Beide Kirchen sind protestantisch, theologisch aber unterscheiden sich Reformierte und Lutheraner. Daher war die Nassauische Union vor 200 Jahren etwas Besonderes. Für das strittige Abendmahl wurde eigens ein „Unionsbrot“ erfunden.
Angeblich war der persönliche Wunsch des Herzogs ausschlaggebend. Wilhelm I. von Nassau, der dem reformierten Bekenntnis in der Tradition von Calvin und Zwingli anhängt, will gemeinsam mit seiner lutherischen Frau Luise das Abendmahl feiern. 1817 undenkbar: Es gibt mehrere protestantische Kirchen, die theologisch uneins sind.
Wilhelm will das ändern. Neben dem gemeinsamen Abendmahl mit der Gattin hat er einen weiteren Beweggrund: Er muss seine Herrschaft in Nassau nach den Wirren der napoleonischen Zeit festigen. Er will das Land vereinheitlichen – und die Kirchen gleich mit. Im Fall der Katholiken ist das zwar von vornherein aussichtslos, nicht aber bei den verschiedenen protestantischen Richtungen.
Nassau war ein konfessioneller und religiöser Flickenteppich
Im 18. Jahrhundert hatte es mehrere Nassauer Fürstenhäuser gegeben, die verschiedenen Strömungen des Protestantismus anhingen. Napoleon, der die europäische Landkarte durch seine Kriege umpflügte, schuf ein einiges Nassau und verschob dessen Grenzen mehrfach, so dass das mittlerweile zum Herzogtum aufgestiegene Nassau 1816 ein Flickenteppich aus Lutheranern, Reformierten und Katholiken war.
In der Frühzeit der Reformation waren die Gräben zwischen den Anhängern der Reformatoren Luther einerseits und Calvin oder Zwingli andererseits tief. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts sind sie – vor allem durch die Aufklärung – flacher geworden. Auch das anstehende dreihundertjährige Reformationsjubiläum 1817 hilft bei der Annäherung, weil sich die Protestanten in dieser Zeit an ihre gemeinsamen Wurzeln erinnern.