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Ökumene auf Helvetisch – Schweizer Kirchen feiern Doppeljubiläum

Niklaus von Flüe wird von Pfarrer Heimo um Rat gebeten. Bild in der Luzerner Chronik von Diebold Schilling. (1511–1513)

In der Schweiz feiern Protestanten und Katholiken gemeinsam den vor 600 Jahren geborenen Einsiedler und Mystiker Bruder Klaus und 500 Jahre Reformation. Dennoch betonen beide Gruppen auch das Trennende.

Es soll ein großer Tag für die Christen in der Schweiz werden, ein großer Tag für die Ökumene in der Schweiz: Am Samstag (1. April) feiern Protestanten und Katholiken in Zug in der Zentralschweiz zusammen ein doppeltes Jubiläum: 500 Jahre Reformation und 600 Jahre Niklaus von Flüe (1417–1487). Der Einsiedler, Mystiker und Friedensstifter aus dem Kanton Obwalden wurde 1947 heiliggesprochen. Er gilt als Helvetiens Nationalheiliger. Unter anderem soll er im 15. Jahrhundert auch ausländische Staatsoberhäupter beraten haben und war trotz seines Einsiedlerlebens durchaus an Politik interessiert. Höhepunkt des Feiertages soll ein ökumenischer Gottesdienst werden.

Im Gegensatz zu den Feierlichkeiten in Deutschland liegt der Fokus in der Schweiz klar auf der Reformation und ihrer Wirkung. Einzelne Reformatoren spielen nur ganz am Rande eine Rolle. Dabei ist es ganz gleich, ob es sich um den Deutschen Martin Luther handelt, dessen Ideen eine Bewegung auslösten, die in der ganzen Welt Folgen hatte, oder um die Schweizer Reformatoren Johannes Calvin und Huldrych Zwingli.

Mehr Verbindendes als Trennendes

„Trotz der Unterschiede: Uns verbindet mehr, als uns trennt“, erklärt Gottfried Locher, Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes mit Blick auf die katholischen Christen. Protestanten und Katholiken wollen mit der Doppelfeier bewusst ihr einigendes Band stärken. Dazu gehören der gemeinsame Glaube an Jesus Christus, die zentrale Bedeutung des Evangeliums und das christliche Menschenbild. Aber auch gemeinsame soziale Projekte wie die Seelsorge in Krankenhäusern, Asylbewerberzentren und Gefängnissen oder gemeinsame Aufrufe zur Bewahrung der Schöpfung gehören zum ökumenischen Repertoire der Schweiz.

„Schon Papst Johannes Paul II. rief die Katholiken und Reformierten in der Schweiz auf, gemeinsam ihre Geschichte aufzuarbeiten und gemeinsam in die Zukunft zu blicken“, erklärt Walter Müller von der Schweizerischen Bischofskonferenz. Ganz in diesem Sinne betonen beide Kirchen: „Die Zeiten sind vorbei, in denen die reformatorische Lehre und Praxis zu Rivalitäten, Spaltungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen geführt hat.“

In der katholischen Kirche St. Michael in Zug wird die Ökumenische Feier stattfinden. (Bild: Wikimedia Commons/Paebi, CC BY-SA 4.0)

Konfrontationen in der Schweiz weniger blutig als in Deutschland

Insgesamt verliefen die frühen Konfrontationen zwischen Katholiken und Protestanten in der Schweiz weniger blutig als etwa in Deutschland. Das kleine Land blieb von einem langen Religionskonflikt wie dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) verschont. Die Eidgenossenschaft „war eine Pionierin in Sachen konfessionellem Zusammenleben“, meint der Kirchenhistoriker und Reformationsexperte an der Theologischen Fakultät Zürich, Peter Opitz.

Katholiken und Reformierte hätten sich arrangieren müssen, weil sie eng miteinander zusammenlebten. „An manchen Orten benutzten die Protestanten und Katholiken die gleiche Kirche. Wollten die Dörfer miteinander Handel treiben, mussten die Leute weiterhin miteinander auskommen“, erklärt der Experte.

Beide Kirchen betonen auch die Unterschiede

Trotz aller ökumenischen Verbundenheit pochen beiden Kirchen auf ihre Besonderheiten – und auf das Trennende. So erinnern die Schweizer Protestanten – außer am 1. April – oft alleine an das halbe Jahrtausend Reformation, während die katholische Kirche beim Thema Sakramente nicht mit sich diskutieren lässt.

Damit ähnelt die Ökumene in der Schweiz der Ökumene in Deutschland: Auch in der Bundesrepublik schmerzen 500 Jahre nach dem Thesenanschlag Martin Luthers vom 31. Oktober 1517 noch immer die Gegensätze zwischen Katholiken und Protestanten. Nördlich und südlich des Bodensees etwa können Katholiken und Protestanten – zumindest offiziell – nicht gemeinsam das Abendmahl einnehmen.

Das gemeinsame Mahl sei weiter „grundsätzlich nicht möglich“, heißt es dazu aus der Schweizer Bischofskonferenz. „Beim gemeinsamen Abendmahl gibt es keine Annäherung“, hält auch die Theologin und Dozentin praktischer Theologie an der Universität Zürich, Rebecca Giselbrecht, fest. Und: „Viele Gläubige warten hier auf einen Durchbruch“, sagt die Theologin.

Rolle der Frau trennt die Kirchen weiterhin

Auch bei der Rolle der Frau sind sich die Konfessionen uneins: In der katholischen Kirche wird die Ordination der Frauen nicht einmal ernsthaft diskutiert, während weibliche Pfarrer in der reformierten Kirche eine Selbstverständlichkeit sind. „Ein Großteil der reformierten Pfarreien wird von Frauen geleitet“, sagt Giselbrecht. Die Theologin weist auch auf die flachen Hierarchien bei den Reformierten hin. „Wir haben keine Bischöfe wie die Katholiken“, sagt sie.

Nach außen aber treten die Schweizer Christen geeint auf: Der Evangelische Kirchenbund und die Bischofskonferenz werden von Mai bis September gemeinsam Gastgeber im „Schweizer Pavillon“ auf der Weltausstellung der Reformation in Wittenberg sein.

Informationen

Autor:Jan Dirk Herbermann/luther2017.de Quelle:epd/ref-500.ch Datum:30-03-17
Schlagworte:
Reformationsjubiläum, Ökumene, Bruder Klaus, Schweiz, Feiern

Luthers Hammerschläge hallen bis heute nach

Zürich ist mit Genf und Wittenberg eines der drei wichtigsten Zentren der europäischen Reformation.

Johannes Calvin

Neben Martin Luther ist Johannes Calvin der einflussreichste Reformator. Bis heute ist der Calvinismus eine der weltweit verbreitetsten Strömungen des evangelischen Glaubens.

Huldrych Zwingli

Ermutigt vom Erfolg der Wittenberger Reformatoren kritisierte Zwingli öffentlich die römisch-katholische Kirche. Von 1529 an begann er die Veränderungen radikaler durchzusetzen. Zwingli starb als Feldprediger mit dem Schwert in der Hand.