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Martin Luther auf allen Wellen – Reformationsbotschafterin Margot Käßmann ist mit Protestanten und Katholiken auf Kreuzfahrt Interview mit Margot Käßmann

Auf Kreuzfahrt mit Margot Käßmann (Bild: Snufkin)

So schnell war nach Angaben des Veranstalters „Biblische Reisen“ noch keine seiner Kreuzfahrten ausgebucht. Die Aussicht, sich zehn Tage lang an Nord- und Ostsee zusammen mit Margot Käßmann mit der Reformation im Norden Europas zu beschäftigen, hat viele Menschen gereizt. Noch bis zum Mittwoch ist das Schiff unterwegs von Kiel über Malmö, Oslo, Esbjerg, Ijmuiden, Harwich und Ostende. An Bord sind 360 Passagiere, sieben wissenschaftliche Reiseleiter und als geistliche Begleiter die Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der katholische Pfarrer Stephan Wahl. Während des Auslaufens aus dem Hafen von Esbjerg in Dänemark hat der Evangelische Pressedienst (epd) mit Margot Käßmann telefoniert.

epd: Frau Käßmann, ist das Ihre erste Kreuzfahrt?

Margot Käßmann: Ja. Und ich war am Anfang skeptisch, ob ich der Typ dafür bin, so lange mit so vielen Menschen zusammen zu sein. Aber ich bin positiv überrascht.

epd: Laut Veranstalter war die Kreuzfahrt sehr schnell ausgebucht, er führt das auf Sie zurück. Fühlen Sie sich als Promi?

Käßmann: Es gibt hier sicherlich Menschen, die sich freuen, mich zu sehen. Aber auf dem Schiff geht alles sehr leger zu, und es gibt Raum für Begegnungen, zum Beispiel beim Essen, bei den Andachten und bei den Busfahrten. 

epd: Über die Reformation und Martin Luther haben Sie schon viel geredet in Ihrem Leben. Spricht es sich auf einem Kreuzfahrtschiff anders als an Land?

Käßmann: Naja, sich zehn Tage lang in Gottesdiensten, Andachten, Vorträgen und Ausflügen mit der Reformation zu beschäftigen, ist schon sehr konzentriert. Das macht es anders. Und in den ersten Tagen der Reise in Schweden, Norwegen und Dänemark ist mir noch mal klargewordenen, wie unterschiedlich die Reformation eingeführt wurde: in den nordeuropäischen Ländern eher von oben, in Deutschland ja doch eher von unten.

Margot Käßmann, Botschafterin des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum 2017 (© epd-bild / Norbert Neetz)

epd: Ihnen zur Seite steht als katholischer Seelsorger Pfarrer Stephan Wahl, unter den 360 Passagieren ist ein Drittel katholisch. Wie schlagen sich die Katholiken?

Käßmann: Für einige ist es neu und interessant, Luther als positive Figur wahrzunehmen und auch die kreative Kraft zu sehen, die von der Reformation ausging. Und für alle ist es sehr spannend, miteinander zu reden. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass Katholiken und Protestanten sich zusammen so intensiv mit der Reformation auseinandersetzen. 

epd: Sind schon Katholiken konvertiert?

Käßmann: Nein. Aber das ist auch nicht der Sinn. Es geht darum, den anderen in den Unterschieden zu sehen. Und in den Gemeinsamkeiten, die in einer säkularen Welt sicherlich dominieren. 

epd: Waren Sie auch schon als Seelsorgerin gefragt?

Käßmann: Ja, das wissen wir ja aus der Tourismusseelsorge, dass Menschen gerade im Urlaub über ihre Sorgen sprechen möchten. Auch hier an Bord geht es um Krankheiten und starke Verlusterfahrungen.

epd: Sieben wissenschaftliche Reiseleiter, zwei Seelsorger, Andachten, Gottesdienst, Vorträge. Das hört sich ja eher nach Arbeit an als nach Urlaub für Sie und die Passagiere.

Käßmann: Für mich ist es tatsächlich eine Dienstreise, ich bin jeden Tag gefordert. Für die Passagiere ist es eine echte Bildungsreise und sie nehmen das dichte Programm gern wahr. Am Pool habe ich noch nicht so viele Menschen gesehen.

epd: Und abends? Gibt es Karaoke nach dem Vortrag?

Käßmann: Nein da stehen Klassik, Jazz und Lesungen auf dem Programm. Aber wir könnten ja vielleicht ein Choral-Karaoke veranstalten.

Informationen

Autor:Das Gespräch führte Wiebke Rannenberg Quelle:epd Datum:17-08-15
Schlagworte:
Margot Käßmann, Interview, Reformation, Lutherdekade