Hobby-Bastler bauen die Reformationsgeschichte mit Lego nach
Star-Wars-Imperator als Martin Luther
Mit einem Hammer in der gelben, erhobenen Plastikhand steht die Lego-Figur in dunklem Umhang vor einer Kirchentür. Die nachgestellte Szene zeigt den Moment, als der Reformator Martin Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche geschlagen haben soll. Luther ist dabei eigentlich die Figur des Bösewichts Imperator Palpatine in der Star-Wars-Serie. „Die Figur sieht man ja nur von hinten“, sagt der Lego-Bauer Johannes Koehler fast entschuldigend. Der 36-jährige Dortmunder hat, wie viele andere, die Geschichte der Reformation aus dem Spielzeug nachgebaut.
Der weltweite Spielwarenhersteller Lego produziert keine religiösen Figuren und Modelle. „Bei uns stehen Spiel- und Bauspaß im Fokus unseres Handelns und keine religiösen oder politischen Stellungnahmen“, sagt eine Sprecherin des Unternehmens.
Deshalb hat sich Koehler bei mittelalterlichen Schlössern oder eben Fantasy-Sets wie Star-Wars bedient. Rund 500.000 Steine hat der Altenpfleger schätzungsweise zu Hause. So ist das Blatt mit den Thesen an der Kirchentür eigentlich eine Fliese mit einem aufgedruckten Zauberspruch.
Bunt gemischtes Lego-Publikum
Genau diese kreative Freiheit fasziniert auch den US-Amerikaner Chris Wunz, der ebenfalls Teile der Reformationsgeschichte nachgebaut hat. „Du kannst ein Stück nehmen, das für einen anderen Zweck vorbestimmt war und es für etwas völlig anderes benutzen“, erzählt der 29-jährige Feuerwehrmann aus Oregon begeistert. Gespräche mit einem befreundeten Pastor hatten ihn auf die Idee gebracht, religiöse Themen mit seiner Freizeitbeschäftigung zu verbinden.
Die Bastler aus den USA und Deutschland, die sich selbst zu einer großen Gruppe von erwachsenen Lego-Fans zählen, haben gleich mehrere Modelle unabhängig voneinander gebaut. Wunz hat eine Figur mit braunem Stoffumhang für seinen Martin Luther im Reichstag zu Worms im Jahr 1521 gewählt. Unter Miniatur-Kronleuchtern und vor einem bunt gemischten Lego-Publikum verteidigt er vor Kaiser Karl V. seine Lehren.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die derzeit das 500-jährige Reformationsjubiläum im Jahr 2017 vorbereitet, begrüßt solche Initiativen. Die Arbeit der Lego-Bauer sei mit der reformatorischen Bewegung im 16. Jahrhundert fast zu vergleichen, sagt der Vizepräsident im hannoverschen Kirchenamt, Thies Gundlach. „Damals waren die Lego-Steine allerdings Flugblätter, die ohne viel Worte durch Bilder und Karikaturen die Botschaft formulierten.“
Amerikaner Wunz ergänzt, dass seine Modelle bei Freunden und Bekannten einen ungewohnt offenen Austausch über religiöse Fragen hervorriefen. Das sei gleichzeitig seine größte Motivation bei derartigen Projekten. „So wird Lego fast schon zur Kunst.“ Sein Modell vor der Wittenberger Kirchentür schenkte er seinem Pastor. "Es steht heute in seinem Büro und löst offenbar viele Gespräche aus", sagt er stolz.
Rund 8.500 Kilometer entfernt hat Marc Vogelsang aus Hannover in diesem Jahr erstmals mit den bunten Steinen eigene Szenen der Reformation entworfen. Mit seinem Modell von der Schlosskirche will er vor allem den Reformationstag wieder in Erinnerung rufen. Zu sehr rückten Einzelhandel und Medien den irischen Brauch Halloween am gleichen Tag in den Fokus, kritisierte der 37-jährige Grafiker.
„Die Kunst besteht in der Improvisation“
Vogelsang baute die Szene anhand von Fotografien möglichst detailgetreu nach. „Die Kunst besteht dabei in der Improvisation", sagt er. Für den Bau fehlten oft die richtigen Teile. Zum Glück habe ihm sein fünfjähriges Patenkind ein paar Steine ausgeliehen, erzählt er schmunzelnd.
Wunz hat sogar noch einen weiteren Menschen aus der Reformationsbewegung in seine Lego-Welt einbezogen. "Ich wollte nie allein Luther als Helden der Reformation verehren", sagt er. So zeigt seine letzte Szenerie William Tyndale (1484-1536). Der Gelehrte übersetzte die Bibel ins Englische und nahm dabei die Lehren der Reformation auf. Die Lego-Figur steht, umringt von weiteren Statisten, auf dem Scheiterhaufen. Dort habe Tyndale wegen angeblicher Ketzerei seinen Tod gefunden, erläutert Wunz. "Ich finde es sehr wichtig, dass unsere hauptsächlich beschützte und verwöhnte Generation auch die Verfolgung sieht und kennenlernt."
Autor:Charlotte Morgenthal
Quelle:epd
Datum:30-10-13
Schlagworte:
Reformationstag, Schlosskirche, Wormser Reichstag, USA, Lego
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