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Selbstbewusste Leistungsschau auf dem Weg zum Reformationsjubiläum

Staatliche Geschäftsstelle „Luther 2017“ zieht Zwischenbilanz

Lutherprojekte
Lutherprojekte (Zeichnung: Johanna Benz)

Das Reformationsjubiläum 2017 wirft seine Schatten voraus. Staat und Kirchen bereiten gemeinsam die 500-Jahrfeier von Luthers legendärem Thesenanschlag am 31. Oktober 1517 vor. Fünf Jahre nach Beginn der sogenannten Lutherdekade zog die Staatliche Geschäftsstelle „Luther 2017“ eine erste Zwischenbilanz. Ein „Jour Fixe mit Luther 2013“ in Berlin gab Antworten auf die Frage, welche Bedeutung das Fest für Kirche, Politik und Gesellschaft haben wird. Bei der Veranstaltung wurde auch eine Reihe beeindruckender Projekte vorgestellt, die im Vorfeld des Großereignisses staatliche Unterstützung erhalten.

Bund gibt 35 Millionen Euro

„Luther 2017“-Geschäftsführer Stefan Zowislo sprach einleitend von einer "Leistungsschau". Man wolle mit Blick auf das Jubiläum zeigen, „wie sich die Landschaft darstellt“. 35 Millionen Euro gibt allein der Bund für Projekte auf dem Weg zum Reformationsjubiläum aus, seit 2011 je fünf Millionen Euro jährlich. Zum Vergleich: Die EKD lässt sich die Feier 17 Millionen Euro kosten. Von einer "selbstbewussten Präsentation" und einer „souveränen Haltung“ sprach Zowislo und zitierte Angela Merkel: Die Kanzlerin hatte im September die Hoffnung geäußert, „dass etwas vom Geist der Reformation wieder zu den Menschen gelangt“.

Stefan Zowislo (Foto: Staatliche Geschäftsstelle „Luther 2017“)
Stefan Zowislo (Foto: Staatliche
Geschäftsstelle „Luther 2017“)

Die Projekte aus sieben Bundesländern, die sich in Berlin beispielhaft vorstellten, umfassen ein breites Themenspektrum. Unter dem Leitwort „Prediger und Bürger“ sind in mehreren Städten Brandenburgs Ausstellungsmodule und Hörstationen zum Thema Reformation aufgebaut. Der Lutherweg durch Hessen, der den Spuren des Reformators 1521 von Worms bis zur Wartburg folgt, will zum spirituellen Wandern anregen. Das Internetportal „Reformation in Rheinland-Pfalz“ veranschaulicht Reformationsstätten im Südwesten. Mit dem Cranachjahr 2015 wird in Sachsen-Anhalt an den Maler Lucas Cranach den Jüngeren (1515-1586) erinnert.

Nürnberg, die erste protestantische Stadt überhaupt, befasst sich 2015 gleich in mehreren Ausstellungen mit dem Thema Reformation – eine davon widmet sich dem Wirken Albrecht Dürers. Die Wartburg bei Eisenach, Luthers Zufluchtsort nach dem Reichstag von 1521, wird seit geraumer Zeit in mehreren Bauabschnitten grundlegend saniert. Bereits fertig ist das Wittenberger Melanchthonhaus, das im Februar 2013 seine neue Ausstellung eröffnen konnte. In Torgau, dem zentralen politischen Ort der Reformation, zeigen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden 2015 die große Schau „Luther und die Fürsten“.

Altenburg erinnert an Georg Spalatin

Eine Reihe von Kunstausstellungen befasst sich in Berlin auf Initiative der Guardini-Stiftung sowie der Stiftung Sankt Matthäus mit den Zehn Geboten. Beim Festival Alte Musik in Knechtsteden am Niederrhein ist immer wieder auch geistliche Musik zu hören; zuletzt stand das Festival analog zur vergangenen Lutherdekade unter dem Thema „Toleranz – eine Spurensuche“. Das Projekt „Gesichter der Reformation“ in der Oberlausitz bringt deutsche und polnische Jugendliche zusammen. In Altenburg, dem letzten Wohnort Georg Spalatins (1484-1546), befasst sich im nächsten Jahr eine große Ausstellung mit dem Lutherfreund und „Steuermann der Reformation“.

Die Moderatorin der Berliner Veranstaltung, RBB-Journalistin Claudia Henne, richtete mit ihrem Eingeständnis, den Namen Spalatin noch nie zuvor gehört zu haben, den Blick auf das Thema Bildung, das im Zusammenhang mit dem Reformationsjubiläum eine zentrale Rolle spielen wird. „Die von Luther angestoßene Entwicklung hat unser Land und die Welt verändert“, betonte Sigrid Bias-Engels, die im Hause des Bundeskulturbeauftragten Bernd Neumann (CDU) für das Projekt 2017 verantwortlich ist. Neben den kirchlichen Umwälzungen und der Bildungsreform nannte sie die Bereiche Kultur, Wissenschaft, Recht und Politik.

„Viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit nötig“

Karin von Welck, ehemalige Hamburger Kultursenatorin und Kirchentagspräsidentin, verwies auf die verschiedenen Lutherbilder, unter denen die Reformationsfeiern früherer Jahrhunderte standen. Sie mahnte mit Blick auf die 500-Jahrfeier verstärkte Vermittlungsbemühungen an: „Wir müssen viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit leisten, dass die Gedanken der Reformation noch heute gültig sind und uns etwas zu sagen haben." Sie zitierte den Bochumer Historiker Lucian Hölscher, der von einer Reformationsfeier im Geist der Ökumene, mit säkularen Menschen und ohne Überheblichkeit gesprochen hatte.

Die Grundspannung zwischen kirchlichen und touristischen Gesichtspunkten thematisierte der Münsteraner Historiker Thomas Großbölting. Die religiösen Impulse dürften 2017 nicht außen vor bleiben, sagte er. Der deutsche Staat tendiere zu einer „Umarmung der Kirchen“; diese hätten es sich in einigen Dingen recht bequem gemacht auf Kosten des missionarischen Geistes. Stephan Dorgerloh (SPD) hingegen, Kultusminister in Sachsen-Anhalt und vormaliger EKD-Repräsentant in Wittenberg, erwartet bei der Reformationsfeier durchaus auch missionarische Aktivitäten. Allerdings sei es verkürzt zu sagen, der Staat bezahle eine „Protestantenparty“.

Marktplatz Wittenberg (Foto: epd-bild)

Bischof Dröge: Danke für staatliches Engagement

Bias-Engels hatte zuvor geäußert, das Jubiläum werde „immer noch als Sache der Kirchen wahrgenommen“. Dabei setzten sich Bund, Länder und Kommunen „in ganz ungewöhnlichem Umfang“ für die Vorbereitung ein. Das sei in finanziell bedrängten Zeiten nicht selbstverständlich. Der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge dankte in seinem Schlusswort dem Staat, „der sich dieses Reformationsjubiläum so zu eigen macht“. Die Zusammenarbeit sei sehr fruchtbar. Angesichts der vielfältigen touristischen Aktivitäten für 2017 zeigte er sich überzeugt, dass „die vielen Gäste auch mit existenziellen Fragen in Berührung kommen werden“.

Der Jour Fixe, der künftig jedes Jahr stattfinden soll, gab über die „Leistungsschau“ hinaus viele Antworten und Anregungen für die Vorbereitung auf das Reformationsjubiläum. Einer der Diskussionsteilnehmer erinnerte angesichts der noch wartenden Arbeit an ein Lutherwort: „Wir sind's noch nicht, wir werden's aber. Es ist noch nicht getan oder geschehen, es ist aber im Gang und im Schwang.“ Manche Probleme hingegen werden bleiben, etwa in der Ökumene. So sagte Zowislo zur Diskussion, ob man mit Blick auf 2017 von einem „Gedenken“ (katholisch) oder einem „Jubiläum“ (evangelisch) sprechen sollte: „Dabei sitzen wir als staatliche Organisation auf der Zuschauertribüne.“

Informationen

Autor:Bernd Buchner Quelle:luther2017.de Datum:29-11-13
Schlagworte:
Tourismus, Reformationsjubiläum, Markus Dröge, Stefan Dorgerloh, Sigrid Bias-Engels, Lucian Hölscher