Skip to main content

„Gegen Kaiser und Papst“

Sonderausstellung zur Rolle Magdeburgs in der Reformation

Spotttaler gegen das Interim, um 1550. Silber geprägt, Sammlung: Privatbesitz, Halle (Saale). (Bild: © Magdeburger Museen)

Das Magdeburger Kulturhistorische Museum zeigt ab dem 1. September in einer Sonderausstellung die besondere Rolle Magdeburgs in der Reformation. Auf insgesamt 520 Quadratmeter Ausstellungsfläche haben die Museumsmacher rund 250 Exponate zusammengetragen. Insgesamt konnten 42 Leihgeber gewonnen werden, trotz zahlreicher gleichzeitig stattfindenden Schauen zum Thema in der ganzen Republik. 

„Wir haben hier ein eigenständiges Thema. Martin Luther spielt eine wichtige Rolle, aber nicht die Hauptrolle“, sagt Gabriele Köster, Direktorin des Museums. In der Tat tritt Luther selbst in der Magdeburger Reformationsgeschichte nur am Rande auf. Im Konflikt zwischen Bürgern, Stadtrat und dem Domstift kam der Reformator im Juni 1524 auf Einladung nach Magdeburg. Seine Predigten machten solchen Eindruck, dass die Altstadtgemeinden noch im selben Jahr evangelische Geistliche zu ihren Pfarrern wählten. So war Magdeburg de facto als erste Großstadt des Reiches für die Reformation gewonnen – und nicht etwa Nürnberg, das erst 1525 protestantisch wurde.

Der renommierte Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann bezeichnet Magdeburg auch als „Renitenzzentrum“ der Reformation. Die Stadt hatte sich mit anderen Reformationsanhängern im Schmalkaldischen Bund zusammengeschlossen, blieb aber im Gegensatz zu den anderen Bundesgenossen auch nach der verheerenden Niederlage in der Schlacht bei Mühlberg 1547 bei ihrer protestantischen Haltung und verweigerte die Zustimmung zum Augsburger Interim. Das führte dann zur Belagerung der Stadt von 1550 bis 1551 durch Moritz von Sachsen – der war selbst Protestant, aber dem Kaiser treu. 

Treffen der Theologen im Kloster Berge / Monasterium Imperiale Divi Johannis Baptistae
in Monte ad Albim prope Magdeburgum 1577. Kupferstich, Sammlung: Kulturhistorisches
Museum Magdeburg. (Bild: © Kulturhistorisches Museum Magdeburg)

Magdeburg kapitulierte schließlich und musste Moritz huldigen – erhielt aber die Zusage, beim protestantischen Glauben bleiben zu können. Die Kapitulationsurkunde ist in der Ausstellung zu sehen. Zwar hatten die Magdeburger also eine Niederlage erlitten, allerdings war diese gleichzeitig ein gefühlter Sieg, der auch propagandistisch ausgeschlachtet wurde. Dennoch wurde im Nachgang der Belagerung ein Interessenausgleich mit den Domherren durchgeführt. Mit dem Beschluss der Konkordienformel im Kloster Berge vor den Toren der Stadt wurde schließlich auch der Streit innerhalb der Lutheraner beigelegt. 

Die Ausstellung folgt den Ereignissen chronologisch. „Wir in Magdeburg blicken auf die Reformationszeit oft nur im Kontext der Zerstörung der Stadt 1631“, erläutert Tobias von Elsner, Kurator der Schau. „Uns war es wichtig, die Geschichte von vorne zu erzählen.“ Geschichte sei immer offen, der Ausgang stehe nicht vorher fest. Auch der Blick auf die spezifischen Konflikte in Magdeburg, mit 30 000 Einwohnern seinerzeit eine der größten Städte im Reich, unterscheide die Magdeburger Ausstellung von anderen Reformationsschauen. In vier Hauptkapitel gegliedert, deckt die Sonderausstellung die Zeit von 1517 bis 1577 ab, also Beginn der Reformation bis hin zum Beschluss der Konkordienformel.

Besondere Highlights der Ausstellung sind zum einen ein Spott-Taler gegen das Interim, das dort als dreiköpfiger Drache dargestellt wird und zum anderen drei Luther-Handschriften aus dem Bestand des Magdeburger Kulturhistorischen Museums. Sie wurden für das damalige Kaiser-Friedrich-Museum im 19. Jahrhundert erworben und waren nach dem Zweiten Weltkrieg für das Museum zunächst verloren. Zwei der Schriften beschlagnahmten amerikanische Besatzungstruppen bei ehemaligen polnischen Zwangsarbeitern, eine gelangte mit einem GI in die Vereinigten Staaten. Der vererbte sie an ein lutherische Forschungsinstitut in St. Louis, mit der Maßgabe, die Schrift nach Magdeburg zurückzugeben, wenn die Stadt nicht mehr unter russischem Einfluss stünde. So gelangte die Handschrift tatsächlich 1996 wieder zurück nach Magdeburg. 

Informationen

Autor:Malte Zander Quelle:Magdeburger Museen/luther2017.de Datum:31-08-17
Schlagworte:
Magdeburg, Reformation, Kaiser, Augsburger Interim, Belagerung, Ausstellung, Museum

Info

„Gegen Kaiser und Papst. Magdeburg und die Reformation“

Kulturhistorisches Museum Magdeburg
Otto-von-Guericke-Straße 68-73
39104 Magdeburg

Öffnungszeiten:
1. September 2017 bis 28. Januar 2018
Dienstag bis Freitag, 10 bis 17 Uhr
Samstag und sonntag, 10 bis 18 Uhr

Eintrittskarten:
7 Euro, ermäßigt 5 Euro

Weitere Informationen:
Website zur Ausstellung

Magdeburg

Der Reformator hielt sich mehrfach in Magdeburg auf und war vom Frühjahr 1497 bis Ostern 1498 Schüler bei den Brüdern vom gemeinsamen Leben, einer frommen Vereinigung ohne Ablegung eines Ordensgelübdes.