Skip to main content

„Luthers Worte überall“ – Schau zu Luther im Nationalsozialismus

Postkarte zum „Deutschen Luthertag“ am 10. November 1933 (Bild: © Sammlung Ulrich Prehn)

Zum 500. Reformationsjubiläum zeigt das Berliner Dokumentationszentrum Topographie des Terrors seit Freitag eine Ausstellung über die Vereinnahmung Martin Luthers durch die Nationalsozialisten. Es sei die erste umfassende Ausstellung zur Rezeption Luthers in der NS-Zeit und stelle die staatliche wie auch die kirchliche Berufung auf den Reformator in den Mittelpunkt, erklärte der Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, Andreas Nachama, am Donnerstag in Berlin.

Zu sehen sind auf unterschiedlich gestalteten Tafeln selten gezeigte Fotografien, Schrift- und Tondokumente sowie Reproduktionen von Drucken und Objekten. Dabei erscheint Luther immer wieder als „national einigende Führerfigur“, zu der die Nazis ihn stilisierten, wie Kurator Ulrich Prehn betonte. Die völkische Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ innerhalb der evangelischen Landeskirchen sah mit dem NS-Regime „die Vollendung der deutschen Reformation im Geiste Martin Luthers“ gekommen.

Einblick in Entwicklungen der Kirchen in der NS-Diktatur

Die Dokumentation biete einen Einblick in wesentliche Entwicklungen der christlichen Kirchen in der NS-Diktatur, sagte Prehn weiter. Sie steht unter dem Motto „Überall Luthers Worte…“ und bezieht sich damit auf eine Feststellung des 1945 im KZ ermordeten evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer aus dem Jahr 1937: „Überall Luthers Worte und doch aus der Wahrheit in Selbstbetrug verkehrt.“ Wenige Jahre später fragte er sich, „warum aus Luthers Tat Folgen entstehen mussten, die genau das Gegenteil von dem waren, was er wollte“.

Die Ausstellung, die künftig auch auf Wanderschaft gehen soll, widmet sich ebenso dem unter den Nazis florierenden Kirchenbau, der sakralen Kunst im Nationalsozialismus sowie den Novemberpogromen 1938 am Vorabend von Luthers Geburtstag, dem 10. November

Blick in die Ausstellung „Luthers Worte überall“ (Bild: epd-bild/Rolf Zöllner)

Ein besonderes Augenmerk wird auf die Aneignung von Luthers antijüdischen Spätschriften durch die verschiedenen gesellschaftlichen Akteure gelegt. Luthers Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ mobilisierte nicht nur Theologen, sondern auch nationalsozialistische Propagandablätter wie den „Stürmer“ und die Macher anti-semitischer Ausstellungen. Die antijüdischen Schriften des Reformators wurden neu herausgegeben und in verschiedenster Weise mediatisiert – im Theater, in Filmen, aber auch direkt zur Rechtfertigung der Gewalt gegen die Juden, wie durch den thüringischen Landesbischof Martin Sasse.

„Dunkle Seite“ des Reformators zum Jubiläum nicht verschweigen

Daran erinnerte auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters in einem Beitrag für den Ausstellungskatalog. Martin Luther habe „mit der Kraft seiner Worte gerade in Spätschriften und Predigten auch einen abstoßenden Antisemitismus“ gepflegt. Diese „dunkle Seite“ des Reformators dürfe zum Reformationsjubiläum nicht verschwiegen werden. Die Ausstellung berühre für die Rezeptionsgeschichte der Reformation und das Lutherverständnis wichtige Aspekte. Ohne sie bliebe das Reformationsgedenken in Deutschland unvollständig, so Grütters. Im benachbarten Martin-Gropius-Bau ist zurzeit die Schau „Der Luthereffekt. 500 Jahre Protestantismus in der Welt“ zu sehen.

Als weiteren Aspekt beleuchtet die Ausstellung die Verwicklung der Kirche in die nationalsozialistischen Kriege und die Eroberungspolitik, insbesondere durch die Einbindung von Geistlichen in den Militärdienst als Kriegspfarrer. Als Schlussdokument dient „Überall Luthers Worte“ ein Brief Bonhoeffers, den er am Reformationstag 1943 aus dem Gefängnis an seine Eltern schrieb.

Informationen

Autor:luther2017.de Quelle:epd/Topographie des Terrors Datum:01-05-17
Schlagworte:
Martin Luther, Juden, Nationalsozialismus, Ausstellung, Reformationsjubiläum

Info

„Überall Luthers Worte“

Dokumentationszentrum
Topographie des Terrors
Niederkirchnerstraße 8
10963 Berlin

Öffnungszeiten:
28. April bis 5. November
täglich 10 bis 20 Uhr
25. bis 27. Mai bis 24 Uhr

Eintritt frei

Weitere Informationen:
Website der Stiftung Topographie des Terrors