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Standpunkt: Reiner Haseloff

Ministerpräsident Reiner Haseloff (Bild: Staatskanzlei/Bilddatenbank Sachsen-Anhalt)

Bald jährt sich der Thesenanschlag Martin Luthers zum 500. Mal. Das Klopfen seines Hammers hörte man nicht nur in Wittenberg, es hallte weltweit wider – bis in unsere Zeit. Auch wenn der Thesenanschlag so vielleicht nicht stattgefunden hat, bleibt die geschichtliche Wirkungsmacht der lutherischen Thesen und der Reformation unbestritten.

Wenn man wie ich in Wittenberg lebt, kommt man nicht an dem Reformator Martin Luther vorbei, auch als Katholik nicht. Als Ausgangsort einer der großen geistesgeschichtlichen, religiösen, aber vor allem auch politischen Umbrüche des Abendlands, umweht die Straßen und Gassen Wittenbergs auch heute noch der Geist der Reformation. Die berühmten Persönlichkeiten der Reformation – neben Martin Luther – kennt hier jeder Schüler: Friedrich den Weisen, Philipp Melanchthon oder Lucas Cranach. Umso mehr freut es mich, dass das Wirken dieser Personen durch die Lutherdekade und das Reformationsjubiläum neue Bedeutung – auch auf internationaler Ebene – erfährt.

Zahlreiche Denkmalsanierungen in der Lutherdekade abgeschlossen

Als Ursprungsland der Reformation hat Sachsen-Anhalt eine erhebliche Verantwortung für die Pflege des historischen Erbe Luthers und dessen Erhalt – materiell wie ideell. Im Rahmen der Lutherdekade wurden mehrere Denkmalsanierungen abgeschlossen, wie etwa Luthers Geburtshaus in Eisleben oder das Haus seiner Eltern in Mansfeld. Auch die Lutherstadt Wittenberg erstrahlt wieder in neuem Glanz. Ein besonderer Höhepunkt war deshalb die Wiederöffnung der restaurierten Schlosskirche, der Erinnerungsort der Reformation schlechthin. Menschen aus aller Welt kommen heute in die Elbestadt um diesen und weitere authentische Originalschauplätze der Reformation zu besuchen, darunter auch die Königshäuser aus Schweden, den Niederlanden oder Dänemark. Sie alle führt ihr Weg zum berühmtesten Ort der Stadt – der Thesentür.

Dabei war diese Weltoffenheit lange nicht selbstverständlich. Die Reformationsfeierlichkeiten 1917 standen aufgrund des laufenden 1. Weltkrieges ganz im Zeichen nationaler Verklärung und Abgrenzung. Luthers 500. Geburtstag 1983 wiederum mussten Ost und West getrennt feiern. Dabei tat sich die DDR anfänglich schwer mit dem Reformator. Als Vorbild galt lange Zeit der politische Revolutionär Thomas Müntzer. Das änderte sich erst mit Luthers rundem Geburtstag. Er galt jetzt als Repräsentant der frühbürgerlichen Revolution und seine Lehre von den zwei Reichen wurde positiv rezipiert.

Reformationsjubiläum 2017 von Offenheit, Freiheit und Ökumene geprägt

Im Gegensatz dazu soll das Reformationsjubiläum 2017 von Offenheit, Freiheit und Ökumene geprägt sein. Die Welt kommt nach Sachsen-Anhalt und natürlich nach Wittenberg, dem zentralen Ort der Feierlichkeiten, um mit uns gemeinsam an dieses Weltereignis zu erinnern. Das Reformationsjubiläum bietet deshalb die Chance, unser Bundesland und seine einmalige Kulturlandschaft einem internationalen Publikum zu präsentieren. Einen ersten Vorgeschmack gab die kürzlich in den USA zu Ende gegangene Ausstellungsreihe „Here I Stand“. Das überwältigende Ergebnis zeigte, dass Martin Luther und die Reformation die Menschen auch noch nach 500 Jahren bewegen – und zwar weltweit.

Für das Reformationsjubiläum hat sich die Lutherstadt herausgeputzt. Es gibt viel zu erleben. Man denke etwa an die „Weltausstellung Reformation“, das Asisi-Panorama oder den Abschlussgottesdienst des Deutschen Evangelischen Kirchentages an den Ufern der Elbe, um nur einige zu nennen. Das Großereignis ist natürlich die Nationale Sonderausstellung „Luther! 95 Schätze – 95 Menschen“, die ab Mai 2017 im Augusteum zu sehen sein wird. Wer auf den Spuren Luthers wandern möchte, der sollte sich das kulturtouristische Projekt „Luther war hier“ ansehen, das weniger bekannte Orte, die in Beziehung zu Luther stehen oder stehen sollen, vorstellt. Und wann könnte man das besser und authentischer erleben als im Reformationsjahr 2017?


Dr. Reiner Haseloff ist seit 2011 Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt.