Skip to main content

Fernsehfilm ”Katharina Luther“ zeigt das Leben von Katharina von Bora

Katharina und die anderen geflohenen Nonnen kommen in Wittenberg an. Luther begrüßt Katharina. (Bild: MDR/EIKON Süd/Junghans)

Das „ganze Leben“ wollen Katharina von Bora und Martin Luther samt Ehe, Hausstand und Kindern. Dass dazu auch Verunsicherung und Verzweiflung gehören, zeigt der Film „Katharina Luther“, der am Mittwoch (22.2.17) im Ersten zu sehen ist.

Schon die erste Szene ist herzergreifend. Der Vater führt die kleine Katharina zur Klosterpforte, die Münzen, die er der Nonne gibt, klimpern. Sträuben und Weinen helfen nicht, die Schwestern schließen die Tür und ziehen die kleine Rothaarige in die dunklen Gänge. Die Kamera bleibt dicht dran an den Menschen, nur ein kurzer Schwenk geht den Turm hinauf in den Himmel.

Der Film setzt auf Emotion, nicht trockene Erklärungen

Regisseurin Julia von Heinz, Drehbuchautor Christian Schnalke und Kamerafrau Daniela Knapp setzen im Fernsehfilm „Katharina Luther“, der am Mittwoch um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen ist, konsequent auf Emotionen, erklärt wird nur wenig. Die Filmemacher vertrauen darauf, dass sich die Zuschauer einlassen auf das 16. Jahrhundert, den tiefen Glauben und Aberglauben, die unbändige Angst vor Teufel, Fegefeuer und Verdammnis, die menschlichen und kirchlichen Ordnungen, raue Sitten, die unverrückbaren Rollen für Männer und Frauen.

Erzählt wird die Geschichte der entlaufenen Nonne Katharina von Bora (Karoline Schuch), die den ehemaligen Mönch und späteren Reformator Martin Luther (Devid Striesow) heiratet. Sie wird die Frau, die ihn angesichts seiner Verzweiflung über den Tod der gemeinsamen Tochter an das erinnert, was er ihr einst ins Kloster geschrieben hatte: „Wir dürfen vertrauen, auch im Tod.“

Nach dem traumatischen Zurücklassen der kleinen Katharina an der Klosterpforte geht der Film 17 Jahre später weiter, im September 1522. Die junge Nonne hat Lesen und Schreiben gelernt, sie betet und arbeitet mit ihren adligen Mitschwestern. Doch auch hinter die Mauern von Kloster Nimbschen dringt die Kunde vom Theologen Martin Luther aus dem rund 90 Kilometer entfernten Wittenberg: Das Verhältnis zu Gott hängt nicht von guten Werken ab, und der Zölibat entspricht nicht der göttlichen Ordnung. Katharina gelingt ein kurzer Briefwechsel mit ihm – und sie flieht mit einigen anderen jungen Nonnen nach Wittenberg.

Keine eigenen Zeugnisse über Katharinas Leben

Über das Leben dieser Katharina von Bora ist nur wenig bekannt, eigene Zeugnisse gibt es nicht, nur die ihres Mannes. Sicher ist aber, dass sie den Haushalt im sogenannten Schwarzen Kloster samt Vieh, Feldern und Einquartierung zahlender Studenten mit fester Hand führte. So ermöglichte sie es Luther, dass er sich in seine Studien, Briefe, Predigten stürzen konnte. Und sie nahm an den Tischgesellschaften teil, bei denen heftig diskutiert wurde.

Katharina renoviert das Schwarze Kloster. (Bild MDR/EIKON Süd/Junghans)

Karoline Schuch spielt die geflohene Nonne Katharina, die sich in der Männerwelt außerhalb des Klosters zurechtfinden muss, als Frau ihrer Zeit. Auch sie braucht einen Mann, der ihr Überleben sichert. Sie lächelt kaum, ist zäh, zupackend und selbstbewusst, manchmal ein wenig eitel und herrisch. Und vor allem dann stark, wenn ihr Ehemann schwach ist. 

„Als emanzipiert hätte sie sich sicher nicht beschrieben“, glaubt Karoline Schuch. „Sie war eine sehr zielstrebige, energische und willensstarke Frau. Aber ich war überrascht, dass es von ihr nichts Überliefertes gibt. Es existieren zum Beispiel keine Schriftstücke. Viele Briefe von Luther an sie sind noch erhalten. Aber Katharina von Boras Antworten auf Luther kann man nicht nachlesen. Es hat mich entsetzt, dass es offenbar nicht für relevant gehalten wurde, was Luthers Frau so zu sagen hatte“, berichtet die Schauspielerin. Von Katharina von Bora habe sie vor ihrer Rolle nichts gewusst, gibt sie zu. „Ich wusste noch nicht einmal, dass Luther eine Frau hatte.“

Devid Striesow als Luther ist zunächst gewöhnungsbedürftig, bekannt ist er eher als Kommissar oder guter Kumpel. Doch er verkörpert Luther als einen Mann, der sich bis zur Besessenheit in seine Arbeit stürzt, keine Rücksicht nimmt auf Bauchkrämpfe und ein offenes Bein, der leidenschaftlich streitet und mit seinen Gefühlen gegenüber Gott ringt. Bilder von gefolterten aufständischen Bauern verfolgen ihn, gegen die Juden findet er harte Worte. 

Die Präsenz Katharinas überrascht auch Schauspieler Devid Striesow

Doch gegenüber den Gefühlen seiner Frau wirkt Luther hilflos, sie macht die ersten Schritte zur Hochzeit und im Ehebett. Und der Tod der 13-jährigen Tochter Magdalena bringt ihn fast um Glauben und Verstand. Zusammen wollen Katharina und Martin „das ganze Leben“, wie sie sich gegenseitig versichern. Überrascht hat Schauspieler Devid Striesow „die Präsenz der Frau. Und zwar als eine Frau, die bereit ist, Funktionen und Verantwortung zu übernehmen, um mit diesem Mann ein gemeinsames Leben zu leben.“ Katharina habe so Luther den Rücken freigehalten von all dem, was ihn weniger interessiert, aber lebensnotwendig ist. „Diese Frau zu erzählen, die eigentlich keiner kennt, weil sie nach dem Tod ihres Mannes ihrer Verdienste komplett beraubt wurde, diese Frau in den Mittelpunkt zu stellen, das war wichtig“, findet der 42-Jährige.

Der Zuschauer ist immer nah dran, die Handkamera aus Perspektive der beiden Hauptdarsteller bestimmt den Film – ein Reformationsfilm ohne Thesenanschlag, Reichstag und Wartburg. Produziert wurde der Fernsehfilm von der Eikon, deren Gesellschafter evangelische Landeskirchen, Werke und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sind. Mit 40 Drehtagen und um die sechs Millionen Euro einschließlich Fördermitteln sei der Film gut ausgestattet, erklären die Produzenten Ernst Ludwig Ganzert und Mario Krebs.

Gezeigt wird der 105 Minuten lange Film zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr. Ein Beitrag der ARD zum 500. Reformationsjubiläum: 2017 wird an Luthers Veröffentlichung der 95 Thesen gegen die Missstände in der Kirche erinnert und vor allem an den Reformator selbst. So kommt wohl auch der Name „Katharina Luther“ zustande, denn bekannt ist seine Frau als Katharina von Bora.

Informationen

Autor:Wiebke Rannenberg, Christine Xuân Müller, luther2017.de Quelle:epd Datum:22-02-17
Schlagworte:
Film, Katharina von Bora, Martin Luther, Reformationsjubiläum

Info

„Katharina Luther“

Sendetermine:
22. Februar 2017, 20:15 in der ARD,
anschließend Dokumentation „Luther und die Frauen“
23. Februar 2017, 0:50 in der ARD

Webspecial der ARD zum Film 

Frauen bewegen die Kirche – seit Luthers Zeiten

Von den reformatorischen Ideen ließen sich Frauen schon sehr früh begeistern. Zur Lutherdekade haben Frauen das Gespräch eröffnet über die Zukunft von Kirche und Religion.

… und ihre Menschen

Die Reformation war nicht nur das Werk eines Mannes. Zwar gilt Martin Luther als ihre Symbolfigur, doch wurde die Reformation von vielen Menschen betrieben.

Luther im Film – ein Überblick

luther2017.de gibt einen Überblick über die Behandlung von Martin Luther im Medium Film. Beginnend im Stummfilmzeitalter bis zur internationalen Kinoproduktion von 2003 blicken wir auf Filme mit Luther als Hauptfigur.