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John Wyclif: Englischer Kirchenreformer des 14. Jahrhunderts

Posthumes Porträt John Wyclifs aus John Bales „Scriptor Majoris Britanniae“, 1548.

Das Wormser Lutherdenkmal gilt – neben dem internationalen Reformationsdenkmal in Genf – als das größte Reformationsdenkmal der Welt und ist sicher eines der bekanntesten. Neben dem Reformator Martin Luther selbst sind hier auch Weggefährten Luthers verewigt, etwa Melanchthon oder Friedrich der Weise. Weitere Figuren stellen andere Kirchenreformer dar, die teilweise schon Jahrhunderte vor Luther lebten. Dazu gehören neben Jan Hus auch Girolamo Savonarola, Petrus Valdes und John Wyclif. Sie werden wir in den nächsten Monaten kurz vorstellen.

John Wyclif wurde in den 1320ern im englischen Hipswell in Yorkshire geboren. Seine frühe Ausbildung genoss er noch in der Nähe seines Heimatorts, aber schon 1345 ist seine Präsenz in Oxford nachgewiesen. Wyclif studierte Theologie und leitete das College Canterbury Hall, wo sich zwölf junge Männer aufs Priesteramt vorbereiteten. Als die Leitung des College an einen Mönch übergeben wurde, wandte sich Wyclif mit einem Protest nach Rom, der aber abgewiesen wurde. 1372 erwarb Wyclif den Doktortitel in Theologie. 

Konflikt mit der Kirche

Wyclif war auch Teil einer Delegation, die dem päpstlichen Nuntius in Brügge Beschwerden des englischen Königs vortrug. Unter anderem warf der König der Kurie vor, Kirchenämter zu verkaufen. Nach seiner Rückkehr begann Wyclif seine Ideen in Form längerer Schriften zu veröffentlichen. So forderte er in seiner Schrift „De civili dominio“ die völlige Unterordnung der Kirche unter den Staat und stellte sich damit auf die Seite der weltlichen Herrscher im Investiturstreit. Dies führte zu einem ersten Konflikt mit Papst Gregor XI.

Als Wyclif in diesem Zusammenhang vor den Bischof von London zitiert wurde, kam es vor der Kirche zu einem Menschenauflauf und verbalen Auseinandersetzungen. John of Gaunt, Herzog von Lancaster, einer der Unterstützer Wyclifs, deutete an, er werde Kirchenbesitz säkularisieren, wenn es zu einem Prozess käme – daraufhin löste sich die Versammlung auf und Wyclif zog wieder ab. 

Das ermutigte Wyclif, nun offen gegen die politische Kirche Stellung zu beziehen und das päpstliche „Antichristentum“ zu bekämpfen. In seinem Hauptwerk lehrte er: „Alles ist Gott; jedes Wesen ist überall, da jedes Wesen Gott ist.“ und „Alles, was geschieht, geschieht mit absoluter Notwendigkeit, auch das Böse geschieht mit Notwendigkeit, und Gottes Freiheit besteht darin, daß er das Notwendige will.“ Darauf aufbauend sprach er sich gegen Bilder-, Heiligen-, und Reliquienverehrung aus. Wyclifs Ablehnung der Transsubstantiation – der Wandlung von Brot und Wein in den Leib Christi während der Heiligen Messe – kostete Wyclif zahlreiche Unterstützer. Die Exzesse der Kirche und ihren Reichtum zu kritisieren, war das Eine, diese traditionelle Doktrin in Frage zu stellen, etwas völlig anderes.

Gebeine ausgegraben und verbrannt

„Arme Priester“ genannte, von Wyclif ausgebildete und rötlich gekleidete Reiseprediger verbreiteten seine Lehren. Sie beeinflussten maßgeblich den Aufstand der englischen Bauern von 1381. Denn diese Laienpriester predigten nicht nur gegen die Exzesse der Kirche, sondern kritisierten auch den Reichtum des Adels. Eine vom Erzbischof von Canterbury einberufene Synode verurteilte Wyclifs Schriften als ketzerisch und er verlor seine Ämter bei Hofe. Seine Pfarrstelle führte er jedoch in Ruhe weiter und vollendete 1383 eine Bibelübersetzung der Vulgata ins Englische. Diese ist allerdings nicht die erste englische Bibelübersetzung, sondern eine Sammlung und Bearbeitung früherer Übersetzungen. 1384 starb Wyclif.

Damit endet jedoch nicht die kirchliche Auseinandersetzung mit ihm. Seine Anhänger wurden ab 1400 brutal verfolgt, seine Schriften 1412 als häretisch verurteilt. Das Konzil von Konstanz beschloss 1415, seine Schriften zu verbrennen und erklärte ihn am 4. Mai zum Ketzer. Seine Gebeine sollten ausgegraben und verbrannt werden – was 1428 tatsächlich geschah. Die Asche wurde im Fluss Swift, einem Nebenfluss des Avon, verstreut.