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Deutschland feiert historischen Reformationstag

Bei einem Gottesdienst zum 500. Reformationsjubiläum in der Wittenberger Schlosskirche am Dienstagvormittag hielt die Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum, Margot Käßmann, die Predigt. (Bild: epd-bild/Friedrich Stark)

Vor 500 Jahren soll Martin Luther seine 95 Thesen an die Wittenberger Schlosskirche geschlagen haben. Dort rief der EKD-Ratsvorsitzende nun zu neuer „innerer Freiheit“ auf – und Kanzlerin Merkel würdigte die Bedeutung der Reformation für die Moderne.

Deutschland hat am Dienstag 500 Jahre Reformation gefeiert: Mit einem Gottesdienst am historischen Ort von Martin Luthers Thesenanschlag 1517 und einem staatlichen Festakt in Wittenberg erreichte das Jubiläumsjahr seinen Höhepunkt und Abschluss. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte den Wert der Religionsfreiheit für eine moderne und offene Gesellschaft. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, rief die Deutschen zu Mut und Veränderungsbereitschaft auf. Das Land brauche eine „neue innere Freiheit“, sagte er.

#Reformationstag als meistgenutzter Hashtag

In ganz Deutschland gedachten Vertreter von Kirche und Staat des Beginns der Reformation mit Luthers Thesenanschlag am 31. Oktober 1517 an die Wittenberger Schlosskirche. Bei den Gottesdiensten herrschte großer Andrang, auch im Kurznachrichtendienst Twitter war #Reformationstag über mehrere Stunden der meistgenutzte Hashtag. Vielerorts begingen Protestanten und Katholiken den historischen Tag als Christusfest im Zeichen der Ökumene. Einmalig war der Reformationstag bundesweit arbeitsfrei.

Merkel sagte beim Festakt im Wittenberger Stadthaus, überall dort, wo die Religionsfreiheit bedroht sei, nehme auch die Gesellschaft Schaden. Sie würdigte die Bedeutung der Reformation: Luther habe einen Stein ins Rollen gebracht, „der sich nicht mehr aufhalten ließ und die Welt für immer veränderte“, sagte die Bundeskanzlerin. Auf Luthers Verständnis vom Menschen, wonach jeder allein aus der Gnade Gottes gerechtfertigt sei und seine eigene Würde habe, baue im Grunde jegliche demokratische Ordnung auf.

Der EKD-Ratsvoritzende, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (r.), und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, übergeben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Miniatur des Versöhnungs-Kreuzes, das evangelische und katholische Kirche in einem Versöhnungsgottesdienst im in Hildesheim aufgerichtet hatten. (Bild: epd-bild/Friedich Stark)

Demokratie und das Recht auf Religionsfreiheit seien zwar nicht direkte Auswirkungen der Reformation, die noch sehr im Mittelalter verhaftet gewesen sei. Luthers „Ausfälle“ gegen Andersdenkende und Andersglaubende wie beispielsweise die Juden seien dafür ein deutliches Beispiel. Die Reformation sei aber eine treibende Kraft zur Entwicklung des Kontinents gewesen.

Thesenanschlag war „Akt der Befreiung“

Bedford-Strohm sagte in seiner Predigt in der Wittenberger Schlosskirche, das Land ringe mit sich, manche fühlten sich „moralisch überfordert“ und hätten Angst, ihre gewohnte Welt und Sicherheit zu verlieren. Doch weder Obergrenzen für die Unterstützung von Menschen in Not würden Deutschland helfen „noch moralische Durchhalteparolen“, mahnte der oberste Repräsentant von rund 22 Millionen Protestanten. „Was dieses Land braucht, ist eine Kraft, die die Angst überwindet und die Liebe stärkt“, sagte der bayerische Landesbischof. Freiheit sei das Herzstück der reformatorischen Glaubensüberzeugung. Luthers Thesenanschlag sei ein „Akt der Befreiung“ gewesen.

Der EKD-Ratsvorsitzende rief Christen dazu auf, sich in gesellschaftliche Debatten einzumischen. Für seine Überzeugungen einzustehen, „sich nicht aus der Wut, sondern aus innerer Freiheit in die öffentlichen Debatten einzumischen, diese Haltung braucht unser Land“. Bereits am Vormittag hatte die EKD-Reformationsbotschafterin Margot Käßmann in einem Gottesdienst in der Schlosskirche dazu aufgerufen, sich stärker und offen zum Glauben zu bekennen.

Bei der „Geburtstagsfeier“ der Reformation wurde auch ein Gruppenbild mit allen Anwesenden geschossen. (Bild: KNO/Steffen Jany)

In allen 20 evangelischen Landeskirchen wurde am Dienstag der Höhepunkt und Abschluss des Reformationsjubiläums gefeiert, häufig mit den jeweiligen Ministerpräsidenten und katholischen Bischöfen. In Soest rief die westfälische Präses und stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus bei einem Festgottesdienst für Nordrhein-Westfalen zu Toleranz und Mitmenschlichkeit auf. In Stuttgart warb Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei einem Staatsempfang für mehr Ökumene.

Signale für gemeinsames Abendmahl

Lutheraner und der Vatikan sandten derweil ein Signal für ein gemeinsames Abendmahl. Die Hoffnung nach einer ungeteilten Eucharistiefeier an einem Tisch solle wahr werden als konkreter „Ausdruck der vollen Einheit“, heißt es in einer in Genf veröffentlichten gemeinsamen Stellungnahme des Lutherischen Weltbundes (LWB) und des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.

Allein in Wittenberg kamen zum Reformationsjubiläum mehrere Tausend Besucher. Zum historischen Markttreiben waren etwa 35 000 Gäste erwartet worden. Aber auch zu den verschiedenen Gottesdiensten in der Stadt war der Andrang – wie auch in der restlichen Bundesrepublik – so groß, dass nicht alle Wartenden eingelassen werden konnten. Auch bei der „Geburtstagsfeier“ der Reformation, die Staatliche Geschäftsstelle „Luther 2017“ und Evangelische Wittenbergstiftung in der Wittenberger Exerzierhalle ausrichteten, waren alle Plätze innerhalb von Minuten besetzt. 

Informationen

Autor:luther2017.de Quelle:epd/luther2017.de Datum:01-11-17
Schlagworte:
Reformationsjubiläum, Reformationstag, Deutschland, Wittenberg, Angela Merkel

Bildergalerie und Videos zum Reformationstag 2017 in Wittenberg

Am 31.10.2017 jährte sich Luthers Thesenanschlag zum 500. Mal. In Wittenberg wurde groß gefeiert: Einige Bilder gibt es hier.

Reformationstag 2017

In ganz Deutschland und anderswo gab es Veranstaltungen zum Reformationstag 2017. Hier eine kleine Auswahl.

„Geburtstagsfeier“ der Reformation ein toller Erfolg

Neben zentralem Gottesdienst und staatlichem Festakt gab es auch die sehr gut besuchte „Geburtstagsfeier“ der Reformation in der Wittenberger Exerzierhalle.