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Kardinal Marx: Feiern und Gedenken sind kein Gegensatz Erzbischof lobt Einbeziehung der Katholiken in 500. Reformationsjubiläum

Kardinal Reinhard Marx,
Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft, am 25.02.2016 bei einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) im Erzbischöflichen Haus in München. (Bild: epd/Lukas Barth)

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, lobt die ökumenische Verbundenheit bei der Vorbereitung des 500. Reformationsjubiläums im Jahr 2017. „Es ist wunderbar, dass die Protestanten die ökumenischen Partner in ihr Jubiläum einbeziehen“, sagte der Münchner Erzbischof im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Allerdings sei der Jahrestag des Lutherschen Thesenanschlags im nächsten Jahr ein Grund für Feiern und Gedenken gleichermaßen:„Kirchenspaltungen sind kein Anlass zum Jubeln.“

epd: Kardinal Marx, im nächsten Jahr jährt sich zum 500. Mal der Thesenanschlag Martin Luthers an die Schlosskirche zu Wittenberg. Lange hat die katholische Kirche gezögert, von einer Feier des Reformationsjubiläums zu sprechen. Sie sagen, Feiern und Gedenken gehören zusammen. Wie meinen Sie das?

Kardinal Reinhard Marx: Natürlich kann man die Folgen des Thesenanschlags nicht nur feiern. Kirchenspaltungen sind kein Anlass zum Jubeln. Das sieht auch die evangelische Seite so, auch wenn sie den Akzent etwas stärker auf das Feiern setzt. Ich sehe da keinen Gegensatz. Es ist wunderbar, dass die Protestanten die ökumenischen Partner in ihr Jubiläum einbeziehen. Das war vor 50 oder 100 Jahren noch anders: Damals wurden zu den Lutherjubiläen die konfessionellen Unterschiede beiderseits noch besonders betont.

Was konkret gibt es zu feiern?

Marx: Natürlich war Martin Luther durchaus wichtig für die Vertiefung und das Verständnis des christlichen Glaubens. Auch wenn man als katholischer Bischof nicht in allen Punkten seiner Meinung sein muss und kann: Er war eine große, geistlich inspirierende Gestalt, das ist gar keine Frage. Aber Luther war nicht der einzige Erneuerer der Kirche, mit seinem Thesenanschlag begann nicht die Kirchengeschichte. Auch darauf wollen wir als Katholiken hinweisen.

Mit Blick auf 2017 planen die katholische Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland ein „Healing of Memories“. Welche Erinnerungen müssen „geheilt“ werden?

Marx: In Deutschland ist im Gefolge der Spaltung der Christenheit Blut vergossen worden. Die Glaubensfrage wurde auch für politische Zwecke benutzt. Auch Luther ist benutzt worden, die evangelische Seite wurde benutzt, auch die katholische Seite. Aber die Kirche kann sich damit nicht aus der Verantwortung nehmen: Mit den Bildern und Worten des Glaubens wurde bis zum Blutvergießen gegeneinander gekämpft. Das ist für mich bis heute erschütternd.

Hat die Kirche Schuld auf sich geladen?

Marx: Ohne Zweifel. Im 30-Jährigen Krieg etwa wurden Politik und Religion in unsäglicher Weise vermischt, und es gab keine klare Positionierung der kirchlichen Amtsträger, dass diese Gewalt ein Ende haben muss und mit dem Evangelium unvereinbar ist. Beide Seiten haben auf ihren Wahrheitsanspruch bestanden. Das muss man bekennen. Dieser Teil der Geschichte gehört für Deutschland zu den traumatischsten Ereignissen überhaupt.

Wäre es nicht an der Zeit, der Vatikan würde seine Position, die Kirchen der Reformation seien keine „Kirchen im eigentlichen Sinn“ relativieren? 2007 hatte ausgerechnet der aus Deutschland stammende Papst Benedikt XVI. diese Einschätzung der Glaubenskongregation ausdrücklich gutgeheißen.

Marx: Ich habe die Debatte um das Dokument „Dominus Jesus“ damals nicht so ganz verstanden, das war ein Kampf um Worte. Es ging darum, wie die katholische Kirche das Kirchesein versteht, nämlich mit einer sakramentalen Struktur und dem bischöflichen Amt. Das Kirchenverständnis der Protestanten ist ausdrücklich ein anderes. Nichts anderes ist damals gesagt worden.

Auf der anderen Seite sprechen Sie davon, katholische und evangelische Kirche seien „in gewisser Weise eine Kirche“.

Marx: Ja, mit gutem Recht. Im Glaubensbekenntnis bekennen wir uns zur einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche. Dabei ist katholisch nicht konfessionell gemeint, sondern steht hier für allgemein und allumfassend, und weist hin auf die Kirche als Leib Christi, zu dem alle Getauften gehören. Und diese Einheit, die in der Taufe da ist, kann der Mensch nicht zerstören. In der Taufe werden wir zu einem Leib. Wenn auch die Kirche in ihrer Sichtbarkeit zerrissen ist: Christus kann man nicht zerreißen.

Informationen

Autor:Das Gespräch führten Wiebke Rannenberg und Karsten Frerichs Quelle:epd Datum:07-03-16
Schlagworte:
Kardinal Reinhard Marx, Ökumene, Kirchenspaltung, Reformationsjubiläum 2017,

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Studie: „Reformation 1517-2017. Ökumenische Perspektiven"

Der Ökumenische Arbeitskreis hat die Studie „Reformation 1517-2017. Ökumenische Perspektiven“ publiziert.