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Kuratoren stellen vor: Gemälde und Fotografie

Anne-Katrin Ziesak, Projektleiterin und Kuratorin der Ausstellung „Der Luthereffekt“, und Ewa Gossart, wissenschaftliche Mitarbeiterin, stellen zwei Exponate aus der Nationalen Sonderausstellung in Berlin vor. 

„Verkündigung“ aus dem Zyklus „Das Leben Jesu Christi“, 
Kim Ki-chang (1914–2001). Farbige Tusche auf Seide, 1952. (Bild: Seoul, Seoul Museum)

Kim Ki-chang, Verkündigung

An der Verkündigungsszene fasziniert mich immer wieder die Darstellung des Erzengels Gabriel. Es gibt unzählige Versionen dieser Szene, aber meist ist Gabriel als junger Mann mit üppigen Locken dargestellt. Kim Ki-chang hat ihm die Gestalt einer sŏnnyŏ verliehen. Eine sŏnnyŏ ist ein feenhaftes weibliches Wesen aus dem koreanischen Volksglauben, das hier auf einem Wolkenband – gemalt als Schleierwirbel – die Erde betritt, um Maria die Geburt ihres Sohnes zu verkünden. Es ist das Wiederfinden von Vertrautem und zugleich das Entdecken von ganz Neuem, das mich an diesem Bild anspricht. Im Übrigen war es unglaublich schwierig, den Bilderzyklus „Das Leben Christi“ für unsere Ausstellung zu bekommen. Auch das Überwinden solcher Schwierigkeiten lässt einem ein Objekt ans Herz wachsen. (Anne-Katrin Ziesak)


Altar mit einem von der Gemeinde Hohenaltheim gestifteten Kruzifix. Fotografie von 
Wilhelm Guth (1888–1980), 1927/38. (Bild: 
Leipzig, Evangelisch-Lutherisches Missionswerk Leipzig e. V.)

Altar mit einem von der Gemeinde Hohenaltheim gestifteten Kruzifix 

Die Fotografie zeigt eine Gruppe von Kindern stehend vor einem Altar im Freien. Das Bild ist von einem Kruzifix dominiert, das auf dem Baum hängt.

Es ist mein Lieblingsobjekt, weil ich mir dabei das Erstaunen und die Neugierde der Kinder vorstelle. Wie merkwürdig muss es sein vor dieser befremdlichen Konstruktion zu stehen und sich die leidende Figur des weißen Mannes anzuschauen.

Das Bild bezeugt auch die globalen Netzwerke des Protestantismus. Das Kruzifix wurde von der Gemeinde in Hohenaltheim in Schwaben gestiftet. Die Gemeindemitglieder haben dafür gespendet – Menschen, die wahrscheinlich gar keine Ahnung von Tansania hatten. Das Bild belegt, dass die Missionare am Beginn des 20. Jahrhunderts die wohl am besten vernetzten Menschen der Welt waren. Sie bildeten die Schnittstellen für die Kontakte und Vernetzung außereuropäischer Gebiete mit Europa, hier zwischen den Dörfern Hohenheim und Gonja (Tansania), mit allen Implikationen, die eine solche Vernetzung mit sich trug. (Ewa Gossart)


In der Rubrik „Kuratoren stellen vor“ schreiben die Kuratoren der Nationalen Sonderausstellungen auf luther2017.de in loser Folge über einzelne Exponate aus den Schauen. Ausgewählt wurden die Ausstellungsstücke von den Autoren der Texte selbst. 

Im Begleitprogramm zur Schau „Der Luthereffekt“, das vom Deutschen Historischen Museum organisiert wird, finden regelmäßig Vorträge und Diskussionen statt. Als nächstes Thema steht die Mission auf dem Programm. Dazu veranstaltet das Museum am Montag, den 9. Oktober eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Bringing back the Gospel – Mission im 21. Jahrhundert“. Beginn ist um 18 Uhr im Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums.