsbrief zuwider lief. So ließ etwa der Stadthauptmann von Osek (deutsch: Ossegg) die 1611 neu errichtete reformierte Kirche in Hrob (deutsch: Klostergrab) im Jahr 1617 wieder abreißen. Die Schließung einer evangelischen Kirche in Broumov (deutsch: Braunau) bald darauf führte dazu, dass die protestantischen böhmischen Adligen im März 1618 einen Protestbrief an Kaiser Matthias verfassten. Als Reaktion verbot der Kaiser weitere Ständeversammlungen in Böhmen.

Kirchenschließung und -abriss als Auslöser

Am 21. Mai 1618 versammelten sich die Stände jedoch erneut, mit Ausnahme der Vertreter der Königsstädte. Die Versammlung gipfelte schließlich darin, dass einige Vertreter zur Prager Burg zogen und dort ein Streitgespräch mit den Vertretern der katholischen Herrscher führten. An dessen Ende stand schließlich der „Prager Fenstersturz“. Das Überleben der drei Vertreter der katholischen Herrschaft wurde von katholischer Seite dem Eingreifen der Jungfrau Maria zugeschrieben, von protestantischer Seite – vermutlich in Reaktion auf diese Deutung – wurde bald behauptet, die Gestürzten seien in einem Misthaufen gelandet. 

Wahrscheinlicher ist jedoch, dass eine Kombination aus Umständen zum Überleben beitrug. Die Mode der damaligen Zeit ist ein oft zitierter Faktor, denn die üblichen weiten Mäntel dürften den Sturz einigermaßen gedämpft haben. Zudem sind die Fenster im fraglichen Raum sehr schmal, ein „Herauswerfen“ mit Schwung ist nahezu unmöglich. Dazu haben sich die Hinausbeförderten gewehrt und zumindest Martinitz hielt sich auch am Fenstersims fest. Zu guter Letzt ist die Mauer unterhalb des Fensters nicht gerade, sondern nach Außen im Stil einer Stützmauer angeschrägt, so dass die Defenestrierten eher gerutscht als gefallen sein dürften. 

Die Folgen des Prager Fenstersturzes waren jedoch bei weitem nicht so harmlos. Die aufständischen Böhmen bildeten ein Direktorium, das die bisherigen Regenten ihrer Macht enthob. Böhmen wurde zu einer Konföderation gleichberechtigter Länder, was schließlich zur Absetzung Ferdinands als König führte. Zunehmende Isolation und innere Zerstrittenheit führten aber schließlich zur Niederlage der Aufständischen in der Schlacht am Weißen Berg. Den Böhmen wurde das Recht der Königswahl und -bestätigung aberkannt, die deutsche Sprache stellten die Habsburger Sieger der tschechischen gleich – und die katholische Lehre wurde als einzige Religion zugelassen. 30 000 Familien wurden vertrieben und 650 adelige Güter als Reparationen eingezogen. Da auch Verbündete Friedrichs in den Konflikt eingegriffen hatten, weitete sich der ursprünglich lokalisierte Konflikt massiv aus und setzte so den Dreißigjährigen Krieg in Gang. Dem verheerenden Konflikt werden in den folgenden Jahren zwischen vier und acht Millionen Menschen zum Opfer fallen.

Informationen

Autor:luther2017.de Datum:23-05-18
Schlagworte:
Prager Fenstersturz, Katholiken, Protestanten, Dreißigjähriger Krieg, Auslöser, Jahrestag,

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