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Erfurt – Wo Luther studierte und Cranach geschätzt wird

Die beiden Weggefährten der Reformation werden eng mit der Stadt an der Gera in Verbindung gebracht.

(Bild: Eremeev/wikimedia (CC-BY-SA 4.0))

Eine Vielzahl von Städten und Orten widmen sich im Themenjahr „Reformation – Bild und Bibel“ in Ausstellungen, Vorträgen und Sonderprogrammen den unterschiedlichen Aspekten der Cranach-Werkstatt und ihrer Malerei. Thüringen stellt das aktuelle Themenjahr der Lutherdekade unter das Motto „Cranach in Thüringen“. Als Teil des Kooperationsnetzwerkes „Wege zu Cranach“ leistet Erfurt mit einer Sonderausstellung seinen eigenen Beitrag zum Themenjahr. Dabei verfügt die Landeshauptstadt nicht nur über einen eindrucksvollen Fundus von Cranach-Gemälden, sondern spielte auch im Leben Martin Luthers eine wichtige Rolle. Zeit, einmal dem Wirken der beiden Weggefährten in der Stadt nachzuspüren.

An der Kreuzung von Gera und Via Regia

„Erfurt liegt am besten Ort. Da muss eine Stadt stehen“, urteilte einst der Reformator Martin Luther. Gelegen im südlichen Thüringer Becken, an der Handelsstraße Via Regia und dem Fluss Gera, war Erfurt im ausgehenden Mittelalter mit 20.000 Einwohnern eine der größten Städte im Reich. Als Teil des Bistums Mainz wurde der Ort vom Wohlstand der Bürger und einer Vielzahl von Kirchen und Klöstern geprägt. Bis heute erinnern der gewaltige gotische Dom und weitere 20 Kirchen in der Altstadt an die Bedeutung Erfurts im Spätmittelalter. Die Erfurter Universität gehörte damals zu den wichtigsten Geisteszentren in Europa und genoss international einen sehr guten Ruf.

Der bekannteste Student der Stadt

Mitten im „Lateinischen Viertel“, genauer in der Michaelisstraße, befindet sich das ehemalige Hauptgebäude der Alten Universität, das „Collegium Maius“. Heute ist der renovierte Altbau Sitz des Landeskirchenamts der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Im Jahr 1501 immatrikulierte sich hier ein gewisser „Martinus Ludher ex Mansfeldt“. Martin Luther war ein erfolgreicher Student: Bereits im Folgejahr legte er die Prüfung zum bakkalaureus artium ab und wurde drei Jahre später zum Magister promoviert. Nach der akademischen Grundausbildung blieb der junge Student auch später der Universität verbunden.

„Die Erfurter Universität ist meine Mutter, der ich alles verdanke“, würdigte der spätere Reformator seine Alma Mater. So nahm er im Sommer 1505 das Jurastudium auf. Allerdings wurde das schon sehr bald durch das Blitz-Ereignis von Stotternheim beendet. In Todesangst soll er während des heftigen Gewitters gerufen haben: „Hilf Du, Sankt Anna, ich will ein Mönch werden.“ Zwei Wochen später klopfte der 21-Jährige an das Augustinerkloster in der Stadt und wurde Teil der strengsten Mönchsgemeinschaft von Erfurt. Weder sein Vater noch seine Freunde konnten ihn umstimmen. Heute zählt das Kloster zu den bedeutendsten Lutherstätten Deutschlands.

 

(Bild: Michael Sander/wikimedia (CC BY-SA 3.0))

Teil des Cranach-Jahres 

Etwa zehn Gehminuten vom „Collegium Maius“ entfernt, auf der anderen Seite der Gera, befindet sich, an der Kreuzung von Anger und Bahnhofstraße, ein prächtiges Barockgebäude, die „Erfurter Waage“. Im großen Giebeldreieck wacht der Schutzpatron der Stadt, St. Martin, über das Wohl und Wehe seiner Schutzbefohlenen. Ursprünglich als Pack- und Waagehof errichtet, entwickelte sich das Gebäude seit den 1920er Jahren immer mehr zu einem Kunstmuseum. Heute beherbergt es das Angermuseum. Neben mittelalterlicher Kunst aus der Stadt gibt es hier eine Gemäldegalerie über deutsche Landschaftsmalerei, Stillleben und Porträts sowie einen umfangreichen Bestand an Graphik und Handzeichnungen.

Zwölf Werke, die vorwiegend der Werkstatt der beiden Cranachs und deren Umkreis zugeordnet werden, befinden sich in dem Museum. Zu den bedeutendsten Arbeiten gehört „Lasset die Kindlein zu mir kommen“. Das Gemälde entstand um 1537 und ist mit dem typischen Schlangenzeichen, der Signatur Cranachs, versehen. Es zeigt Christus als Kinderfreund, eine protestantische Bildthematik, die Luthers Meinung illustriert, der Glaube bedürfe nicht des Intellekts oder des lernenden Wissens. Ergänzt wird die Ausstellung von Leihgaben.

(Bild: Mattana/wikimedia (CC BY-SA 3.0))

„Kontroverse und Kompromiss“

Der zentrale Platz, am Rande der Altstadt, ist der Domplatz. Der weitläufige, freie Platz wird überragt vom Wahrzeichen der Stadt, dem Ensemble aus zwei katholischen Kirchen, dem Dom St. Marien und der Severikirche. Um die Kirchen betreten zu können, muss man zuerst die mehr als 70 Stufen auf den Domberg nach oben steigen. Hier wurde 1507 der Mönch Martin Luther zum Priester geweiht. Im nördlichen Seitenschiff des Domes befindet sich eines der kostbarsten Kunstwerke in der Stadt, das um 1520 entstandene Tafelbild „Die Verlobung der Heiligen Katharina“ von Lucas Cranach dem Älteren. Es wurde erst 1948 in den barocken Altar eingefügt.

Im Zentrum der im Juni beginnenden Ausstellung „Kontroverse und Kompromiss“ stehen die Pfeilerbilder des Domes. Diese zeigen überwiegend „katholische“ Themen und dokumentieren die theologischen Kontroversen des 16. Jahrhunderts in der Stadt. In Erfurt bildete sich in der Auseinandersetzung von Stadtrat und Fürstbischof eine einzigartige bikonfessionelle Kultur heraus, die ihren Disput nicht nur in Wort und Schrift, sondern auch in der „Argumentation durch Bilder“ führte. Heute lässt sich diese Bikonfessionalität sehr schön anhand der traditionellen Martinifeier beobachten. Am Vorabend des 11. November feiern Katholiken und Protestanten seit mehreren Jahrzehnten einen ökumenischen Gottesdienst auf den Stufen des gotischen Domes. Während für die Katholiken der Schutzpatron der Stadt, der Heilige Martin, im Mittelpunkt steht, feiern die evangelischen Christen am 10. November den Geburtstag des Reformators Martin Luther. Zwei Schauspieler, die jeweils den Reformator Martin Luther und den Heilige Martin verkörpern, schreiten dann gemeinsam im Gespräch die mehr als 70 Stufen nach unten. 


Zusammengefasst: Mit der Ausstellung „Kontroverse und Kompromiss“ leistet die Landeshauptstadt einen Beitrag zum Themenjahr „Cranach in Thüringen“. Der Artikel geht den Werken Cranachs in Erfurt und dem Leben und Wirken Martin Luthers in der Stadt auf den Grund.

Angermuseum Erfurt: Ausstellung „Kontroverse und Kompromiss – Die Pfeilerbilder im Dom zu Erfurt“; 27. Juni – 20. September 2015; Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag 10:00 – 18:00 Uhr; Eintrittspreise: Erwachsene – 6,00 Euro, ermäßigt – 4,00 Euro, Gruppen – 3,00 Euro/Person, Familien – 13,00 Euro.

 

Informationen

Autor:luther2017 Datum:01-04-15
Schlagworte:
Luther, Erfurt, Ausstellung, Lucas Cranach der Ältere, Reformation - Bild und Bibel

Erfurt

Martin Luther in Erfurt – Sein Leben lang hatte der Reformator eine enge Beziehung zu Erfurt und besuchte die Stadt später mehrfach wieder.