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Vor 499 Jahren veröffentliche Johann Tetzel seine Gegenthesen Der Ablassprediger war einer der Auslöser für Luthers Thesenanschlag und widersprach den Thesen des Reformators 1518.

Bildnis Johann Tetzels. Entstanden anlässlich des 200. Jahrestags der Reformation 1717. (Bild: Wikipedia)

Am 20. Januar 1518 hielt der Dominikanermönch und Ablasshändler Johann Tetzel an der Frankfurter Universität eine Disputation zu Martin Luthers 95 Thesen ab. Darin weist Tetzel Luthers Ausführungen zu Buße und Ablass zurück.

Die Thesen beschäftigen sich in der Hauptsache mit Buße und Ablaß, da dies die Themen waren, die für Tetzel wohl am bedeutsamsten waren. Er war schließlich unter anderem damit betreut, den Petersablass zu verkaufen. Die mit diesem Ablass gewonnenen Gelder dienten zum Teil der Finanzierung des Baus des Petersdoms in Rom. In den Bistümern Halberstadt und Magdeburg allerdings ging ein Teil des Ablasses an Erzbischof Albrecht von Brandenburg, der damit seine Schulden bei den Fuggern begleichen konnte. Von den schwäbischen Kaufleuten hatte er sich riesige Summen Geld geliehen, die er zum Erwerb der seiner Ämter benutzt hatte. Tetzel arbeitete in seinem Auftrag. Der Missbrauch des Ablasses durch Albrecht von Brandenburg gilt als einer der Gründe für Luthers Thesenanschlag.

Kernfrage ist die Wirksamkeit des Ablassbriefs

Ob Martin Luther nun seine 95 Thesen tatsächlich an die Tür der Wittenberger Schlosskirche geschlagen hat, ist in der Forschung umstritten. Weitgehende Einigkeit besteht allerdings darüber, dass  ein Anbringen eines Thesenpapiers an einem öffentlichen Ort durchaus den Gepflogenheiten in der Universitätsstadt Wittenberg entsprochen hätte. Die Schlosskirche diente seinerzeit schließlich auch als Auditorium Maximum für Promotionen und Disputationen. In seinen Thesen wandte sich Luther in der Hauptsache gegen die Praxis des Ablasshandels und ihre Missbräuche durch Priester. Luther stellte sich in den Thesen noch nicht explizit gegen den Papst, sondern interpretierte die Ablasslehre anders, als es die Ablassprediger zu tun pflegten. 

Nach Luthers Ansicht konnte der Papst den Gläubigen nicht alle Strafen erlassen, die sie durch Sünden auf sich geladen hatten, sondern lediglich diejenigen Strafen, die der Papst selbst den Gläubigen auferlegt hatte. So schreibt er in der 20. These: „Deshalb meint der Papst mit „vollkommener Erlass aller Strafen“ nicht einfach ‚aller‘, sondern nur derjenigen, die er selbst auferlegt hat“. So betonte Luther, dass sich nicht der Papst irrte, sondern die Ablassprediger etwas Falsches predigten. In seinen Thesen lässt Luther den Ablass für nach Kirchenrecht verhängte Strafen noch zu, lehnt aber die falsche Heilsgewissheit, die die Ablasshändler predigten, strikt ab. Eine von Luther erhoffte Stellungnahme zu den Thesen durch Erzbischof Albrecht von Brandenburg blieb aus, so dass Luther sie an einige Bekannte weitergab. Diese veröffentlichten die Thesen ohne Luthers Wissen.

Ablasskasten im Lutherhaus in Wittenberg. In der Kiste wurde vor der Reformation von der katholischen Kirche Geld vom Ablasshandel gesammelt, den Martin Luther angeprangert hatte (Bild: Norbert Neetz)

Tetzels Gegenthesen werden in Wittenberg verbrannt

1518 erhielt der Ablassprediger Tetzel, dessen Wirken nahe Wittenberg wohl den Anlass zu Luthers Thesen bildete, eine Fassung von Luthers Thesen. Am 20. Januar bestritt Tetzel darüber eine öffentliche Disputation an der erst 1506 gegründeten Universität in Frankfurt an der Oder. Verfasser der dazugehörigen Thesenreihe ist nach allgemeiner Forschungsmeinung Konrad Wimpina, der Gründungsrektor der Universität. Wimpina hatte offenbar Tetzel mit der Verteidigung der Thesen betraut und nach damaliger Sitte wurden sie dann unter Tetzels Namen veröffentlicht. Gegenstand von Tetzels Thesen sind Buße und Ablass. Sie beziehen sich teilweise direkt auf Luthers Thesen. Tetzel widerspricht Luther in dessen Auslegung der Bibel und betont, dass der Ablass eine Ergänzung zu guten Werken sei, die nach katholischer Vorstellung das Seelenheil sicherten. Während gute Werke das Verdienst der Gläubigen steigerten, befreie der Ablass von Strafe und wirke zudem schneller. Da Tetzel den Vorwurf der Ketzerei erhob, wurde ihm auch eine Mitverantwortung an der Eskalation des Konflikts angelastet. Als Mitte März 1518 ein Buchhändler Druckexemplare der Tetzelschen Thesenreihe nach Wittenberg brachte, wurden ihm die Schriften von Wittenberger Studenten entrissen und verbrannt. Luther berichtet davon in einem Schreiben vom 21. März, distanziert sich aber davon und tadelt das Vorgehen der Studenten.

In seinem „Sermon von Ablaß und Gnade“ ging Luther auf einige von Tetzels Thesen ein und schloss mit dem Vorwurf: „Ob etliche mich nu wohl einen ketzer scheltenn, den sulch warheyt seer schedlich ist ym kasten, szo acht ich doch sulch geplerre mit groß, syntemal das nit thun dann ettlich finster gehyrne, die die Biblien nie gerochen, der Christenlichen lerer nie geleßen, yhr eygen lerer nie vorstanden, sundern yn yhren lochereten und tzurissen opinien vil nah vorwesen, dann hetten sie die vorstandenn, ßo wisten sie, dass sie niemant soltenn lesternn unvorhort unnd unuberwunden: doch Gott geb yhn und uns rechtenn synn.“ 

Titelblatt einer Druckausgabe des „Sermon von Ablaß und Gnade“. Gedruckt in Basel 1518. (Bild: Zentralbibliothek Zürich)

Tetzel stirbt, Luthers Sermon wird Bestseller

Tetzel antwortete auch auf den Sermon; im April 1518 veröffentlichte er 50 Thesen in deutscher Sprache. Darin entfaltete er seine Ablasslehre. Diese Thesen erlangten jedoch keine größere Verbreitung mehr. Was Luther von dieser Schrift hielt, wissen wir aus Briefen des Reformators an Lang und Spalatin. Darin bezeichnet er Tetzels Schrift als „ein beispielloses Zeugnis der Unwissenheit“. Dennoch verfasste Luther erneut eine Gegenschrift. 

Tetzel wurde 1518 in Leipzig zum Doktor promoviert. An der Leipziger Disputation konnte er aber, bereits schwer erkrankt, nicht mehr teilnehmen. 1519 starb der Ablassprediger in Leipzig an der Pest. Kurz vor seinem Tod schrieb Luther ihm noch einen Trostbrief. Darin heißt es, Tetzel solle sich nicht bekümmern, „denn die Sach sey von seynet wegen nich angefangen, sondern hab das Kind vil ein andern vatter“.

Die breite Bevölkerung erfuhr von Luther Thesen und deren Inhalt nicht durch den Thesenanschlag oder die Auslegungen aus dem Frühjahr 1518 – die Texte waren in lateinischer Sprache gehalten –, sondern durch den deutschsprachigen „Sermon von Ablaß und Gnade“, den Luther im Februar 1518 veröffentlichte. Dieser Sermon war eine Reaktion auf Tetzels Gegenthesen und wurde 1518 in 15 hochdeutschen und einer niederdeutschen Ausgabe gedruckt; bis 1520 kamen noch neun weitere Ausgaben hinzu. Er bildet so Luthers eigentlichen Durchbruch als Schriftsteller. 

Informationen

Autor:luther2017.de Datum:24-01-17
Schlagworte:
Martin Luther, Ablasshandel, Johann Tetzel, Reformation

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