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Von Propaganda, Porträts und Produktivität – Cranach in Thüringen

Auf der Wartburg bei Eisenach und im Schillermuseum in Weimar eröffnen verschiedene Ausstellungen zum Leben und Wirken der Cranachfamilie.

Lucas Cranach der Jüngere, Christus am Kreuz, Mitteltafel des Hauptaltars der Stadtkirche St. Peter und Paul Weimar, vollendet 1555 (© Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Weimar, Foto: Candy Welz)

Derzeit kommt man kaum um sie herum: Die Wittenberger Malerwerkstatt von Lucas Cranach und seinem Sohn war dermaßen produktiv, dass ihr Schaffen in einer Reihe von Schauen in Mitteldeutschland und Franken gewürdigt wird. Von Nürnberg über Gotha, von Erfurt bis Wittenberg werden die unterschiedlichsten Aspekte der Renaissance-Malerfamilie beleuchtet. Im Rahmen des Themenjahres „Cranach in Thüringen“ eröffneten nun auch die Ausstellungen auf der Wartburg bei Eisenach und in Weimar.

Luther ohne Frau

Unter dem Titel „Die Lutherporträts der Cranach-Werkstatt“ zeigt das Wartburg Museum bei Eisenach über 100 Bildnisse des Reformators aus fünf Jahrhunderten. Im Zentrum steht, wie auch bei den Ausstellungen in Weimar und Gotha, Lucas Cranach beziehungsweise seine Maler-Werkstatt. In der Ausstellung wird ersichtlich, dass es den Maler Lucas Cranach gar nicht gab, sondern seine Werkstatt als Marke zu begreifen ist. Innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten verließen mehr als Tausend Luther-Bildnisse die Werkstatt und machten den Reformator neben weltlichen Herrschern zum meistporträtierten Mann seiner Zeit.

(© Klassik Stiftung Weimar)

Dabei ging es nicht immer nur um die Kunst, sondern auch um das Geschäft. Als Martin Luther „auf der Wartburg saß und das Neue Testament übersetzt hat, hat Cranach schnell eine Druckwerkstatt eingerichtet, denn er wollte das September-Testament dann 1522 drucken. Die erste Auflage in Höhe von 3000 Exemplaren war ja im Nu vergriffen. Cranach hat auch daran gut Geld verdient“, erklärte der Burghauptmann der Wartburg und Kurator der Ausstellung, Günter Schuchardt, dem Deutschlandradio Kultur.

Die Eisenacher Ausstellung zeigt Luther in den verschiedenen Lebensphasen. Neben den ersten Kupferstichen, die seiner Bekanntmachung dienen sollten, über Porträts, die den gealterten aber auch angesehenen Luther zeigen, sind zahlreiche spätere Darstellungen zu sehen, die jeweils eine spezifische propagandistische zeitgenössische Bedeutung aufweisen. Interessant: Luthers Frau Katharina ist aus den späteren Bildern verschwunden, da sie keine propagandistische Rolle mehr spielte.

Cranach in Weimar

Einem anderen Aspekt Cranachs widmet sich die Klassik Stiftung Weimar. Im Schiller-Museum ist seit Karfreitag (03.04.) die Ausstellung „Cranach in Weimar“ zu sehen, die dem Wirken der Künstlerfamilie vor Ort nachgeht. Anhand von etwa 160 Exponaten macht die Ausstellung das Wirken der Cranachs an der Zeitenwende zwischen Mittelalter und Neuzeit erfahrbar. „Das Cranach-Werk hat niemals seinen Reiz verloren. Bis heute fasziniert es durch seine Kraft und Sinnlichkeit. Dies lässt sich in der Ausstellung erleben“, erklärt die Kuratorin Dr. Karin Kolb.

Ausstellungsansichten „Cranach in Weimar" (Foto: Candy Welz)

Im Zentrum der Schau steht der berühmte Flügelaltar in der Kirche St. Peter und Paul (Herderkirche). Er stellt eines der Hauptwerke reformatorischer Bildkunst dar und ist zugleich der einzige Flügelaltar, den der junge Cranach vollendete. Er nimmt das Gesetz-und-Gnade-Motiv des Vaters auf, wie es derzeit auch in Gotha hängt, und setzt den Sünder ins Bild. Der erlösende Blutstrahl trifft den kurz zuvor verstorbenen Vater, der somit – stellvertretend für uns alle – zum Erlösten wird.

Adäquat zur Ausstellung auf der Wartburg finden sich auch im Schillermuseum verschiedene Luther-Porträts. Doch auch drei lebensgroße Bildnisse der Kurfürsten Friedrich der Weise, Johann der Beständige und Johann Friedrich sind hier anzutreffen. Bemerkenswert: Auf Geheiß von Kaiser Karl V porträtierte Tizian letzteren nach dessen Niederlage. Daneben befindet sich das parallel von Johann Friedrich in Auftrag gegebene Kaiserporträt von Cranach.

Problem der Cranach-Forschung

Die Vielzahl der Cranach-Werke verdeutlicht zugleich ein zentrales Problem der Forschung. Mit rund 1500 Gemälden sowie einem Vielfachen an druckgrafischen Blättern war die Wittenberger Werkstatt außerordentlich produktiv. Da sie jedoch trotz hoher Nachfrage auch eine bestimmte Qualität zu erfüllen hatten, kopierten und variierten die Cranachs ihre erfolgreichen Bilderfindungen vielfach. Umrisse und Gesichter wurden mit Schablonen angefertigt. Aufgrund dieser Bilderflut hat die Süddeutsche Zeitung Cranach auch als „Bildermaschinisten“ bezeichnet. So ist es oft unmöglich, die Urheber der Werke auszumachen. Nicht selten werden selbst heute noch einzelne Werke den Künstlern neu zugeordnet.


Wartburg bei Eisenach: „Die Lutherporträts der Cranach-Werkstatt“; 2. April bis 19. Juli 2015; Öffnungszeiten: Täglich 8:30 – 17:00 Uhr (letzte Führung); Die Ausstellung ist im Rahmen des Führungs- und Museumsrundganges zu besichtigen. Schillermuseum in Weimar: „Cranach in Weimar“; 3. April bis 14. Juni 2015; Öffnungszeiten: DienstagSonntag, 9:30 – 18:00 Uhr.

Zusammengefasst: Die Ausstellungen zum Leben und Wirken der Cranachs werden auf der Wartburg bei Eisenach und im Schillermuseum in Weimar eröffnet. Die Vielzahl der Werke, die in der Werkstatt geschaffen wurden, dokumentieren einerseits die Bedeutung der Marke Cranach jenseits des singulären Künstlers und stellen andererseits Kunstforscher vor das Problem der individuellen Zuordnung.

Informationen

Autor:luther2017 Quelle:Klassikstiftung Weimar/Deutschlandradio Kultur Datum:08-04-15
Schlagworte:
Lucas Cranach, Weimar, Wartburg, Ausstellung, Reformation - Bild und Bibel

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