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Standpunkt: Frank-Walter Steinmeier

Frank-Walter Steinmeier
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Bild: photothek/Thomas Köhler)

Vor 500 Jahren, am 31. Oktober 1517, schlug der Überlieferung nach Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg. Der „Thesenanschlag“ von Wittenberg markierte den Beginn der Reformation. Mit seiner Kritik an der römisch-katholischen Kirche, am Ablasshandel und an der päpstlichen Prachtentfaltung setzte Martin Luther nicht nur der geistlichen Macht Grenzen, sondern auch der weltlichen.

Heute, 500 Jahre später, blicken wir zurück auf diesen Mann an der Schwelle zur Neuzeit, der so viel beigetragen hat zur Entwicklung einer modernen Gesellschaft. Wir verdanken Luther und den anderen Reformatoren die entscheidenden Impulse für unser heutiges Verständnis von Freiheit, Bildung und gesellschaftlichem Zusammenleben. Dies schließt das Recht auf Irrtum ein, auch in Bezug auf Luther selbst. Manche seiner Äußerungen können für uns nicht beispielgebend sein. Insbesondere von Luthers judenfeindlichen Äußerungen distanzieren wir uns.

Wenn wir in diesen Tagen das Reformationsjubiläum begehen, ist dies nicht nur ein kirchliches Ereignis. Gerade weil die Reformation weitreichende theologische, kulturelle und politische Folgen hatte, die bis heute über die Grenzen Deutschlands und Europas hinauswirken, ist das Reformationsjubiläum auch ein Ereignis mit außenpolitischer Dimension. In einer Welt, die angesichts von Krisen und Konflikten aus den Fugen geraten scheint, lohnt es sich, die auch mit der Reformation verbundenen Fragen nach Religion und Ordnung, Glaube und Frieden stärker in den Blick zu nehmen.

Die USA sind dabei das bei weitem wichtigste von der Reformation geprägte Land außerhalb Europas. Die Gründungsgeschichte und das Selbstverständnis der Vereinigten Staaten basieren auf reformatorischen Einsichten. Dazu gehören die Trennung von Staat und Kirche, religiöse Toleranz und Religionsfreiheit sowie der Mayflower Compact der Pilgerväter, das erste demokratische Regelwerk auf amerikanischem Boden. Die Aufklärung und der Freiheitsgedanke verbinden uns bis heute mit den Vereinigten Staaten.

Umso mehr freut es mich, dass mit Unterstützung des Auswärtigen Amts zwei hochkarätige Ausstellungsprojekte seit Oktober 2016 an verschiedenen Orten in den USA gezeigt werden: „Renaissance and Reformation: German Art in the Age of Dürer and Cranach“ mit Meisterwerken der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München, sowie „Here I Stand“ unter der Federführung des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle zu Leben und Wirken Luthers.

Damit sie nicht auf die USA beschränkt bleiben, gibt es die Posterausstellung „#hereIstand“, die weltweit unter www.here-i-stand.com bestellt werden kann. Infografiken beleuchten hier das Leben Martin Luthers, seine Zeit und die Reformation in sieben Kapiteln. 


Dr. Frank-Walter Steinmeier ist seit März 2017 Bundespräsident Deutschland. Zuvor war er von Dezember 2013 bis Januar 2017 Außenminister. In letzterer Funktion hat er diesen Standpunkt verfasst.

Informationen

Autor:Frank-Walter Steinmeier Datum:29-11-16
Schlagworte:
Reformation, Reformationsjubiläum, Here I stand, Martin Luther, USA

Standpunkte

In dieser Kategorie legen Personen des öffentlichen Lebens ihre „Standpunkte“ für 2017 und der Lutherdekade dar.

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500 Jahre Reformation – Unter dem Titel „Here I stand“ widmen sich in den USA drei Sonderausstellungen dem Leben und Werk Martin Luthers.

Die Bundesregierung und das Reformationsjubiläum 2017 – Eine Positionsbeschreibung (PDF)