Skip to main content

Die Kraft der Gesichter – Ausstellung zeigt Porträts der wichtigsten Reformatoren

Reformatorengruppe um Martin Luther
Reformatorengruppe um Martin Luther
(Foto: © epd-bild / akg-images)

Von Deutschland aus verbreitete sich die Reformation im 16. Jahrhundert in ganz Europa. Dabei seien Bilder der Reformatoren ein zentrales Mittel gewesen, unterschiedlich eingesetzt über die Jahrhunderte hinweg, sagt die Kunsthistorikerin Maria Lucia Weigel. Deshalb hat sie im Melanchthonhaus in Bretten die Sonderschau „Reformatoren im Bildnis. Verschlüsselte Botschaften“ zusammengestellt. Die Ausstellung ist vom 11. Juni bis 11. Dezember zu sehen.

Bilder als Kommunikationsmittel

Mit den Bildnissen habe die Reformation ein Gesicht bekommen, sagt Weigel. Doch wie genau sahen die Reformatoren aus und was sagen die Bilder über ihre Bedeutung? Diesen Fragen widmet sich die Sonderschau, die vor allem druckgrafische Blätter aus der hauseigenen Sammlung zeigt. Diese werden über zwei Stockwerke hinweg durch Exponate aus anderen Sammlungen, Tafelbilder und Reproduktionen ergänzt.

Wenn Martin Luther (1483-1546) mal als Junker Jörg in Mönchskutte dargestellt und Jahre später stehend neben seinem badischen Wegbegleiter Philipp Melanchthon gezeigt wird, dann transportieren diese Bilder verschiedene Botschaften, sagt Weigel. Über Jahrhunderte hinweg treten Veränderungen zutage. Jedes Bild habe eine religionspolitische Aussage. Zum Beispiel: Stehend wurden bis dahin nur Fürsten gezeigt.

Mal ist es ein Stirnrunzeln oder eine hohe Denkerstirn auf einem Dürer-Porträt von Melanchthon, das den hageren Universalgelehrten und Humanisten hervorhebt. Dann wieder ein selbstbewusst dreinschauender Luther in einem Gemälde des Lucas Cranach des Älteren (1472-1553), einem der wichtigsten Künstler der Reformationszeit. Oder ein Bildnis des Künstlers Hans Baldung Grien (1480-1545), das Luther mit einem Heiligenschein zeigt.

Maria Lucia Weigel
Die Kunsthistorikerin Maria Lucia Weigel präsentiert die Sonderschau im Melanchthonhaus in Bretten (Bild: Gustavo Alàbiso /epd-bild)

Reformation war eine europäische Bewegung

„Die Ausstellung soll aber auch zeigen, dass die Reformation mehr ist als nur Martin Luther“, sagt Weigel. Schließlich habe die Reformation viele Akteure gehabt. „Die Reformation ist eine gesamteuropäische Bewegung und nicht nur ein Luther-Jubiläumsjahr im kommenden Jahr“, sagt auch Günter Frank, Direktor der Europäischen Melanchthon-Akademie.

Die Schau nehme vor allem den deutschsprachigen Raum der Reformation in den Blick. So werden Porträts gezeigt von den wohl bekanntesten und berühmtesten Protagonisten von Martin Luther und Philipp Melanchthon bis hin zu den Schweizern Ulrich Zwingli (1484-1531) und Johannes Calvin (1509-1564).

Auch die Konterfeis der süddeutschen Reformer Johannes Brenz (1499-1570) und Martin Bucer (1491-1551) sowie die Verfasser des Heidelberger Katechismus werden vorgestellt. Aber auch von in der Öffentlichkeit wenig bekannten Männern wie Justus Jonas (1493-1555) und Johannes Bugenhagen (1485-1558), einem Freund Luthers, der die Reformation vor allem Richtung Skandinavien vorantrieb.

„Protestantischer Heiligenkult“

Wesentlich zurückhaltender seien dagegen die Darstellungen der südwestdeutschen und der Schweizer Reformatoren, die meistens nur einen Teil der Reformatoren zeigen, sagt Weigel. „Und die Schweizer haben auch Wert darauf gelegt, dass die Bildnisse von ihnen nicht in verherrlichender Weise dargestellt werden.“

Aus kunsthistorischer Sicht seien Reformatoren-Porträts bislang noch nicht untersucht worden, sagt Weigel. „Die Maler dieser Zeit waren sich aber der historischen Dimension der Reformation sehr bewusst und propagieren sie mit ihren Mitteln.“ Erst entstanden die Bilder, die dann als Druckgrafiken in Büchern rasch den Weg in die europäischen Nachbarländer fanden. Durch die Verbreitung der verherrlichenden Darstellungen habe sich so fast schon „eine Art von protestantischem Heiligenkult entwickelt“ nach Vorbild der katholischen Heiligenbildverehrungen, betont Weigel.

Die Sonderschau im Melanchthonhaus ist bis zum 11. Dezember zu sehen und wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.


„Reformatoren im Bildnis – Verschlüsselte Botschaften“ Melanchthonhaus Bretten – Melanchthonstraße 1 – 75015 Bretten; Geöffnet: Di bis Fr 14 bis 17 Uhr – Sa / So 11 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr; Eintritt: Erwachsene 2 €, Schüler/Studenten 1,50 €; Kinder unter 10 Jahren frei


Informationen

Autor:Ralf Schick Quelle:epd Datum:10-06-16
Schlagworte:
Reformatoren, Melanchthonhaus in Bretten

Überzeugende Kraft der Bilder – Kunsthistorikerin erforscht historische Reformatorenporträts

Mit Porträts von Luther oder Melanchthon bekam die Reformation im 16. Jahrhundert ihr Gesicht. Die Kunsthistorikerin Maria Lucia Weigel erforscht, wie die Bilder zur Propaganda eingesetzt wurden und bis heute wirken.

„Markenzeichen der Reformation" – Malerfamilie Cranach prägt das Bild von den ersten Protestanten

Unser Bild von der Reformation ist untrennbar mit Lucas Cranach verbunden: Ihre Porträts gaben den Reformatoren ein Gesicht, ihre Altäre feiern den neuen Glauben.

Melanchthonhaus in Bretten

Das Melanchthonhaus Bretten, erbaut an der Stelle des 1689 abgebrannten Geburtshauses des Reformators, ist das zweitgrößte reformationsgeschichtliche Museum in Deutschland. Es enthält neben einem Museum und einer Forschungsstelle auch eine Melanchthon-Spezialbibliothek.