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Im Zug mit … Katrin Seitz

Interview mit der Referentin für Museen, Denkmalschutz und Denkmalpflege im brandenburgischen Kulturministerium

Katrin Seitz, Sprachwissenschaftlerin, ist im brandenburgischen Kulturministerium als Referentin für Museen sowie die Vorbereitung des Reformationsjubiläums zuständig.

Im brandenburgischen Luckau fand vor wenigen Tagen die Jahrestagung des Städteverbundes „Reformation im städtischen Alltag“ statt. Ziel der Konferenz war es, die städtischen und touristischen Akteure weiter auf das Reformationsjubiläum vorzubereiten und für das spannende und gleichermaßen anspruchsvolle Thema zu sensibilisieren. Wir begleiteten Katrin Seitz, als Referentin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg für die Aktivitäten rund um das Reformationsjubiläum in der Region zuständig, auf ihrer Reise von Potsdam nach Luckau-Uckro. Im Zug unterhielten wir uns mit der Sprachwissenschaftlerin über die Vernetzung von Partnern, die Reformation in den Städten und ihr Anknüpfungspotential für die heutige Gesellschaft.

luther2017.de: Frau Seitz, war die Reformation eine Bewegung, die von den Städten getragen wurde? 

Katrin Seitz: Das berühmte Zitat des englischen Historikers Arthur Dickens, „the reformation was an urban event“, ist inzwischen ja Allgemeingut und reichlich strapaziert worden. Doch gerade im Zusammenhang mit dem Reformationsjubiläum sind vielerorts Anstrengungen unternommen worden, Reformationsgeschichte in all ihren Facetten zu beleuchten. Da kann beispielsweise auch die Betrachtung der Reformation auf dem Land nicht ausbleiben. Ich bin jedoch keine Historikerin. Mich interessiert als Referentin im brandenburgischen Kulturministerium vor allem, wie die Auseinandersetzung mit dem Thema Reformation Anknüpfungspunkte für Brandenburgerinnen und Brandenburger heute bietet. Landes- und Regionalgeschichte spielen da eine Rolle, regionale Identität, aber auch aktuelle Fragen, beispielsweise dazu, wie wir heute mit unserem kulturellen Erbe umgehen wollen, wie wir es nutzen, es uns aneignen, uns mit ihm identifizieren.

luther2017.de: Martin Luther selbst hat nur wenige Orte im heutigen Brandenburg besucht. Dennoch beteiligt sich das Bundesland mit einem breiten Programm an der Lutherdekade. Welche Chancen und Herausforderungen bietet das Reformationsjubiläum für die Städte in der Region?

Katrin Seitz: Für das Land Brandenburg war von Anfang an klar, dass die Auseinandersetzung mit dem Reformationsjubiläum über die Beschäftigung mit der Person Martin Luthers hinausgehen muss. Zwar geschahen auf dem Gebiet des heutigen Landes Brandenburg herausragende reformationsgeschichtliche Ereignisse wie die Schlacht bei Mühlberg von 1547. Oder es gab die Ablasspredigten des Dominikanermönches Johann Tetzel im brandenburgischen Jüterbog, nur 40 km von Wittenberg entfernt, die einen Anlass für die Veröffentlichung von Luthers Thesen bildeten. Das für Brandenburg jedoch eigentlich Interessante an der Auseinandersetzung mit dem Erbe der Reformation ist es, das Anknüpfungspotential für die heutige Gesellschaft zu suchen.

Ganz automatisch stellen sich da aktuelle Fragen nach der zentralen Bedeutung des historischen Kulturgutes für die säkulare Stadtgesellschaft: Wie gehen wir heute zum Beispiel mit einem für das Erscheinungsbild und die historische wie gegenwärtige Identität einer Stadt zentralen Kirchengebäude um? Wie definieren wir es? Welche Anstrengungen zur Erhaltung und Erschließung können und müssen wir gemeinsam unternehmen? Im  gemeinsamen Ringen um diese Fragen wächst Bürgersinn und Engagement. Hier liegen große Chancen für brandenburgische Kommunen.

luther2017.de: Seit 2012 haben sich eine Reihe von Städten in dem „Städteverbund Reformation im städtischen Alltag" zusammengeschlossen. Was sind die Ziele dieses Netzwerkes und wie können die teilnehmenden Städte davon profitieren?

Katrin Seitz: Der „Städteverbund Reformation im städtischen Alltag", in dem sich Städte im Südwesten Brandenburgs zusammengeschlossen haben,  begreift das Reformationsjubiläum als Chance zur Stadtentwicklung. Die Chance einer an diesem geschichtlich verbindenden Thema aufgehängten Zusammenarbeit von Städten in den Bereichen Tourismus, Bildung und Identitätsstiftung soll aktiv genutzt werden. Ziele des Städteverbundes sind dabei die wissenschaftliche Aufbereitung reformationsgeschichtlicher Grundlagen, die museale und touristische Aufarbeitung, die Weiterentwicklung des kulturellen und touristischen Angebots der Städte, die gemeinsame Vermarktung des kulturellen Angebotes und, ganz wichtig, die Vernetzung von Partnern und Projekten.

luther2017.de: Was genau erwartet Touristen, die sich für die Reformation interessieren, vor Ort?

Katrin Seitz: Es sind ganz unterschiedliche Angebote, die die Besucher erwarten. Sie reichen von sogenannten Stadtausstellungen, die das reformatorische Erbe im Stadtraum vorstellen, bis zu einem Kulturreiseführer, der gerade erarbeitet wird. Gut aufbereitete Informationen zu den Städten findet man auch auf der Website des Städteverbundes

luther2017.de: Was wird Ihr nächstes zentrales Projekt im Rahmen der Lutherdekade sein?

Katrin Seitz: In 2016 starten die Vorbereitungen für wichtige Ausstellungen, die mit Unterstützung des Landes und des Bundes 2017 stattfinden werden: Die Ausstellung „Reformation und Freiheit – Luther und die Folgen für Brandenburg und Preußen“ im Potsdamer Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte oder die Ausstellung „Bürger, Pfarrer, Professoren. St. Marien in Frankfurt (Oder) und die Reformation in Brandenburg“ in Frankfurt (Oder) oder die Ausstellung „Tetzel-Ablass-Jüterbog“ in Jüterbog.

Und ein besonders spannendes Ereignis wird das brandenburgische Kulturland-Jahr 2017, das ebenfalls ganz im Zeichen des Reformationsjubiläums stehen wird. Die Kulturland-Akteure haben in den vergangenen Jahren immer ganz unterschiedliche Partner aus Kunst, Kultur und Wissenschaft zusammengeführt und so überraschende Einblicke und neue Sichtweisen ermöglicht. Ich bin überzeugt davon, dass es Brandenburg damit gelingen wird, auch 2017 mit Überraschungen aufzuwarten.

Informationen

Autor:Das Gespräch führte Michael Achhammer Datum:26-11-15
Schlagworte:
Im Zug mit, Interview, Brandenburg, Tourismus

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