Wortgewaltig und widersprüchlich: An Martin Luther arbeiten sich seit Jahrhunderten nicht nur Protestanten ab. Die Zeit ist reif für ein Theaterstück. Im Jahr des 500. Reformationsjubiläums besteigt Martin die Bühne.
Martin schläft schlecht. In seinen Alpträumen holen ihn seine Schriften ein, umtanzen mit Besuchern aus der Hölle sein Bett und erdrücken ihn. Auf der Bühne des „N.N. Theaters - Neue Volksbühne Köln“ wird anschaulich, wie Martin Luther darunter leidet, dass andere sein Erbe ausschlachten und für ihre Zwecke instrumentalisieren. „Ich fürchte nichts...“ heißt das Stück von Autor George Isherwood, das am 17. Februar in der Düsseldorfer Johanneskirche uraufgeführt wird. Bis November folgen deutschlandweit rund 70 Aufführungen in Kirchengemeinden und Kultureinrichtungen. Noch wenige Gastspielbuchungen sind möglich.
Luthers Ambivalenz und Interpretationen seiner Schriften im Fokus
Für Theater-Regisseur Gregor Höppner stehen Luthers Ambivalenz und die folgenreichen Interpretationen seiner Schriften im Zentrum des Stücks, das die Evangelische Kirche im Rheinland für das Jahr des 500. Reformationsjubiläums in Auftrag gegeben hat. Autor und Künstler erhielten für Inhalt und Gestaltung von der Landeskirche freie Hand. Der ungetrübte Blick von außen auf eine zentrale Figur europäischer Kirchengeschichte ist gewollt, wie Höppner betont. Und nur mit dieser Freiheit habe sich das Ensemble auf den Stoff einlassen können.
Das Ergebnis ist ein provokanter, mitunter humoristisch-musikalischer Blick auf den Augustinermönch und Gelehrten, der zu Beginn des 16. Jahrhunderts mit seiner Kritik an der eigenen katholischen Kirche dummerweise an höchster Stelle Gehör findet: Denn erst, als der Mainzer Erzbischof Luther-Schriften nach Rom schickte und diese dort nicht im Papierkorb landeten, wurde es für Luther richtig kompliziert, schildert Regisseur Höppner. „Sonst wär' nichts passiert.“
Bannbulle, Bibelübersetzung und Bauernkriege sind bekannte „Luther-Schlagwörter“, die auch auf der Bühne vorkommen. Szenen illustrieren, wie schwierig es sein kann, Luther auf eine eindeutige gesellschaftspolitische Position festzulegen. War er, als Gegner von Ablasshandel und Verfasser der Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“, auch ein Vorkämpfer für Unabhängigkeit und soziale Gerechtigkeit?
Luther, der die Bauernaufstände als Teufelswerk verdammte und die Landesfürsten zur gewaltsamen Niederschlagung aufrief, begegnet im Stück dem Wortführer aufständischer Bauern, Thomas Müntzer. Luthers Rechtfertigung, er selbst stehe auf der Seite des Glaubens, widerspricht der Bauernführer: „Nein, du stehst auf der Seite der Obrigkeit.“