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Katholikentag in Leipzig: zwischen Dialog und Disputation

Vom 25.-29. Mai findet in Leipzig der 100. Deutsche Katholikentag statt. Zu dem Jubiläumstreffen werden ab Mittwoch mindestens 30.000 Menschen erwartet. Neben gesellschaftspolitischen Fragen steht auch die Ökumene im Mittelpunkt.

Plakat zum 100. Katholikentag
Werbetransparent zum 100. Deutschen Katholikentag 2016 in Leipzig (Bild: Peter Endig / epd-bild)

Als am 25. Mai 1539 Martin Luther in der Thomaskirche die Festrede zur Einführung der Reformation in Leipzig hielt, sollen der Legende nach Menschenmassen sogar Leitern an die Kirchmauern gestellt und die Fenster eingedrückt haben, um den Reformator zu hören. Es mag wohl Zufall sein, dass die Eröffnung des 100. Katholikentages in Leipzig auf den Jahrestag des Beginns der Reformation in der Stadt fällt. Doch in den kommenden Tagen wird Leipzig, das untrennbar mit dem Bruch zwischen Luther und Rom verbunden ist, auch zu einem Ort der Begegnung der Konfessionen. 

Ort des theologischen Streits

Unter dem Motto „Seht, da ist der Mensch“ diskutieren mehrere Zehntausend Gäste aus aller Welt fünf Tage lang über Gott, die Kirche, zeitlose gesellschaftliche Fragen und aktuelle politische Herausforderungen. Katholikentage verstehen sich als Gesprächsforen zwischen Kirche und Gesellschaft für religiöse und gesellschaftspolitische Fragen. Organisiert werden sie von katholischen Laien. 

Das Programm des 100. Deutschen Katholikentags ist üppig, die Bühnen oft prominent besetzt. An über 80 Schauplätzen in der Leipziger Altstadt sind über 1.200 Einzelveranstaltungen geplant, von Podiumsdiskussionen über Workshops und Ausstellungen bis hin zu Konzerten und Festen. Themen wie Migration, Menschenrechte, Armut und Familie, Grenzen des Wachstums, der Technik und Wissenschaft  werden in den Fokus gerückt, aber auch das ökumenische Miteinander. 

Sachsens Landesbischof Carsten Rentzing freut sich auf die ökumenische Gemeinschaft während des 100. Deutschen Katholikentages. „Leipzig war vor fast 500 Jahren ein Ort des theologischen Streits. Jetzt schauen wir mit Genugtuung auf die in den letzten Jahrzehnten gewachsene Ökumene“, sagte der evangelische Landesbischof. Gerade im Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 stehen zentrale theologische Fragen und die gemeinsamen Aufgaben von Christinnen und Christen in Politik und Gesellschaft auf dem Programm. Ein besonderer Höhepunkt wird die Neuauflage der „Leipziger Disputation“ sein, die in historischer Tradition der Reformation steht.

Thesenanschlag an der Leipziger Thomaskirche
Die Pfarrrerin Britta Taddiken der Leipziger Thomaskirche schlägt symbolisch die Leipziger Disputation 2016 an die Tür der Thomaskirche an. (Bild: Peter Endig / epd-bild)

Die Reformation in Leipzig und die Leipziger Disputation

Im Sommer 1519 organisierte die Leipziger Universität auf Betreiben des Ingolstädter Theologieprofessors Johannes Eck ein akademisches Streitgespräch mit den Wittenberger Reformatoren. In dieser berühmt gewordenen „Leipziger Disputation“ traten Martin Luther, Philipp Melanchthon und Andreas Bodenstein (gen. Karlstadt) Eck gegenüber und bezweifelten die alleinige Lehrautorität des Papstes. Während Luther vom hellwachen Denker Philipp Melanchthon unterstützt wurde, verließ sich Eck auf die Professoren der Theologischen Fakultät, welche jepoch meistens geschlafen hätten. Dennoch betrachteten sich beide Lager nach Abschluss der Disptutation als Sieger.

Luthers Leipziger Thesen verbreiteten sich schnell: Durch die Veröffentlichung der Disputationstexte in Erfurt und Paris sowie die Darstellungen Melanchthons wurden seine Auffassungen einem breiten Publikum zugänglich. Demnach besäßen weder Papst noch Konzil die höchste Autorität in Glaubensdingen. Damit war der Bruch zwischen Luther und Rom vollzogen und Leipzig wurde zu einem Ort, der untrennbar mit dem Prozess der Reformation verbunden ist. Doch es sollte bis zum Tod des katholischen Herzogs Georg des Bärtigen im Jahre 1539 dauern, ehe die in der Stadt, die zu jener Zeit dem albertinischen Kurfürstentum in Sachsen angehörte, die Reformation eingeführt wurde. Martin Luther selbst hielt am 25. Mai 1539 die Festrede in der Thomaskirche. 

Leipziger Disputation mit Kardinal Marx und Bischof Bedford-Strohm

Am Katholikentag erfährt die achte Ausgabe der Leipziger Disputation eine besondere Konstellation: Unter der Überschrift „Recht – Gerechtigkeit – Rechtfertigung“ stellen sich die beiden leitenden Bischöfe der evangelischen und katholischen Kirche in Deutschland am 28. Mai einem Streitgespräch. In der Thomaskirche werden der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und Kardinal Reinhard Marx aufeinandertreffen. 

Mit Blick auf das aktuelle Themenjahr der Lutherdekade, „Reformation und die Eine Welt“, wird es in der Diskussion zum Beispiel um die Frage gehen, wie sich die Kirchen zu Fragen der globalen Gerechtigkeit äußern sollten. Moderiert wird das Gespräch, das bereits zum achten Mal und in diesem Jahr parallel zum 100. Deutschen Katholikentag in Leipzig stattfindet, von der Journalistin Heike Schmoll („Frankfurter Allgemeine Zeitung“). Man darf bei all dem Interesse für das Thema aber sicher sein, dass es dieses Mal geordneter zugeht als zu Luthers Zeiten. 


Im Thomaskirchhof, im Herzen der Stadt, informieren die Staatliche Geschäftsstelle „Luther 2017“ und der Verein Reformationsjubiläum 2017 über die Planungen für das Reformationsjubiläum und die Vorbereitungen für den Reformationssommer

Informationen

Autor:Luther2017.de Quelle:epd/Katholikentag Datum:23-05-16
Schlagworte:
Leipziger Disputation, 100. Katholikentag, Heinrich Bedford-Strohm, Kardinal Reinhard Marx

Leipzig

In der Leipziger Disputation traten Martin Luther, Philipp Melanchthon und Karlstadt dem Ingolstädter Theologieprofessor Johannes Eck gegenüber und bezweifelten die alleinige Lehrautorität des Papstes.