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Reformationsbotschafterin auf Asienreise

Margot Käßmann lädt in Indien und Bangladesch  zum Reformationsjubiläum 2017 ein

Margot Käßmann in Indien
Reformationsbotschafterin Margot Käßmann (2. v..r.) in Indien im Gespräch mit Studentinnen
(Bild: Claudia Ostarek/EKD.)

Bis nach Asien klingt die Einladung zum Reformationsjubiläum: Margot Käßmann, Botschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum, ist für zwei Wochen in Asien unterwegs, um dort in sechs Ländern zum Reformationssommer 2017 einzuladen. Ihre Reise führte sie bisher von Bangalore in Indien über Neu-Delhi nach Bangladesch: Vortrag reiht sich an Vortrag und an viele Gespräche. Neben Themen wie zum Beispiel der Tauftheologie Luthers stand besonders Reformation und Bildung im Fokus ihrer Vorträge und Gespräche.

Bildung als Schlüssel

In der deutschen Botschaft in Neu-Delhi, Indien, appellierte Käßmann, für einen gebildeten Glauben. Martin Luther habe das Ziel verfolgt, dass jedes Mädchen und jeder Junge lesen und schreiben lernen soll, um die Bibel selber lesen zu können. Bildung sei nicht nur zum Anliegen der gesamten Reformationsbewegung geworden, sondern auch bis heute der Schlüssel für den Wandel zu einer friedlichen und gerechten Gesellschaft. Jedoch ist es in Indien immer noch nicht selbstverständlich, dass sowohl Kinder als auch Erwachsene einen Zugang zu guter Bildung erhalten. Der Besuch einer guten Schule kostet in Indien viel Geld, daher können sich viele Familien leider keine zukunftseröffnende Ausbildung ihrer Kinder leisten. 

Auch in Bangladesch wurde das Thema Bildung diskutiert. Kirchenvertreter erzählten ihr dort, dass fundamentalistische Gruppen durch den Bau einer eigenen Infrastruktur mit Banken und Schulen mehr und mehr Einfluss gewinnen.

Margot Käßmann und Collin Theodore
Margot Käßmann im Gespräch mit dem anglikanischen Bischof Collin Theodore (Bild: Claudia Ostarek/EKD)

Besuch der Unfallstelle in Bangladesch 

Eindrücklich hat Käßmann den Besuch der Einsturzstelle des Ran Plaza erlebt. Die achtgeschossige Textilfabrik stürzte 2013 aufgrund von Baumängeln in sich zusammen. Über 1000 Menschen kamen dabei ums Leben. Mittlerweile gibt es eine neue Textilfabrik mit verbesserten Sicherheitsregelungen und gestiegenen Löhnen, jedoch immer noch mit großen Mängeln und schlechten Arbeitsbedingungen. Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen werde es aber erst geben, wenn die westliche Welt bereit sei einen angemessenen Preis für Kleidung zu zahlen. Der deutsche Botschafter, Thomas Prinz, bat Käßmann und die Kirchen in Deutschland in dieser Sache verstärkt ein kritisches Bewusstsein für die Produktionsbedingungen zu wecken.

Viele Kinder der Opfer von 2013 fanden in einem Projekt in der Nähe einen Ort, wo sie Trauerarbeit leisten können, Zuwendung finden und ihnen geholfen wird, einen guten Weg in ihre Zukunft zu finden. Die Kinder freuten sich über den Besuch der Reformationsbotschafterin und hatten extra ein Kinder-Kultur-Programm mit viel Musik vorbereitet. Auch den Kindern erzählte Käßmann von Luther, der wollte, dass jedes Mädchen und jeder Junge lesen lernen sollte. 

In Bangladesch besuchte Käßmann außerdem ein Projekt im Landwirtschaftsbereich mit Konzentration auf Bewahrung und Wiederverwendung von Saatgut. Angehörige verschiedener Religionen arbeiten in diesem Projekt gemeinsam. Auch Brot für die Welt unterstützt die Initiative in Zusammenarbeit mit einer Partnerorganisation vor Ort. 

In der Cathedral Church of Redemption in Neu-Delhi traf Käßmann einem Mitherausgeber des neuen „South Asian Bible Commentary“, Paul Swarup. Der Kommentar ist ein Gemeinschaftsprojekt von Theologen und Theologinnen und erklärt die Bibel aus südasiatisch-theologischer Sicht. Der Kommentar wird nicht nur von Pastoren und Pastorinnen zur Predigtvorbereitung verwendet, sondern auch gerne von vielen Gemeindemitgliedern gelesen und ist somit ein großer Beitrag zum „gebildeten Glauben“. 

Margot Käßmann
Margot Käßmann informiert sich über das Saatgutprojekt der Christian Commission for Development in Bangladesch (Bild: Claudia Ostarek/EKD)

„Remembering the Reformation“

Mit Vertretern und Vertreterinnen aus verschiedenen Kultureinrichtungen, Kirchen und Religionen traf sich Käßmann in Bangalore, Indien. In der Runde wurde besonders das Thema der traditionellen Ehen angesprochen. In Indien ist es noch üblich, dass Ehen zwischen jungen Menschen derselben Religion, Kaste und Region arrangiert werden. Jedoch steht derzeit die soziale Absicherung und damit die soziale Kaste im Vordergrund, weniger  die Religion. Im Gespräch gab es verschiedene Auffassungen zu der Rolle der Religion in der Gesellschaft. Die Reformationsbotschafterin brachte, zum Punkt des Miteinanders der Religionen und Konfessionen ein, dass nach reformatorischer Lehre in Fragen von Gewissen und Glauben jeder und jede frei sei. Martin Luther habe durch seine Theologie die Idee der Toleranz in der Welt verbreitet

Zum Thema „Remembering the Reformation: Challenges of the 2017 Centenary“ referierte Käßmann vor Studierenden des United Theological Seminary. Besonders die Auslegung von Luthers Tauftheologie und seine Erkenntnis, dass durch die Taufe alle gleich vor Gott seien, stieß bei den Studentinnen auf großes Interesse. Viele der jungen Studentinnen, teilweise mit Studienschwerpunkt in feministischer Theologie, fühlten sich durch die klare Aussage von Käßmann ermutigt. 

Vom Engagement der Menschen in den Kirchen

Wie es in manchen Gemeinden deutscher Sprache im Ausland üblich ist, Gemeindeveranstaltungen im Wohnzimmer zu feiern, so referierte auch Käßmann im Wohnzimmer einer deutschen Familie in Bangalore über das Reformationsjubiläum. In kleiner Runde kamen Fragen auf wie: Wo muss die Kirche in Deutschland heutzutage reformiert werden? Käßmann priorisierte hierbei den Gottesdienst. Sie betonte, wie wichtig es wäre, dass die Leute wieder gerne in die Kirche gingen, denn „Gottesdienst darf Spaß machen“. Im weiteren Gespräch wurden nicht nur die Gestaltung des Gottesdienstes thematisiert, sondern auch über Sorgen gesprochen. Die Flüchtlingskrise und die Bilder aus Deutschland bewegen auch die Menschen in Indien. Käßmann erzählte von dem vielen Engagement und der großen Bereitschaft der Kirchengemeinden, die das christliche Gebot der Nächstenliebe sehr ernst nähmen. 

Bei den Vorträgen in Indien wurde besonders deutlich wie Ihre Aussagen aus Sicht der indischen Bevölkerung  provokativ wirken können. Beispielsweise erzählte Sie von einem gemeinsamen Essen zwischen Muslimen und Christen in Deutschland, an dem Sie teilgenommen hatte. Diese kurze Erwähnung wurde jedoch später zum großen Tischgespräch, denn eine solche gemeinsame Mahlzeit wäre für viele Menschen in Indien nicht vorstellbar. 

Informationen

Autor:Claudia Ostarek/r2017 Quelle:r2017/EKD Datum:25-02-16
Schlagworte:
Reformationsbotschafterin, Margot Käßmann, Reformationsjubiläum 2017

Notizen aus der Einen Welt

Das Reformationsjubiläum ist kein nationales, deutsches oder gar lokal begrenztes Ereignis. Die Reformation ist durch die Jahrhunderte zur „Weltbürgerin“ geworden. In vielen Regionen und Ländern auf allen Kontinenten haben sich reformatorische Gedanken ausgebreitet und reformatorische Ideen dargestellt.