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Künftige schwedische Erzbischöfin optimistisch für 2017

Antje Jackelén rückt als erste Frau an die Spitze der evangelisch-lutherischen Kirche von Schweden

Antje Jackelén
(Foto: epd-bild/Svenska Kyrkan)

Die gewählte Erzbischöfin der evangelisch-lutherischen Kirche von Schweden, Antje Jackelén, sieht gute Chancen für globale und ökumenische Feiern zum 500. Jahrestag der Reformation. Jackelén rückt als erste Frau an die Spitze der Schwedischen Kirche. Am 15. Oktober wurde sie in Uppsala gewählt. Schon im ersten Wahlgang erhielt sie 174 von 325 Stimmen, das sind 55,9 Prozent. Ihr Amt als Nachfolgerin von Anders Wejryd, der seit 2006 amtierte, tritt Jackelén am 15. Juni 2014 an.

Das lutherisch-katholische Dokument "Vom Konflikt zur Gemeinschaft" biete erstmals einen gemeinsamen Ausgangspunkt im Verständnis der Reformation, sagte die Bischöfin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die schwedische Kirche sieht sie gefordert, angesichts des Abbruchs christlicher Tradition eine "lernende und lehrende Kirche" zu sein. Über den ökumenischen und interreligiösen Dialog hinaus müsse das Gespräch mit Kultur, Politik, Naturwissenschaft und Technologie gesucht werden.

Bischöfin Jackelén, Säkularisierung, Abbruch von Traditionen, religiöser Pluralismus inklusive Konflikte über Kopftuch und Minarette sowie eine mitunter aggressive Kirchenkritik sind in den meisten europäischen Ländern zu beobachten. Was sind die Herausforderungen für die lutherische Kirche in Schweden in der nahen Zukunft?

Jackelén: Kurz gesagt: Erstens, eine Kirche des Dialogs und der Begegnung zu sein - ein Platz, wo Gesellschaft mit sich selbst ins Gespräch kommen kann, ökumenisch und interreligiös, im Dialog mit Kultur, Politik, Naturwissenschaft und Technologie. Zweitens, eine lernende und lehrende Kirche zu sein. Die Inhalte christlichen Glaubens und christlicher Tradition sind so unbekannt geworden, dass der Gesellschaft wesentliche Hilfen für den verantwortlichen Umgang mit den persönlichen und gemeinsamen Herausforderungen des Lebens abhandengekommen sind, was zu zunehmender Gefährdung existenzieller Gesundheit beiträgt. Drittens, eine Kirche zu sein, die in Wort und Handlung vom Gottesdienst her lebt - fest verwurzelt in der Gnade, frei zum schöpferischen Wirken.

In der katholischen Kirche bahnt sich unter dem neuen Papst ein Umbau an Haupt und Gliedern an. Mehr Kollegialität in der Kirchenleitung, mehr Partizipation von Frauen, mehr Zuwendung zu den Menschen an den Rändern der Gesellschaft sind Stichworte. Haben die lutherischen Kirchen in diesen Fragen ebenfalls Reformbedarf?

Jackelén: Auch wenn lutherische Kirchen weniger hierarchisch organisiert sind als die katholische Kirche, muss Machtausübung immer wieder kritisch beleuchtet und hinterfragt werden. Ich habe Thomas von Mitschke-Collandes Buch "Schafft sich die katholische Kirche ab?" mit Interesse gelesen. Da habe ich Problembeschreibungen und Anregungen gefunden, die mir durchaus nicht fremd sind. Außerdem - es gehört ja zum Selbstverständnis der lutherischen Kirchen, dass wir 'semper reformanda' sind, also stets der Reformation bedürfen.

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In wenigen Jahren feiern die evangelischen Kirchen in Deutschland und weltweit den 500. Jahrestag der Reformation, die grundlegende Veränderungen in der konfessionellen und politischen Landkarte in Gang setzte. Die katholische Kirche verbindet mit 2017 wenig Anlass zum Feiern und spricht von Reformationsgedenken. Bietet das Reformationsjubiläum dennoch Chancen für das Miteinander der Kirchen?

Jackelén: Ja! Vor einigen Monaten erschien "Vom Konflikt zur Gemeinschaft: Gemeinsames lutherisch-katholisches Reformationsgedenken im Jahr 2017", ein Bericht der lutherisch/römisch-katholischen Kommission für die Einheit. Ich sehe dieses Dokument keineswegs als eine Endstation. Es ist aber ein Schritt vorwärts, dass wir hier wahrscheinlich zum ersten Mal einen gemeinsamen Ausgangspunkt im Verständnis der Reformation haben. Es gibt jetzt gute Voraussetzungen für ein Feiern, das bewusst global und ökumenisch ist und mit einem fortlaufenden Reformationsprozess rechnet.

Sie haben Ihre Wurzeln in Westfalen, seit 2007 sind Sie Bischöfin von Lund. Wo nehmen Sie Unterschiede, wo Gemeinsamkeiten wahr? Ticken evangelische Christen in Schweden anders als in Deutschland?

Jackelén: Schwer zu sagen! Individuelle Unterschiede sind oft größer als kollektive Charakterzüge. Schwedische Christen haben eine staatskirchliche Vergangenheit und waren daher kaum gezwungen, ihr eigenes Christsein im Verhältnis zu anderen christlichen Kirchen zu verstehen. Erst seit über zehn Jahren ist die Schwedische Kirche keine Staatskirche mehr. In vieler Hinsicht war Schweden lange ein relativ homogenes Land. Dieses Verständnis prägt immer noch Diskussionen und Verhaltensweisen.

In Deutschland finden schon seit längerem Krimis aus Skandinavien, gerade aus Schweden, viele Leser. Lesen Sie auch Krimis? Und was sind Ihre Favoriten?

Jackelén: Wallander "wohnt" in meiner Diözese! Spannungs- und Entspannungsliteratur lese ich aber auch gern auf Deutsch, um mit meiner Muttersprache in Kontakt zu bleiben.


Antje Jackelén wurde 1955 in Herdecke in Nordrhein-Westfalen geboren und studierte Theologie in Bielefeld-Bethel und Tübingen. Nach Medienangaben wurde sie nicht in den westfälischen Pfarrdienst übernommen, weswegen sie Ende der 1970er Jahre nach Schweden ging. Nach ihrer Ordination war sie Pastorin in verschiedenen Kirchengemeinden und Professorin für Systematische Theologe, Religion und Wissenschaft an der Lutheran School of Theology in Chicago. Seit 2007 ist sie Bischöfin im schwedischen Lund. Jackelén ist mit dem lutherischen Pastor Heinz Jackelén verheiratet und hat zwei Töchter. Sie hat die deutsche und die schwedische Staatsbürgerschaft.

Informationen

Autor:Rainer Clos Quelle:epd Datum:16-10-13
Schlagworte:
Frauen, Reformationsjubiläum, Schweden, Lutheraner, Antje Jackelén