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„Vom Himmel hoch“ – Luthers Weihnachtslieder als theologisches Manifest „Vom Himmel hoch“ ist Luthers bekanntestes Weihnachtslied, zur Reformationszeit war aber ein anderes wichtiger.

„Martin Luther im Kreise seiner Familie zu Wittenberg am Christabend 1536“. Stahlstich, 1843, von Carl August Schwerdgeburth
„Martin Luther im Kreise seiner Familie zu Wittenberg am Christabend 1536“. Stahlstich, 1843, von Carl August Schwerdgeburth (1785-1878). (Bild: © epd-bild / akg-images)

Martin Luther im Kreise seiner Familie, singend und Laute spielend, in mittelalterlicher Stube unterm glänzenden Weihnachtsbaum: Das Bild ist eine Ikone des Protestantismus. Auch wenn die Luther-Weihnacht in dieser Form der historischen Realität von 1536 kaum entsprochen hat – der Christbaum war noch nicht erfunden –, so spiegelt sich in den im 19. Jahrhundert verbreiteten Darstellungen doch ein ganz besonderer Aspekt der Reformation: die Musik als Trägerin der frohen Botschaft. Luther selbst musizierte mit Lust. Er schrieb mehr als 30 Kirchenlieder – auch das bekannte Weihnachtslied „Vom Himmel hoch, da komm ich her“. 

„Vom Himmel hoch“ als Kinderlied zur Weihnacht“ 

Aus der Stahlradierung von Carl A. Schwerdtgeburth „Martin Luther im Kreise seiner Familie zu Wittenberg am Christabend 1536“ (1843) scheint dieses Lied förmlich zu leuchten. Luther hatte „Vom Himmel hoch“ wohl 1534 zur Bescherung für seine Kinder geschrieben, vielleicht sogar speziell für seine Tochter Margarete, die im Advent geboren wurde. Die Strophen folgen einem Teil der Weihnachtsgeschichte: Engel, Hirten und letztlich die Gläubigen selbst kommen wie in einem Krippenspiel zu Wort, um den neugeborenen Heiland zu verehren.

Zunächst gab Luther seinem fünfzehn Strophen umfassenden Gedicht die Melodie eines Gassenhauers mit, aber das tat der heiligen Sache keinen Abbruch. Die Kontrafaktur – also neue Texte auf vorhandene Melodien zu dichten – war damals verbreitet. Neu war es, weltliche Weisen in geistliche Musik zu transponieren. Dies dürfte – neben dem Buch- und Notendruck – dazu beigetragen haben, dass sich die reformatorischen Gedanken so rasch und weit verbreiteten, wie der evangelische Theologe Johann Hinrich Claussen in seiner „Geschichte der Kirchenmusik“ schreibt.

 

Die ersten Verse von Luthers „Vom Himmel hoch“ (Bild: © epd-bild / Stefan Arend)
Die ersten Verse von Luthers „Vom Himmel hoch“ (Bild: © epd-bild / Stefan Arend)

Vom mittelalterlichen Spielmannslied zum Choral

„Vom Himmel hoch“ ging auf ein mittelalterliches Spielmannslied zurück: „Ich kumm auß fremden landen her und bring euch vil der newen mär“, hieß es, Luther übernahm die erste Strophe mit kleinen Abwandlungen fast komplett. Später komponierte er noch eine eigene Melodie dazu, die 1539 veröffentlicht wurde und auf die das Lied bis heute gesungen wird.

Als Luthers theologisch bedeutendster Choral gilt allerdings ein anderes Weihnachtslied. „Nun freut euch, lieben Christen g’mein“ wurde 1523 als Flugblatt veröffentlicht. Es enthalte in Versen und Tönen Luthers ganzes theologisches Programm, erklärt Claussen. Heute wird das zehnstrophige Lied seltener gesungen. Es handelt von Gottes Gnade, der Geburt des Erlösers Jesus Christus und der Rechtfertigung des Sünders. Vor 500 Jahren löste Luther mit er Kernthese, dass der Mensch sein Heil allein aus göttlicher Gnade gewinnen kann und nicht aufgrund eigener Anstrengungen, die Reformation aus.

Zur Zeit der Reformation wurde „Nun freut euch, lieben Christen g'mein“ zu einem wichtigen Hymnus. Der „Urkantor“ der evangelischen Kirche, der Kirchenmusiker Johann Walter (1496-1570), schrieb, das „Liedlein Lutheri“ habe „viel hundert Christen zum Glauben bracht...“, die sonst von dessen Lehre nichts hätten wissen wollen. „Die geistlichen Lieder haben nicht wenig zur Ausbreitung des Evangeliums geholfen“, berichtete der Kantor, der 1525 mit Luther die deutsche Messe entwickelte und das erste evangelische Gesangbuch herausgab. Für viele seien Luthers Lieder auch Tröster in Todesnot geworden.

In dem bewegten Rhythmus des Weihnachts-Chorals sind Hüpfen und Freudensprünge angedeutet. Zum Singen, Tanzen und Springen angesichts der frohen Botschaft fordert Luther auch im Text auf: „... lasst uns fröhlich springen, / dass wir getrost und all' in ein, / mit Lust und Liebe singen“.

Inspiration für zahlreiche Komponisten

An den berührenden Volkston des Lieds „Vom Himmel hoch“ reicht der Choral indes nicht heran. Im Lauf der Jahrhunderte griffen viele Komponisten die Melodie dieses „Kinderlieds“ auf und verwendeten sie neu, so wie Johann Sebastian Bach (1685-1750). In seinem berühmten „Weihnachtsoratorium“ finden sich drei Choräle, die auf Luthers „Vom Himmel hoch“ fußen. Felix Mendelssohn Bartholdy, Max Reger und Igor Strawinski ließen sich ebenso von dem Engelsgesang inspirieren.

Musikalisch-theologisch standen sie damit in der Tradition des leidenschaftliche Sängers aus Wittenberg, der „von der Musica so herrlich zu reden wusste“ (Kantor Walter) und sie der Theologie gleichstellte. Bis heute wird dies an Weihnachten und seinen Liedern für viele Menschen besonders spürbar: Dass das Evangelium eine „gute Nachricht“ ist, wie Luther sagt, „davon man singet, saget und fröhlich ist“.

Informationen

Autor:luther2017.de Quelle:epd Datum:25-12-16
Schlagworte:
Luther, Weihnachten, Vom Himmel hoch, Weihnachtslieder