Skip to main content

Archäologen entdeckten 2004 einen Sitz aus Stein beim Lutherhaus

Lutherlatrine
Die Latrine aus Stein am Wittenberger Lutherhaus. (Foto: Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt)

Hat Martin Luther seine zentrale reformatorische Erkenntnis wirklich auf dem Abort gewonnnen? Es wird viel darüber spekuliert, an welchem Ort genau Martin Luther zu der Vorstellung gelangte, dass der Mensch nicht durch gute Werke, sondern allein durch den Glauben die göttliche Gnade erfährt. Diese Erkenntnis erleichterte sein Gewissen und befreite ihn vor der quälenden Angst, dass der Mensch ausreichend Buße vor dem Gericht durch einen strafenden Gott tun müsse.

Der Mönch litt unter chronischer Verstopfung

Der Reformator selbst machte kein Geheimnis um den Ort seiner Erkenntnis. In den Tischreden wird überliefert, dass er selbst den Raum der Entdeckung als  „locus“, also „Ort“  oder auch als „in cloaca“, also auf dem Wasserkloset oder Klo bezeichnet hat: „Diese Kunst hat mir der Heilige Geist auf dieser Cloaca auf dem Turm gegeben.“

Luther litt unter chronischer Verstopfung und verbrachte daher viel Zeit auf der Toilette. Vorstellbar ist, dass er am Ort seiner körperlichen Erlösung auch sein spirituelles Befreiungserlebnis hatte. „Da fing ich an, die Gerechtigkeit Gottes als eine solche zu verstehen, durch welche der Gerechte als durch Gottes Gabe lebt, nämlich aus dem Glauben (….) Da fühlte ich mich wie ganz und gar neugeboren, und durch offen Tore trat ich in das Paradies ein“, beschreibt Luther sein Glücksgefühl.

Archäologen entdeckten 2004 einen Sitz aus Stein

Oder hatte Luther einfach nur vom Arbeitszimmer über der Toilette gesprochen? Ob nun im Arbeitszimmer oder Wasserklosett: Die Erkenntnis Martin Luthers vom gnädigen Gott ist vermutlich nicht allein einem Geistesblitz an einem besonderen Ort geschuldet, sondern auch das Ergebnis eines Ringens über Jahre hinweg mit Selbstzweifeln und Angstzuständen in Zwiesprache mit sich und Gott gewesen.

Wo diese „cloaca“ war, wusste man lange Zeit nicht. Im Sommer 2004 hatten Archäologen die Latrine von Martin Luther auf dem Grundstück des Lutherhauses  in Wittenberg ausgegraben: Ein rund 30 Zentimeter breiter Sitz aus Stein mit Abfluss. Aber auch dieser Fund kann letztendlich nicht die Meinung vieler Fachexperten belegen, dass der Reformator seine zentrale Erkenntnis der Reformation tatsächlich auf dem stillen Örtchen gehabt haben soll.