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Kultusminister Dorgerloh: Die Reformation hat unverändert große Prägekraft

"Die Botschaft des Jubiläums ist zuallererst die Reformation"

Stephan Dorgerloh, Kultusminister von Sachsen-Anhalt vor Logo der Lutherdekade
(Foto: epd-bild/Norbert Neetz)

Aus der Sicht von Sachsen-Anhalts Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) hat die Reformation auch heute noch großen Einfluss auf Staat und Gesellschaft. Im Jubiläumsjahr 2017 wollten Staat und Kirchen deshalb an den Beginn der Reformation als "Epochenwende" erinnern, sagte er in Magdeburg in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Diese "wesentliche Wurzel unserer Gesellschaft" dürfe nicht vergessen werden.

epd: Herr Minister, das Reformationsjubiläum wirft seine Schatten voraus. Welche Botschaften wollen Staat und Kirchen 2017 aussenden?

Stephan Dorgerloh: Die Botschaft des Jubiläums ist zuallererst die Reformation selber. Was damals vor 500 Jahren von Wittenberg ausging, hat die Welt verändert: nicht nur in der Kirche, sondern auch in den Bereichen Politik und Gesellschaft, Wissenschaft und Bildung, Sprache und Kultur. Vieles davon bildet das Wurzelwerk für unsere heutige Gesellschaft. Davon muss auf dem Weg ins Jahr 2017 und im Jubiläumsjahr selber gesprochen werden. Die Reformation hat uns heute noch einiges in Staat wie Kirche zu sagen. Schauen wir nur auf unsere Verfassung, auf Sprache, Kunst, Musik und Alltagskultur. Das alles wurde in vielfältigster Weise neu geprägt. Deshalb möchten Bund, Länder und evangelische Kirchen zusammen an den Beginn der Reformation als eine Epochenwende erinnern. Immerhin handelt es sich hier um ein Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung.

Wie weit können reformatorische Einsichten heute noch für praktisches politisches Handeln nützlich sein?

Dorgerloh: Nehmen wir zum Beispiel den Bildungsbereich. Die Reformation kann man auch gut als eine Bildungsbewegung verstehen, die den einzelnen Menschen in seiner Verantwortung für sich und andere anspricht. Um dieser Verantwortung gerecht werden zu können, bedarf es vor allem einer guten Bildung - damals wie heute. Es bedarf einer gemeinsamen Sprache und des Bemühens, in der Breite der Bevölkerung verstanden zu werden. Auch das ist unverändert ein wichtiger Appell an die Politik, Entscheidungen verständlich und nachvollziehbar zu machen. Zudem sollte uns das reformatorische Prinzip "Freiheit in Verantwortung" auch heute leiten. Luthers Beharren auf der Gewissensfreiheit hat den Grundstein gelegt für die Idee persönlicher Freiheit bis hin zur Rechtsgleichheit. Das ist eine verpflichtende Errungenschaft der Reformationszeit, die wir gar nicht hoch genug schätzen können.

Die Prägekraft der Reformation nimmt ebenso ab wie die religiöse Bildung im Land. Was lässt sich dagegen tun?

Dorgerloh: Das sehe ich anders. Die Prägekraft der Reformation ist unverändert groß, nur vergessen wir diese wesentliche Wurzel unserer Gesellschaft allzu oft und nehmen kaum mehr bewusst auf sie Bezug. Die Lutherdekade und das Jubiläumsjahr 2017 sind deshalb ein notwendiger Anlass, um daran zu erinnern, wie sehr unser Land und seine Institutionen, unsere Geistesgeschichte und unser Freiheitsverständnis doch von ihr geprägt sind. Symbolische Daten markieren immer nur einen Anfang. Unsere Aufgabe besteht jetzt darin, diesen Einschnitt verständlich zu machen und den Menschen zu zeigen, was das heute mit ihnen zu tun hat. Wenn sie am Ende der Lutherdekade wissen, dass Martin Luther mit den Grund gelegt hat für Glaubens- und Gewissenfreiheit des einzelnen, dann haben wir schon eine ganze Menge erreicht.

Informationen

Autor:Das Gespräch führte Bernd Buchner Quelle:epd Datum:21-07-14
Schlagworte:
Bildung, Politik, Gesellschaft, Reformationsjubiläum, Stephan Dorgerloh