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Luthers Wortschöpfungen als Online-Collage Für ein Internet-Projekt wollen zwei Künstlerinnen Martin Luther beim Wort nehmen und „dem Volk aufs Maul schauen“. Sie sammeln „Wortklaubereien & Beo(hr)bachtungen“.

„Machtwort“ und „Brimborium“ – spielerisch gehen die Lyrikerin Nora Gomringer (links) und Text- und Objektkünstlerin Petra Feigl mit der Sprachkunst Martin Luthers um. (Bild: epd-bild/Wolfgang Lammel)

Begriffe wie „Machtwort“, „Lückenbüßer“ und „Feuereifer“ sind längst Bestandteile der Alltagssprache. Mit einer Vielzahl neuer Wörter hat der Reformator Martin Luther das Deutsche bis heute geprägt. Nora Gomringer und Petra Feigl wollen mit dem Projekt „Aufsmaulschaun – Denn der Bauch hat keine Ohren“ genauer ergründen, wie umfassend Luthers Erbe in der Sprache ist.

„Wir wollen schauen, was von dieser reichen Sprache noch da ist, mit der Luther uns durch seine Bibelübersetzung beschenkt hat.“ So beschreibt die mehrfach preisgekrönte Lyrikerin Gomringer, Leiterin der Villa Concordia in Bamberg, das Ziel des Unternehmens, das sie gemeinsam mit der Bayreuther Text- und Objektkünstlerin Feigl auf die Beine gestellt hat. In dieser Woche ist es gestartet und soll im bundesweiten Veranstaltungsmarathon zum 500. Reformationsjubiläum im laufenden Jahr für einen kreativen Farbtupfer sorgen.

Wissen wir noch, aus welchem Zusammenhang Luthers Worte stammen?

In den nächsten Monaten werden Audio- und Videobeiträge in einer Online-Collage gesammelt, um „dem Lutherschen Vokabularium aus jetzigem Menschenmund ein Gehör zu geben“, wie es Petra Feigl formuliert. Befragt werden Leute auf der Straße, in den Kirchen, in Akademien und an vielen anderen Orten zur Sprache Luthers. „Wir wollen dabei herausfinden, ob wir überhaupt noch wissen, von wem und aus welchen Zusammenhängen diese Worte kommen, die in unserer Gegenwartssprache herumschwirren“, sagt Gomringer dem Evangelischen Pressedienst (epd). Veröffentlicht werden alle Clips, Texte, Songs und Animationen in einem Blog namens „aufsmaulschaun.de“, der ständig aktualisiert wird.

Auftraggeber für das Kunst- und Literaturprojekt ist das Fichtelgebirgsmuseum Wunsiedel, das damit nach den Worten seiner Leiterin Sabine Zehentmeier-Lang bewusst einen eher unkonventionellen Beitrag zum Reformationsjubiläum leisten möchte. „Aufsmaulschaun“ wird auch im Mittelpunkt einer multimedialen Ausstellung stehen, die ab 26. Oktober im Wunsiedler Museum gezeigt wird und später auf Wanderschaft gehen soll.

Nutzung des Internets steht in Luthers Tradition

Indem sie ihre „Wortklaubereien & Beo(hr)bachtungen zu und mit lutherschem Sprachmaterial“ im Internet publizieren, sehen sich Nora Gomringer und Petra Feigl durchaus in der Tradition des Reformators, der sich zu seiner Zeit des Buchdrucks als damals modernstem Medium bedient habe. Zugleich sei das Projekt auch eine Art „Feldstudie“ der Sprachbeobachtung, merkt Nora Gomringer an: „Wie gehen beispielsweise Flüchtlinge damit um, wenn man sie mit einer Sprache konfrontiert, die ein Mann vor Jahrhunderten geschaffen hat?“

Mit einigen Erwartungen blickt auch die Kirche auf die künstlerische Annäherung an Luthers Sprache. Pfarrer Eckhart Kollmer aus Schottenstein, Beauftragter des evangelischen Kirchenkreises Bayreuth für Kirche und Kunst, erhofft sich Impulse dafür, „zu hören, was die Menschen heute bewegt, und immer wieder neu die Sprache zu finden, um mit ihnen zu kommunizieren“. Um einen recht spektakulären Beitrag wird die Aktion voraussichtlich im Sommer in Bad Berneck bereichert, wie Petra Feigl andeutet. Clips aus der Online-Collage sollen dort in den Abendstunden an die Fassade der Dreifaltigkeitskirche projiziert werden.

Auch andere Interessenten können an dem gesammelten Material teilhaben: Auf Anfrage stellen die Initiatorinnen ihre Ergebnisse gerne zur Verfügung. Damit könnten eigene Ausstellungen, Vorträge oder ganz anderes gestaltet werden. Ganz im Sinne des Reformators möchten Gomringer und Feigl Wort und Kunst „unters Volk bringen“.

Informationen

Autor:Wolfgang Lammel/luther2017.de Quelle:epd/aufsmaulschaun.de Datum:10-02-17
Schlagworte:
Martin Luther, Deutsche Sprache, Internet,

weiterführende Informationen

Aufsmaulschaun

Petra Feigl & Nora Gomringer

im Auftrag des Fichtelgebirgsmuseums

Spitalhof 5

95632 Wunsiedel i. Fichtelgebirge

+49 9232 2032

Deutsche Sprache

Martin Luther hat uns mehr als nur ein paar kluge Redewendungen hinterlassen. Auch wenn er die deutsche Sprache nicht erfunden hat, so formte und prägte Luther sie entscheidend mit.