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Tübinger Stadtmuseum zeigt Ausstellung zu Johannes Reuchlin

Der Reuchlin-Löwe war an einem Haus in der Bursagasse in Tübingen angebracht, von dem man annahm, dass Reuchlin dort lebte. (Bild: Anne Faden)

Johannes Reuchlin (1455–1522) gilt als einer der großen europäischen Denker am Vorabend der Reformation. Leben und Werk des Philosophen, Humanisten, Juristen und Diplomaten sind eng mit der Stadt Tübingen verbunden. Daher zeigt das Stadtmuseum Tübingen seit Oktober 2017 die Sonderausstellung „Ein Vater neuer Zeit – Reuchlin, die Juden und die Reformation“. Entstanden ist die Schau – aus Anlass des Reformationsjubiläums – in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Seminar der Universität Tübingen.

„Die Ausstellung verbindet das Schaffen Reuchlins mit seiner Epoche“, sagt Kuratorin Dr. Evamarie Blattner. Es gehe um Reuchlins Publikationen und Positionen, aber auch die kulturgeschichtlichen Rahmenbedingungen am Vorabend der Reformation. Die enorme Zahl an Schriften und Büchern aus Reuchlins Feder „verdeutlicht das Spektrum seines intellektuellen Schaffens und seine enorme religiöse, politische und gesellschaftliche Bedeutung“, erläutert Blattner weiter. 

Weltoffener Jurist und Lehrer

Johannes Reuchlin wurde 1455 in Pforzheim geboren und studierte bis 1477 Grammatik, Philosophie und Rhetorik in Freiburg und Basel. Danach ging er nach Frankreich und studierte dort in Orléans und Poitiers römisches Recht. Ein Lehramt für Poetik führte Reuchlin 1481 erstmals nach Tübingen an die dortige Universität. Ab 1483 stand er in den Diensten Graf Eberhards im Bart. Als Rat wurde Reuchlin mit wichtigen Missionen betraut. 

Unter anderem führten sie ihn nach Aachen und Italien, wo er Zugang zum Kreis der Florentiner Neuplatoniker erhielt. 1502 wurde Reuchlin zum Richter des Schwäbischen Bundes mit Sitz in Tübingen bestellt. 1519 übernahm er eine Professur für Griechisch und Hebräisch an der Universität in Ingolstadt, kehrte 1521 aber nach Tübingen zurück, wo er bis zu seinem Tod 1522 ebenfalls den Lehrstuhl für Griechisch und Hebräisch innehatte.

Reuchlin, die Reformation und der Judenbücherstreit

„Der fromme Reuchlin“ auf einem Einblattdruck von 1516. (Bild: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg)

Wie wohl kaum ein anderer deutscher Humanist symbolisiert Johannes Reuchlin den Zusammenhang von Renaissance und Reformation. Er prägte als „ein Vater neuer Zeit“ das europäische Geistesleben mit zahlreichen Schriften. Dabei war Reuchlins Wirkung in Tübingen zunächst deutlicher zu spüren als die der weit entfernten ersten reformatorischen Auseinandersetzungen im Jahr des Thesenanschlags 1517. Denn in Tübingen und Württemberg wurde die reformatorische Lehre erst 1534 bindend. Im Gegensatz zu Martin Luther steht Reuchlin für einen offeneren Umgang mit Andersgläubigen.

So stehen zahlreiche Drucke Reuchlins im Fokus der Ausstellung, darunter auch viele Bücher, in denen er sich mit dem Hebräischen auseinandersetzt. Unter anderem versuchte er, die jüdische Kabbala mit christlicher Theologie zu verbinden. Große Bekanntheit erlangte Reuchlin im sogenannten Judenbücherstreit um 1511. Er verteidigte das jüdische Schriftgut, das andere Intellektuelle verbrannt wissen wollten und leistete mit seiner klaren Positionierung einen wichtigen Beitrag für den Dialog zwischen Juden und Christen. Bis heute gilt Reuchlin als Wegbereiter der Toleranz.

Informationen

Autor:luther2017.de Quelle:Stadtmuseum Tübingen Datum:11-12-17
Schlagworte:
Tübingen, Johannes Reuchlin, Ausstellung, Stadtmuseum, Reformationsjubiläum, Judenbücherstreit

Info

„Ein Vater neuer Zeit – Reuchlin, die Juden und die Reformation“

Stadtmuseum Tübingen
Kornhausstraße 10
72070 Tübingen

Öffnungszeiten:
28. Oktober 2017 bis 18. Februar 2018
Dienstag bis Sonntag, 11 bis 17 Uhr
Feiertags auch Montag geöffnet

Eintritt:
2,50 Euro, 1,50 Euro ermäßigt

Weitere Informationen:
Website des Stadtmuseums