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Luther und die Heiligen Die Reformatoren lehnten Heiligenanrufung und Reliquienkult ab

Titelblatt der Erstausgabe der Augsburger Konfession, 1531.

Bereits im frühen Christentum ist belegt, dass sich die Gläubigen im Gebet nicht nur an Gott und Christus wandten, sondern auch an Heilige wie etwa die Apostel Petrus oder Paulus. Solche Fürbitten finden sich in römischen Putzritzungen ebenso wie in ägyptischen Papyri. Bis zu Luthers Zeit hatte sich eine sehr starke und vielfältige Heiligenverehrung entwickelt, die mitunter bei flüchtiger Betrachtung schon den Eindruck erwecken konnte, hier würde die vorchristliche Vielgötterei in anderer Form fortgeführt. Das ging dem Reformator deutlich zu weit, denn Luther sah in Christus den einzigen Fürbitter. Seit der Darlegung der Confessio Augustana auf dem Augsburger Reichstag 1530 ist die Ablehnung der Heiligenverehrung in der bis dahin praktizierten Form auch Bestandteil der protestantischen Lehre.

Volksfrömmigkeit, Reliquienkult und Ablass

Zunächst geschah die Verehrung als Heilige noch eher spontan, erst ab dem 10. Jahrhundert wurde sie in der Kirche geregelt. Zunächst galt die Heiligsprechung als Privileg der Bischöfe, später dann des Papstes. Der 973 verstorbene Bischof Ulrich von Augsburg wurde als erster von einem Papst heilig gesprochen, nämlich von Papst Johannes XV. im Jahr 993. Unter Innozenz II. wurde die Heiligsprechung zum alleinigen Recht der Päpste. So konnte letztlich auch der Volksfrömmigkeit Grenzen aufgezeigt werden, denn eine öffentliche Anbetung war ohne Kanonisierung des Angebeteten nicht gestattet. 

Im Zusammenhang mit den Heiligen erlangten auch Reliquien eine enorme Bedeutung. Ihr Besitz war auch mit Ablässen verbunden, wer also Reliquien besaß, war nicht auf Ablasshändler wie Johann Tetzel angewiesen. Luthers Schutzherr, Kurfürst Friedrich der Weise, besaß einen Schatz von über 19.000 Reliquien und Albrecht von Brandenburg soll durch seine Reliquiensammlung 38 Millionen Jahre Ablass angesammelt haben. Diese Art der Heiligenverehrung war den Reformatoren – ob Luther, Calvin oder Zwingli – ein Dorn im Auge. 1524 verfasste Luther gegen die Heiligsprechung des Bischofs Benno von Meißen die Schrift „Wider den neuen Abgott und alten Teufel, der zu Meißen soll erhoben werden“, in der er einerseits die Heiligsprechung dieses Bischofs als politisch begründet anprangert und andererseits darüber spottet, dass Benno „mit gülden Schaufeln aus der Erde zu kratzen ist“. Schon 1520 hatte Luther den Ablass grundsätzlich als „todt Ding“ kritisiert, dass nicht die Sünde nehme, sondern die Strafe für die Sünde. So sei keine Besserung möglich.

„Die Hochzeit von Cana“, 1593, Stich von Jéronimo Nadal.

Probleme mit der Heiligenverehrung

An der Heiligenverehrung störte Luther schon um 1517/18, dass die Gläubigen die Heiligen nicht um deren guter Werke verehren, sondern sich schlicht um den ihnen zugeschriebenen Schutz bemühen. Es ginge ihnen nicht um Rettung des Seelenheils, sondern um ohne Furcht Gottes leben zu können. Dies führt er – unter anderem am Beispiel des Heiligen Christophorus – in seinen „Decem praecepta Wittenbergensi praedicata populo“ aus, die erst 1520 auf deutsch erschienen sind. Hier merkt Luther auch an, dass „es uns nicht zusteht, die zeitlichen Dinge unter den Heiligen aufzuteilen, als wären sie unsere Knechte und Handwerke ..., daß wir wieder das Chaos der römischen Götter und einen neuen Pantheon aufrichten, nur zu dem Zweck, daß es uns hier gut gehe.“

Hier zeichnet sich schon das Grundproblem der Lutheraner mit der Heiligenverehrung ab, wie es 1537 auch in den Schmalkaldischen Artikeln formuliert ist. „Anrufung der Heiligen ist auch der endchristlichen Mißbräuche einer und streitet wider den ersten Hauptartikel und tilget die Erkenntnis Christi“, heißt es da. Dennoch ist zu unterscheiden zwischen verschiedenen Abstufungen der Heiligenverehrung. Die Anrufung der Heiligen, wie sie in den katholischen und orthodoxen Kirchen praktiziert wird, lehnen die lutherischen Kirchen ab. Sie sei umbiblisch und vermische die Verehrung von Gott und Menschen. Dennoch ehren die lutherischen Kirchen das Wirken außergewöhnlicher Menschen, denn einerseits stärke es den Glauben, dass Gott den Heiligen Gnade erwiesen habe, andererseits seien ihre guten Werke den heutigen Gläubigen ein Vorbild. Einziger Vermittler zwischen Gott und den Menschen sei aber Christus, so dass eine Anrufung der Heiligen abgelehnt wird.

Unterschiedliche Schwerpunkte an Epiphanias

Die ablehnende Haltung Luthers zeigt sich auch beim Epiphanias-Fest. Das erste christliche Fest, das kalendarisch festgelegt wurde, feiert traditionell drei Aspekte, nämlich die Anbetung durch die Weisen aus dem Morgenland, die Taufe Jesu und das erste Wunder, das er vollbracht hat, die Wandlung von Wasser zu Wein auf der Hochzeit zu Kana. Dabei stehen in den unterschiedlichen Kirchen verschiedene Aspekte im Vordergrund. So feiert man in den Ostkirchen in der Hauptsache die Taufe des Herrn, während bei der katholischen Kirche die Anbetung durch die drei Weisen aus dem Morgenland in den Vordergrund stellt. 

In der evangelischen Kirche sind das Wunder von Kana und die Taufe von größerer Bedeutung. Das liegt auch daran, dass Martin Luther der Legende von den drei Weisen skeptisch gegenüberstand. Denn die biblische Überlieferung nennt weder ihre Namen, noch ihre Zahl. Auf die Zahl drei schloss man aus der Zahl der Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Es passt natürlich zu Luthers Ablehnung der Heiligenverehrung und zur Rückbesinnung auf das geschriebene Wort, dass er den Fokus eher weg von den drei Weisen setzt.

Informationen

Autor:luther2017.de Datum:06-01-17
Schlagworte:
Martin Luther, Heilige, Verehrung, Reformation

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