Einen Tag nach Eröffnung des 36. Deutschen Evangelischen Kirchentags in Berlin haben am Donnerstag in insgesamt acht mitteldeutschen Städten sechs kleinere Kirchentage begonnen. Die Veranstalter in Leipzig, Jena/Weimar, Erfurt, Magdeburg, Halle/Eisleben und Dessau-Roßlau luden zu Festgottesdiensten, Andachten, Diskussionen und Musikveranstaltungen ein. Die „Kirchentage auf dem Weg“ ergänzen aus Anlass des 500. Reformationsjubiläums in diesem Jahr den zentralen Kirchentag in Berlin und Wittenberg. Auch in der Lutherstadt wurde am Donnerstag das Programm feierlich eröffnet. Die Kirchentage auf dem Weg sind ein Novum in der Geschichte der Protestantentreffen. Die regionalen Christentreffen münden, wie der Berliner Kirchentag, in den Abschlussgottesdienst am 28. Mai auf den Elbwiesen in Wittenberg.
Ein organisatorisches Wagnis in einer entkirchlichten Region
Dass dies ein Wagnis ist, liegt nicht allein daran, dass aus Anlass des 500. Reformationsjubiläums diesmal quasi gleich sieben Kirchentage parallel stattfinden. Hinzu kommt, dass Mitteldeutschland zwar „Ursprungsland“, „Mutterland“ und „Kernland“ der Reformation ist, wie die Tourismusverantwortlichen der drei Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gern betonen. Hier wirkte der Reformator Martin Luther, hier finden sich Geburts- und Taufort, die weltberühmte Wittenberger Schlosskirche mit dem vermuteten Thesenanschlag und schließlich sein Sterbeort.
Gleichzeitig ist das Gebiet an Elbe und Saale aber eine der weltweit am stärksten entkirchlichten Regionen überhaupt. Nur noch ein Fünftel der Einwohner gehört mancherorts noch der Kirche an, mehr als die Hälfte sind bekennende Atheisten. Ostdeutschland sei „die gottloseste Region der Welt“, hat ein großes Nachrichtenmagazin vor Jahren dazu getitelt.
In manchen Ländern gab es daher durchaus auch Diskussionen, ob kirchliche Großveranstaltungen mit öffentlichem Geld unterstützt werden sollen, wie etwa Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff berichtete. Andererseits hat sich das 500. Reformationsjubiläum mit allen seinen Veranstaltungen mancherorts schon jetzt als „größtes Konjunkturprogramm“ der Geschichte erwiesen – etwa in Wittenberg selbst.
Und dass kirchliche Großveranstaltungen auch in Ostdeutschland funktionieren können, haben zuletzt der evangelische Kirchentag 2011 in Dresden und der 100. Deutsche Katholikentag im vergangenen Jahr in Leipzig bewiesen. Hartwig Bodmann, Geschäftsführer des verantwortlichen Vereins Reformationsjubiläum 2017, ist sich denn
auch sicher, dass das Konzept aufgehen wird. An den authentischen Orten lohne es sich, „auch 500 Jahre später über reformatorische Ideen und Gedanken nachzudenken und sich dabei auch von dem historischen Flair dieser Orte inspirieren zu lassen“. Und: „Mit diesem einzigartigen Angebot im Reformationssommer wollen wir Zielgruppen erreichen, die gerade nicht alle zwei Jahre am Kirchentag teilnehmen.“