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Was der "Pfeiferhannes" und Luther gemeinsam haben

Die Radwegekirche in Niklashausen kündet von christlicher Freiheit

 

Pfeiferhannes
(Foto: wikipedia/Buchillustration aus der Chronik der Würzburger Bischöfe des Lorenz Fries)

Im badischen Niklashausen bei Wertheim wird das Gedenken an den "Pfeiferhannes" gepflegt. Hans Beheim predigte im Namen des Evangeliums Freiheit und Gerechtigkeit, gestorben ist er am 19. Juli 1476 in Würzburg auf dem Scheiterhaufen. Zuvor hatte er tausende Anhänger um sich geschart.

Spätestens seit Luthers Reformationsbestrebungen sei Freiheit ein zentrales Motiv des Glaubens, sagt die badische Tourismuspfarrerin und Beauftragte für die Radwegekirchen im Taubertal, Heike Kuhn. Am Reformationstag, wenn die Saison endet, wird daran erinnert. Unter den 16 Radwegekirchen im Taubertal - eine bundesweit einmalige Kette - verbindet sie das Motiv besonders mit der evangelischen Kirche in Niklashausen (Main-Tauber-Kreis).

Bischof wollte die Kirche einreißen lassen

In einem warmen Rostrot unter dem schwarzen Schieferturm leuchtet Besuchern die Kirche entgegen, die es nach dem Willen eines erzürnten Kirchenfürsten gar nicht geben dürfte. Eine Kirche in Niklashausen ist seit 1344 beurkundet. Ab 1354 war sie sogar Wallfahrtskirche. Doch rund 120 Jahre später führten die Vorgänge um den Niklashausener "Pfeiferhannes" dazu, dass auf Befehl des Erzbischofs von Mainz die Kirche eingerissen werden sollte, um die Erinnerung an den Aufruhr für Freiheit auszulöschen. Die Kirche wurde zwar nie abgerissen, aber sie verfiel. Erst 1518 wurde der Neubau der jetzigen Kirche erlaubt.

Was

Wappen Niklashausen

Was war geschehen? Laienschauspieler aus Niklashausen erinnern heute bei Festen im Ort in kurzen Szenen an Hans Beheim oder Böhm, auch Pfeiferhannes genannt, der mit seinen Predigten 1476 zehntausende Menschen nach Niklashausen zog. "Das Volk wollte Freiheit und irdische Gerechtigkeit - das Reich Gottes war in weite Ferne gerückt", heißt es im Text der Schauspieler. Die Menschen wurden geknechtet von weltlichen und geistlichen Herrschern. Der "heilige Jüngling" Hans predigte nach einer Marienerscheinung "das Evangelium, wie er es verstand".

Er predigte Buße und zugleich, dass alle Menschen ebenbürtig seien. Arme müssten nach Gottes Willen nie mehr hungern, es gebe weder Fürsten noch Knechte, und Kranke würden gesund, wenn die Menschen nur Buße tun und die Jungfrau Maria ehren, rief er den Pilgermassen zu. Seine sozial-revolutionären Thesen musste der auch "Pauker von Niklashausen" Genannte auf dem Scheiterhaufen in Würzburg mit dem Leben bezahlen. Und um die danach immer noch große Wallfahrtsbewegung nach Niklashausen einzudämmen, sollte auch die Kirche verschwinden.

Erst im 19. Jahrhundert vollendet

Als der Kirchenbau dann endlich wieder freigegeben wurde, kam er durch den Bauernkrieg ins Stocken. Nur das schlichte Langhaus wurde fertiggestellt. 1529 konnte der erste evangelische Gottesdienst abgehalten werden, denn der damalige Landesherr, Graf Georg von Wertheim, hatte die Reformation eingeführt. Erst ab 1854 wurde die Kirche völlig ausgebaut, und 1857 wurde der bis dahin immer noch fehlende Kirchturm gebaut. Ein aus einer dicken Eichenbohle gefertigter Fensterladen und ein Steinportal aus der alten Kapelle sind die einzigen Erinnerungsstücke an das Jahr 1476.

Kuhn sagt, dass Menschen bis heute in einer "Kirche der Freiheit" Heimat suchen. Dazu seien unkonventionelle Wege wie die Radwegekirchen hilfreich. Besonders eindrucksvoll sei, wenn das Motiv wie in Niklashausen, untrennbar mit einer Kirche verbunden sei. Hans Beheim habe die Lebensverhältnisse seiner Zeitgenossen verändern wollen, Martin Luther vor allem seine Kirche. Für beide sei die Menschenfreundlichkeit Gottes, von der sie fest überzeugt waren, ihre Motivation gewesen.

Das Bibelzitat "Zur Freiheit hat uns Christus befreit" habe für beide nicht bedeutet, aus allen Regeln gelöst zu sein, so die Geistliche. Das Zitat habe für Beheim und Luther für eine Kombination aus Freiheit und Liebe, Glauben und Dienst am Nächsten gestanden. Menschen, die die Radwegekirche in Niklashausen besuchten, sollen dies in der Gastfreundschaft der Gemeinde spüren. Dabei sei gleich, ob sie sich dort einfach nur unterstellen bei einem Regenguss oder beim Blättern in der ausgelegten Bibel Grundsatzfragen ihres Lebens nachspüren.

Schedelsche Weltchronik (Foto: wikipedia)

Kuhn sagt, dass Menschen bis heute in einer "Kirche der Freiheit" Heimat suchen. Dazu seien unkonventionelle Wege wie die Radwegekirchen hilfreich. Besonders eindrucksvoll sei, wenn das Motiv wie in Niklashausen, untrennbar mit einer Kirche verbunden sei. Hans Beheim habe die Lebensverhältnisse seiner Zeitgenossen verändern wollen, Martin Luther vor allem seine Kirche. Für beide sei die Menschenfreundlichkeit Gottes, von der sie fest überzeugt waren, ihre Motivation gewesen.

Das Bibelzitat "Zur Freiheit hat uns Christus befreit" habe für beide nicht bedeutet, aus allen Regeln gelöst zu sein, so die Geistliche. Das Zitat habe für Beheim und Luther für eine Kombination aus Freiheit und Liebe, Glauben und Dienst am Nächsten gestanden. Menschen, die die Radwegekirche in Niklashausen besuchten, sollen dies in der Gastfreundschaft der Gemeinde spüren. Dabei sei gleich, ob sie sich dort einfach nur unterstellen bei einem Regenguss oder beim Blättern in der ausgelegten Bibel Grundsatzfragen ihres Lebens nachspüren.

Informationen

Autor:Susanne Müller Quelle:epd Datum:27-10-13
Schlagworte:
Niklashausen