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Kuratoren stellen vor: Hängeschrank aus dem Ephrata Cloister

Philipp Steinkamp, einer der Kuratoren von „Der Luthereffekt“, über ein dort ausgestelltes Möbelstück aus Ephrata in Pennsylvania.

Hängeschrank aus dem Ephrata Cloister in Pennsylvania. Ephrata, um 1745. Tulpenbaum, Walnuss, Eisen. (Bild: privat)

Dieser Hängeschrank stammt aus dem Ephrata Cloister, auch Society of Ephrata genannt, einer 1732 von Johann Conrad Beissel in Pennsylvania gegründeten Klostergemeinschaft (Kat.-Nr. 138). Ihre Mitglieder übten Verzicht durch Fasten und begrenzten Schlaf, hielten den Zölibat und trugen einfache Kleidung. Die Möbel der Gemeinschaft waren zweckmäßig und funktionell gehalten: So sind die Angeln und der Riegel dieses Schranks aus Holz gefertigt anstatt aus Schmiedeeisen oder Messing, die Seiten und die Rückwand sind mit Nägeln und nicht mit komplizierten Zapfenverbindungen zusammengehalten. 

Das einfache und schlichte Möbelstück diente vermutlich zur Aufbewahrung von Andachtsbüchern oder anderen der wenigen Habseligkeiten eines Klosterbewohners. Rund um die Gemeinschaftsbereiche im Schwesternhaus in Ephrata, in denen das Essen zubereitet oder andere Arbeiten verrichtet wurden, waren einzelne, winzige Kammern angeordnet. Sie maßen etwa 1,8 × 3 Meter und waren nur mit einer Holzbank mit Kopfteil, einem Regalbrett, Kleiderhaken und einem Hängeschrank ausgestattet. 

Es ist mein Lieblingsobjekt, weil es auf den ersten Blick völlig unscheinbar ist, auf den zweiten Blick aber viel über das religiöse Leben in Pennsylvania aussagen kann. Dazu verdeutlicht der Verzicht auf metallene Beschläge und die einfache Montierung mittels Nägeln statt Zapfenverbindungen, dass im Ephrata Cloister ein einfache Lebensführung bevorzugt wurde.

Dazu kommt, dass das Ephrata Cloister als evangelisches „Kloster“ eines der religiösen „Experimente“ ist, das in Pennsylvania gewagt wurde, während in Europa, wo von der Obrigkeit kontrollierte Staats- oder Landeskirchen vorherrschten, nur wenig Platz für Abweichung von der Norm war. Beispielsweise war das „Experiment“ der Herrnhuter Brüdergemeine immer wieder gefährdet. Somit ist das Ephrata Cloister ein Beispiel für das, was unter den spezifischen Bedingungen in Pennsylvania, wo es keine Staatskirche gab und Gewissensfreiheit herrschte, entstehen konnte. 


In der Rubrik „Kuratoren stellen vor“ schreiben die Kuratoren der Nationalen Sonderausstellungen auf luther2017.de in loser Folge über einzelne Exponate aus den Schauen. Ausgewählt wurden die Ausstellungsstücke von den Autoren der Texte selbst. 

Informationen

Autor:Philipp Steinkamp Datum:17-08-17
Schlagworte:
Nationale Sonderausstellung, Berlin, Kuratoren stellen vor, Kunst, Exponat, Möbelstück

Info

„Der Luthereffekt. 500 Jahre Protestantismus in der Welt“

Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstraße 7
10963 Berlin

Öffnungszeiten
12. April bis 5. November 2017
Mittwoch bis Montag 10–19 Uhr
Dienstags geschlossen
Geöffnet am 3. und 31. Oktober 2017
Die Kasse schließt um 18.30 Uhr. 

Tickets
Einzel- und Kombitickets unter 3xhammer.de oder an der Kasse, Gruppentickets nur an der Kasse.

Einzelticket: 12 € 
Ermäßigt (bis 16 Jahre frei): 8 € 
Gruppen (ab 10 Personen): 10 € pro Person 
Kombiticket (alle drei Nationalen Sonderausstellungen): 24 € 
Kombiticket Gruppe: 21 € pro Person

Weitere Informationen
auf der Seite des Deutschen Historischen Museums

Nationale Sonderausstellungen zum Reformationsjubiläum 2017

Einen bedeutenden Höhepunkt stellen die drei Nationalen Sonderausstellungen zum Reformationsjubiläum 2017 dar, die in der Lutherstadt Wittenberg, auf der Wartburg in Eisenach und in Berlin gezeigt werden. Sie sind ein zentraler Beitrag der staatlichen Träger im Festjahr 2017, um in einzigartiger Weise an dieses herausragende Ereignis zu erinnern.