Der Greifswalder Bootsbauer Robert Schneider greift eine alte Tradition wieder auf: Er baut den Ur-Adventskranz mit mehr als 20 Kerzen nach, den vor rund 180 Jahren der Hamburger Theologe Wichern für verarmte Kinder aufhängte.
Wenn im Herbst die letzten Boote den Weg von der Ostsee in ihr Winterlager gefunden haben, bricht auch für den Greifswalder Bootsbauer Robert Schneider die ruhigere Jahreszeit an. „Dann habe ich auch wieder Zeit für meine Wichernkränze“, sagt der 47-Jährige. Vor rund zehn Jahren hat er damit begonnen, den heute fast in Vergessenheit geratenen originalen Adventskranz nachzubauen.
Denn der Hamburger Pfarrer Johann Hinrich Wichern (1808-1881) gilt als Erfinder des Adventskranzes: Er ließ 1839 in dem von ihm gegründeten „Rauhen Haus“, einem Heim für verwahrloste Jugendliche, einen großen Holzkranz aufhängen. Ab dem ersten Adventssonntag zündete Wichern für jeden Tag bis Heiligabend eine Kerze an – er wollte den Kindern damit die Wartezeit auf Weihnachten verkürzen. Damals diente ein Wagenrad als Adventskranz.
Wagenrad als Adventskranz
Bootsbauer Schneider hat einst als Schüler der Hamburger Wichernschule von dem Brauch erfahren. „Mich hat schon immer die Geschichte mit der unterschiedlichen Länge der Adventszeit beschäftigt“, sagt er. Die herkömmlichen Adventskalender beginnen alle am 1. Dezember – doch nur selten fällt der Beginn der Adventszeit auch tatsächlich auf diesen Tag. Und die üblichen Adventskränze mit ihren vier Kerzen würden die jährlichen Zeit-Variationen ebenso wenig abbilden.
„Da ist mir der Gedanke mit dem Wichernkranz gekommen“, sagt er: „Weil der erste Advent in jedem Jahr unterschiedlich ausfällt, standen folglich auch immer unterschiedlich viele Kerzen im Kranz.“ Vier große weiße Haushaltskerzen symbolisieren die Adventssonntage und zwischen 18 und 24 kleinere rote Baumkerzen die Wochentage bis zum Weihnachtsfest.