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Bernd Neumann: Gemeinsam die Lutherdekade gestalten Überlegungen zum Reformationsjubiläum 2017

Bernd Neumann
Bernd Neumann (Foto: epd-bild / Andreas Schoelzel)

Mit dem Thesenanschlag Luthers und der dadurch ausgelösten Reformation ist eine Vielzahl von kirchlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Entwicklungen verbunden. Sie prägen unser Zusammenleben bis heute und machen das Reformationsjubiläum 2017 zu einem Ereignis von gesamtstaatlicher und internationaler Bedeutung. Das Jubiläum birgt daher ein immenses historisches, kultur- und gesellschaftspolitisches, touristisches und damit auch wirtschaftliches Potenzial. Für Deutschland bietet sich einmal mehr die Gelegenheit, sich als Land mit einer reichen und vielfältigen kulturellen Tradition zu präsentieren.

Aus diesen Gründen verstärkt die Bundesregierung ihr schon seit Jahren bestehendes Engagement für die reformationsgeschichtlichen Gedenkstätten – unter ihnen auch zahlreiche Unesco-Welterbestätten. Sie unterstützt dabei noch mehr als bisher die Länder durch die Förderung kultureller Projekte, aber auch bei der Sanierung zentraler Stätten und Orte, die in einem unmittelbaren Bezug zur Reformation stehen.

Im Jubiläumsjahr wird diesen authentischen Lutherorten eine besondere Bedeutung zukommen, gerade auch im Hinblick auf die vielen Besucherinnen und Besucher, die aus dem Ausland erwartet werden. Hierfür sollen diese Orte nicht nur in neuem Glanz erstrahlen, sie müssen auch in die Lage versetzt werden, im Jubiläumsjahr den an sie gestellten Erwartungen gerecht zu werden.

Vieles wirkt bis heute

Im Jahr 2017 werden dann 500 Jahre vergangen sein, seit Martin Luther den Anstoß zur Reformation und in deren Folge zu umfassenden gesellschaftlichen Veränderungen gegeben hat, die er selbst nur zum Teil beabsichtigte und vorhersah. Vieles, was durch die Reformation angestoßen wurde, wirkt bis heute in einem positiven Sinne nach. So folgte ihr ein Bildungsschub. Die Alltagssprache, die Wissenschaften und insbesondere die Literatur wurden durch Luthers Formung der deutschen Schriftsprache entscheidend geprägt. Und was wäre heute die Musik ohne ihre Wurzeln im von Luther initiierten Gemeindegesang?

Es werden allerdings auch 500 Jahre sein, in denen Martin Luther immer wieder dem jeweiligen Zeitgeist und der vorherrschenden politischen Auffassung entsprechend instrumentalisiert wurde. So wurden die Jubiläen zu Luthers 450. Geburtstag 1933 im Nationalsozialismus und zu seinem 500. Geburtstag 1983 in der DDR dazu genutzt, um Luther für die jeweilige Ideologie zu reklamieren. Und auch das Wirken Martin Luthers zu seinen eigenen Lebzeiten darf nicht unkritisch betrachtet werden, man denke an seinen Antijudaismus und seine unerbittliche Haltung im Bauernkrieg. Es kann also nicht darum gehen, im Jahr 2017 eine weitere, vermeintlich abschließende Interpretation des Geschehens und seiner Wirkungen zu präsentieren. Vielmehr erhoffe ich mir eine intensive und vielfältige Auseinandersetzung mit unseren historischen und kulturellen Wurzeln.

Zivilgesellschaft soll sich beteiligen

Diese Auseinandersetzung sollen Staat und Kirche nicht alleine leisten – hier ist auch die Zivilgesellschaft unverzichtbar gefragt. Das Wissen darum verbreitet sich zunehmend. So beruhen die Projekte, die mein Haus im Rahmen des Programms „Reformationsjubiläum 2017“ fördert, zunehmend auf Aktivitäten der Zivilgesellschaft – mit einer großen Bandbreite unterschiedlicher Veranstaltungsarten wie Symposien, Konferenzen, Ausstellungen, Konzerten oder Maßnahmen der kulturellen Bildung. Dennoch wünsche ich mir hier und an anderen Orten noch eine Zunahme der Aktivitäten und der Motivation, die Lutherdekade mit Engagement zu gestalten.

Die Bundesregierung wird jedenfalls im Schulterschluss mit Ländern, Kommunen, Kirchen und Zivilgesellschaft ihren Beitrag dazu leisten, die notwendigen Rahmenbedingungen für ein würdiges Reformationsjubiläum 2017 zu schaffen.


Bernd Neumann (CDU) war Staatsminister bei der Bundeskanzlerin und Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien. Die ursprüngliche Fassung des Artikels erschien in Politik & Kultur - Die Zeitung des Deutschen Kulturrates (Januar/Februar 2009) sowie in der jüngst erschienenen Publikation Disputationen I - Reflexionen zum Reformationsjubiläum 2017". Für www.luther2017.de hat Bernd Neumann seinen Beitrag überarbeitet und aktualisiert.