Leitgedanke des "Teilens und Heilens der Erinnerungen"
Kirchenpräsident Schad: Reformationsjubiläum als gemeinsames Christusfest feiern
Der Vorsitzende der Union Evangelischer Kirchen, Kirchenpräsident Christian Schad, hält Forderungen einzelner katholischer Kritiker nach einem "Boykott" der Reformationsfeierlichkeiten 2017 für überzogen. Ein gemeinsames "Christusfest", das die Schuld an der Kirchenspaltung auf beiden Seiten anerkenne, könne für die Kirchen einen "Anfang machen, neu in die Zukunft zu gehen", sagte der pfälzische Kirchenpräsident in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Hintergrund der Boykottforderung ist das umstrittene Papier "Rechtfertigung und Freiheit" der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), das im Blick auf das Reformationsjubiläum die Grundlagen der Theologie von Martin Luther beleuchtet. Von katholischer Seite war dem EKD-Text eine mangelnde ökumenische Haltung kritisiert worden.
Des historischen Ereignisses aufrichtig und selbstkritisch gedenken
Unter dem Leitgedanken des Teilens und Heilens der Erinnerungen sollte des historischen Ereignisses aufrichtig und selbstkritisch gedacht werden, empfahl Kirchenpräsident Schad. Die beiden großen Kirchen sollten die Verletzungen, die sie sich in den vergangenen 500 Jahren gegenseitig zugefügt haben, ehrlich benennen und Gott um Vergebung bitten. Mit einer solchen Geste der Versöhnung könnten die Kirchen die befreiende und heilende Kraft des Evangeliums aufzeigen und zugleich ein großes ökumenisches Zeichen setzen.
Das Reformationsjubiläum müsse die biblische Botschaft als gemeinsame Grundlage aller Christen in den Mittelpunkt stellen. Als "ökumenische Regel" gelte, dass sich die christlichen Konfessionen nur im Rückgriff auf die Texte der Bibel substanziell annähern könnten.
Konfessionelle Traditionen als Reichtum
Die Einheit des Christentums sei nur als Gemeinschaft miteinander versöhnter Kirchen denkbar, sagte der Leitende Geistliche, der auch Mitglied im Ökumenischen Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen in Deutschland ist. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die Kirchen das Trennende überwänden und zugleich ihr eigenes Profil bewahrten. In einem "wechselseitigen Lernprozess" müssten unterschiedliche konfessionelle Traditionen als Reichtum und nicht mehr als Grund zur Abgrenzung wahrgenommen werden.
"Wir haben uns als Christen nichts wegzunehmen, sondern einander etwas zu geben", sagte Schad. Die Einheit der Kirchen dürfe weder erzwungen noch verhindert werden. Das gemeinsame christliche Zeugnis habe in einer immer säkulareren Gesellschaft großes Gewicht. "Je stärker wir auftreten, zum Beispiel auch in ethischen Fragen, etwa im Blick auf den Beginn und das Ende des Lebens, umso deutlicher werden wir gehört."