Das Risiko war groß. Trotzdem setzten sich vor 500 Jahren nicht nur Männer, sondern auch selbstbewusste Frauen für die Reformation der Kirche ein. Sie prägten eine weibliche Seite der Glaubensbewegung, wie die Lutherexpertin Sonja Domröse berichtet.
Wer die Diskussion und Beiträge zum Reformationsjubiläum 2017 verfolgt, könnte bei flüchtiger Betrachtung den Eindruck haben, die Reformation hätten allein Männer vor 500 Jahren geprägt. Allenfalls Katharina von Bora, die Ehefrau Martin Luthers, findet in der öffentlichen Betrachtung statt. „Es gab aber noch mehr mutige Frauen, die am Beginn der Neuzeit ihre Glaubensüberzeugungen selbstverantwortlich und öffentlich vertraten“, sagt die Stader Pastorin und Luther-Expertin Sonja Domröse.
Luthers Vorstellung vom „Priestertum aller Gläubigen“ brachte das Rollenverständnis des ausgehenden Mittelalters ins Wanken. „Bis dahin galt: Die Ehefrau wirkte in der Regel im Haus, trat nicht öffentlich auf und war weithin von Bildung ausgeschlossen – gleichsam ein Wesen zweiter Ordnung“, blickt Domröse zurück. „Das Ideal war die Frau, die sich als Nonne im Kloster zu bewähren hatte.“ Luther bezog jedoch alle Getauften, ob Mann oder Frau, in seine Vorstellung ein. „Egal, ob Mann oder Frau“, betont Domröse, die in dieser Überzeugung einen wichtigen Türöffner für die spätere Ordination von Frauen in das Pastorenamt sieht – ein Weg, den sie Jahrhunderte später selbst gegangen ist.
Neben adeligen Frauen spielten auch Frauen aus dem Bürgertum eine Rolle
In ihrem Buch „Frauen der Reformationszeit“ schildert sie in acht Biografien den weiblichen Einfluss auf die Reformation in Deutschland. Darin macht sie deutlich, dass Frauen in den Umbrüchen eine ganz eigene Rolle übernommen haben. Neben der Fürstin Elisabeth von Calenberg-Göttingen wird die Lebensgeschichte weiterer adeliger Frauen wie Argula von Grumbach und Ursula von Münsterberg erzählt. Auch Namen aus dem Bürgertum gehörten dazu. Unter ihnen setzten sich Frauen wie Katharina Zell und Ursula Weyda mit ihren Schriften für die neue evangelische Lehre ein. Die gelehrte Italienerin Olympia Fulvia Morata floh sogar aus Glaubensgründen in das Land der Reformation. Für alle galt: Wer sich für die Reformation einsetzte, ging ein hohes persönliches Risiko ein.
„Die männliche Vorherrschaft geriet ins Wanken, wo Frauen nur noch Gott als höchste Autorität für sich entdeckten und akzeptierten“, bilanziert Domröse. „Mit der Würdigung biblischer Frauengestalten nahmen die Streiterinnen der Reformationszeit den Kampf um ein gleichberechtigtes Miteinander von Frauen und Männern in der Kirche auf.“