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Deutsch-brasilianischer Austausch: Luther unter Palmen und Dämonen

German-Brazilian exchange: Luther amongst palm trees and demons

Tagungsreihe bis 2017 zu reformatorischer Theologie

Deutsche und brasilianische Flagge
(Deutsche und brasilianische Flagge)

Zeit und Raum umspannt das internationale Projekt "Igreja sempre em reforma“ – zu Deutsch: "Die Kirche muss immer reformiert werden". Unter diesem Titel haben zwei Theologieprofessoren, der Deutsche Christopher Spehr und der Brasilianer Claus Schwambach, eine Kooperation zwischen Nordeuropa und Südamerika geknüpft, mit der sie Reformationsgeschichte vom Thesenanschlag bis zum heutigen Gemeindegottesdienst in den Blick nehmen wollen.

Ziel der bis zum Reformationsjubiläum 2017 angelegten Vortragsreihe ist es, "Luther und Reformation stark zu machen“, wie der deutsche Koordinator, Christopher Spehr sagt. "Nicht im Elfenbeinturm“ wolle man hier Theologie betreiben, sondern mit der Kirche und in den Gemeinden die aktuelle Bedeutung der Reformation erschließen. "Und das ist doch genau das, was wir wollen für das Reformationsjubiläum“, betont Spehr.

Seit 2012 läuft der Austausch, der mit jährlichen Tagungen in Brasilien Luther- und Reformationsforschung ins Gespräch bringen will. Deutsche wie brasilianische Referenten befassen sich mit Themen, die sich lose an die Themenjahre der Lutherdekade anlehnen, dabei aber den brasilianischen Kontext aufgreifen.

Das eigene Profil stärken

Das jährlich wechselnde Referententeam ist dafür zwei Wochen in Brasilien unterwegs und gastiert mit dem Tagungsprogramm an drei unterschiedlichen Standorten. Zu den mehrtägigen Symposien kommen nach Angaben von Spehr rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Pfarrer wie auch interessierte Laien. Zu den Vortragsabenden, die gezielt für die ganze Gemeinde angeboten werden, seien es bis zu 250 Zuhörer.

Das Programm stoße auf "ganz große Resonanz“, erzählt Spehr, der kürzlich mit dem Tagungsthema 2013 "Reformation und Kirche“ in San Bento do Sul, Santa Cruz do Sul und Rodeio zu Gast war. Die Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB) ist eine Minderheitenkirche neben den überwiegenden Katholiken im Land, aber auch neben reformatorischen Kirchen pfingstlerischer Prägung. Letztere täten sich mit aggressiver Werbung hervor. In diesem Kontext gebe es für die Lutheraner ein starkes Bedürfnis, das eigene Profil zu stärken, erklärt Spehr.

"Nicht im Damals bleiben"

Dafür böten die Tagungen zunächst eine "historische Grundierung“, aber man wolle bewusst "nicht im Damals bleiben“, sondern "die Anstöße der Reformation auch für heutige Fragen ins Spiel bringen". So fände beispielweise der verbreitete Brauch der Pfingstkirchen, Segen gegen Geld zu versprechen, sehr konkrete Antworten in der reformatorischen Theologie. "Da haben wir was zu sagen“, sagt Spehr. Auch sei das lutherische Bild vom Menschen als immer gleichzeitig Sünder und Gerechter, eine aktuelle Botschaft in einer Umgebung, wo vermeintlich Besessene durch Exorzismen von Dämonen befreit würden.

Auch den wissenschaftlichen Austausch, den das Projekt befördert, bezeichnet der Kirchenhistoriker als Gewinn auf beiden Seiten. „So viel lebendige Theologie habe ich selten angetroffen", schwärmt er. Im Gegenzug zu den Besuchen in Brasilien kämen die brasilianischen Theologen, die vielfach auch in Deutschland promoviert haben, gern zu Tagungen nach Deutschland.

Großes Interesse "ins Kernland der Reformation" zu reisen

Das mehrjährige Tagungsprojekt ist aus der Kooperation der Theologischen Fakultät der Uni Jena und der Faculdade Luterana de Teologia, São Bento do Sul entstanden. Es wird von der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) unterstützt, in Brasilien beteiligen sich mittlerweile alle 18 Synoden der IECLB an dem Projekt.

In den kommenden Jahren sind Tagungen zu den Themen "Reformation und Bibel" (2014), "Reformation und Politik" (2015), "Reformation und Bekenntnis" (2016) und "Reformation und Kirche im XXI. Jahrhundert" (2017) geplant. Die wissenschaftlichen Ergebnisse und Referate der Konferenzen sollen in einer portugiesischen Publikationsreihe veröffentlicht werden.

Die Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB) wurde im 19. Jahrhundert von Einwanderern gegründet und zählt heute rund 1 Million Mitglieder. Viele davon haben laut Spehr ein "großes Interesse" einmal nach Deutschland zu reisen, "ins Kernland der Reformation".

Informationen

Autor:Kathrin Althans Quelle:luther2017.de Datum:29-09-13
Schlagworte:
Jena, Forschung, Theologie, Tagung, Reformationsgeschichte, international, Brasilien