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Die Geschichte der Lutherbibel beginnt mit dem nach seinem Erscheinungstermin so genannten „Septembertestament“, das als Ergebnis von Luthers Übersetzungsarbeit auf der Wartburg im September 1522 in Wittenberg herauskam. Im Jahr 1534 erschien dann zum ersten Mal die ganze Bibel in Luthers Übersetzung.

Die Geschichte der Lutherbibel und ihrer Revisionen

Bis zu seinem Lebensende hat Luther seine Übersetzung weiter verbessert. Ein Jahr vor seinem Tod kam 1545 die „Ausgabe letzter Hand“ heraus, die für die folgenden Jahrhunderte maßgeblich blieb.

Weil sich im Lauf der Zeit Druckfehler in den Text eingeschlichen und voneinander abweichende Fassungen herausgebildet hatten und weil die Sprache sich seit dem 16. Jahrhundert weiterentwickelt hatte, wurde die Lutherbibel im 19. Jahrhundert erstmals revidiert. Im Jahr 1892 erschien die erste „kirchenamtliche“ Lutherbibel. Da diese noch sehr nahe am Lutherdeutsch geblieben war, kam es bald zu einer erneuten Revision, die auch die inzwischen eingeführte Duden-Rechtschreibung berücksichtigte. Das Ergebnis war die Textfassung von 1912.

Der vertraute Klang der Bibel soll weiterschwingen

Aber auch diese Version erschien vielen noch modernisierungsbedürftig. Schon 1921 fiel der Beschluss zu einer erneuten Revision, die sich – bedingt durch den Zweiten Weltkrieg – lange hinzog. Erst 1956 erschien das revidierte Neue Testament, 1964 folgte das Alte Testament und 1970 waren auch die Apokryphen fertig. Aufgrund des großen zeitlichen Abstands wurde anschließend das Neue Testament noch einmal bearbeitet. Die 1975 erschienene Version wurde jedoch als zu modern abgelehnt, sodass der Revisionsprozess weiterging. Er kam im Jahr 1984 vorläufig zu Ende mit einer Fassung, die wieder stärker die Nähe zu Luther suchte. Im Zusammenhang mit der Einführung der neuen Rechtschreibung gab es 1999 noch einmal einige Veränderungen am Text. Dabei wurde vor allem das Alte Testament, dessen Revision 20 Jahre vor der des Neuen fertig geworden war, sprachlich an das Neue Testament angeglichen.

Im Jahr 2010 beschloss der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland eine nochmalige „Durchsicht der Lutherbibel“, die neue Ergebnisse der biblischen Textforschung und Exegese berücksichtigen soll. Veränderungen des Luthertextes sollen allerdings nur dort erfolgen, wo sie zwingend geboten sind. Der in den Gemeinden vertraute Klang der Lutherbibel soll dabei nicht verändert werden. Geplant ist, die durchgesehene Bibel möglichst vor dem Reformationsjubiläum im Jahr 2017 der Öffentlichkeit vorzustellen.

Luthers Sprache ermöglicht vielen Menschen erst Zugang zu Gott

Die bis heute ungebrochene Wirkmächtigkeit der Lutherbibel hängt an der kongenialen Verbindung von sprachlicher und theologischer Kompetenz, die in sie eingeflossen sind. Durch seine Übersetzung der Bibel in eine Sprache, die „die Mutter im Hause, die Kinder auf der Gasse“ und der „Mann auf dem Markt“ (Sendbrief vom Dolmetschen) verstehen konnten, hat Luther die Menschen in die Lage versetzt, ohne Vermittlung durch kirchliche Autoritäten ihren eigenen Zugang zu Gott zu finden – allein durch das Studium der Heiligen Schrift.

Dabei hat er zum einen bewusst an der sperrigen Wörtlichkeit des Originals festgehalten, weswegen man gerne von der „kernigen“ Luthersprache spricht. (Entsprechend gehört die Lutherbibel zum Typ der philologischen Bibelübersetzungen.) Zum anderen weist Luthers Übersetzung aber auch schon deutlich kommunikative Elemente auf: Luther hat seine Übersetzung nämlich systematisch im Sinne seiner Rechtfertigungstheologie geprägt, indem er die reformatorischen Zentralbegriffe wie Gnade, Glaube, Trost, predigen (im Sinne von Evangeliumspredigt) viel umfassender verwendet als es die lexikalische Bedeutung der zugrunde liegenden Originalbegriffe erfordert. Es ist gerade diese durchgehende Übersetzungsstrategie, die die Lutherbibel zu einem unverzichtbaren Kristallisationspunkt protestantischer Identität gemacht hat.

Lutherbibel prägt deutschen Protestantismus und die Literatur

Man hat Luthers Bibelübersetzung als sein „größtes Geschenk an die Deutschen gerühmt“, und das mit Recht. Denn sie hat nicht nur den deutschen Protestantimus und seine Frömmigkeit auf Jahrhunderte tiefgreifend geprägt, sondern auch die Geschichte der deutschen Sprache und Literatur nachhaltig beeinflusst. Es gibt auch keine andere Bibelübersetzung ins Deutsche, deren Wortlaut sich dem Gedächtnis ähnlich gut einprägt. Viele Menschen können ganze Passagen wie den 23. Psalm oder die Weihnachtsgeschichte in der Übersetzung Martin Luthers jederzeit aus dem Gedächtnis zitieren. So können biblische Worte in der Gestalt der Lutherübersetzung Menschen begleiten und ihnen Halt und Hoffnung geben – im Leben und sogar noch im Sterben.

Die Lutherbibel hat in Deutschland das Bild davon geprägt, was eine Bibelübersetzung ist. So gesehen kann man sie auch als das „Original“ unter den deutschen Bibelübersetzungen bezeichnen. Sie ist die von der Evangelischen Kirche in Deutschland empfohlene Übersetzung für Gottesdienst und Religionsunterricht.


Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers. Herausgegeben von der Evangelischen Kirche in Deutschland. Revidierte Fassung 1984; aus Anlass der neuen Rechtschreibung durchgesehen, 1999. Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.