„Weithin unbekanntes Kapitel der europäischen Kultur- und Zeitgeschichte“ von Thomas Bickelhaupt

Georg Spalatin
Georg Spalatin (Photo: Wikipedia/Paulis)

(epd, 28.04.2014): Im Residenzschloss Altenburg laufen Vorbereitungen für die Ausstellung „Georg Spalatin – Steuermann der Reformation“. Die Sonderausstellung vom 18. Mai bis 2. November gelte einem weithin unbekannten Kapitel der europäischen Kultur- und Zeitgeschichte, sagte Kurator Hans Joachim Kessler dem Evangelischen Pressedienst (epd). Selbst in Theologenkreisen sei der Mitstreiter von Martin Luther kaum bekannt.

Das Vorhaben setze die Reihe ähnlicher Projekte der vergangenen Jahre zu historischen Themen in der Region fort. Die jeweilige große Resonanz sei ein Zeichen dafür, „dass eine Identitätssuche stattfindet in Richtung Vergangenheit, aus der eigene Maßstäbe abgeleitet werden“. Als Beispiele nannte der Kurator die Ausstellungen in Magdeburg zu den Ottonen, in Torgau zur Reformationsgeschichte und in Naumburg zum Dom.

„Wie ein Navigator die Untiefen ausgelotet“

Die Ausstellung zu Georg Spalatin (1484-1545) sei weit über Altenburg und die heutigen Landesgrenzen hinaus von Belang, betonte Kessler. Der evangelische Pfarrer und spätere Altenburger Superintendent habe der entstehenden Glaubensbewegung „große Dienste geleistet". Dabei war er „mehr als nur ein Steuermann", sagte der Kurator: „Bei der Umsetzung der Reformation hat er wie ein Navigator die Untiefen ausgelotet und Klippen umschifft.“

Die Präsentation richte sich an den kulturgeschichtlich interessierten Besucher ebenso wie an Fachpublikum, sagte der Ausstellungskurator. Reichs- und Landesgeschichte seien der Hintergrund für die Biografie Spalatins, der als Georg Burkhardt in Spalt bei Nürnberg geboren wurde und sich später nach seinem Geburtsort nannte. Er gilt als Chronist der Geschichte im damaligen Mitteldeutschland. Dieser zeithistorische Hintergrund soll auf dem Rundgang im Altenburger Schloss auf 500 Quadratmetern Ausstellungsfläche und mit mehr als 350 Objekten von über 40 Leihgebern aus dem In- und Ausland erhellt werden.

Beschützer Luthers und der Reformation

Zu den konkreten Aufgaben Spalatins in der kurfürstlich-sächsischen Residenz gehörten unter anderem die Auflösung der Klöster, die Kontrolle der evangelischen Kirchgemeinden und die Einführung der neuen Gottesdienstordnung. Das Verhältnis zu Luther sei „zunächst durchaus asymmetrisch" gewesen, erläuterte Kessler: „Spalatin sah in dem Reformator eine herausragende Persönlichkeit, zu der er aufblickte." Später sei daraus eine lebenslange Freundschaft geworden.

Sie sei nicht zuletzt im Einsatz des kurfürstlichen Geheimsekretärs für den vom Kaiser für vogelfrei erklärten Luther zum Ausdruck gekommen: "Ohne Spalatin hätte es Luthers Wartburg-Aufenthalt von 1521 wahrscheinlich nicht gegeben." Generell habe Spalatin seinen eher zurückhaltenden Dienstherrn Friedrich der Weise in der Reformationszeit jederzeit "mit Rat und Tat unterstützt". Damit sei der Theologe zum "Beschützer Luthers und der Reformation" geworden.

Über Nürnberg, Erfurt, Georgenthal und Wittenberg gelangte Spalatin als Geheimsekretär an den kurfürstlich-sächsischen Hof. Briefkontakte zu Luther sind ab dem Jahr 1514 nachweisbar. Nach Altenburg kam er zunächst 1511 als Stiftsherr. Als evangelischer Pfarrer und Superintendent lebte er bis zu seinem Tod in der ostthüringischen Residenz.