Im Jahr 2017 tweeten oder posten die meisten Menschen ihre Gedanken zum Beginn der Reformation vor 500 Jahren. Eine Gruppe Wittenberger nutzt einen Kanal, der aus der Zeit gefallen scheint – und erreicht damit tausende Interessierte weltweit.
Wenn Ralf Theunert den Mast nach ganz oben gekurbelt hat und am Frequenzrädchen dreht, ertönt ein Mix aus All-Musik und Science-Fiction-Sound. Blechern und verzerrt ist in dem Fiepen und Rauschen auf einmal eine Stimme zu vernehmen. Nachdem die Antenne Richtung Norden zeigt, könnten das Russen sein, meint Theunert. Bei denen ist es um die Abendzeit recht voll auf dieser Frequenz. „Delta-Romeo-1-5-1-7-Lima-Uniform“, buchstabiert der 35-jährige Arzt in das Funkgerät. Es ist das Sonderrufzeichen der Wittenberger zum 500. Reformationsjubiläum.
Karten als Beleg für Kontakte
„Funken ist was für Physikbegeisterte und Bastler“, sagt Theunert: „Ein Ansporn ist, mit wenig technischer Ausstattung viele Menschen zu erreichen.“ Seit seinen Jugendjahren ist er bei den Radioamateuren der Lutherstadt dabei und heute ihr Vorsitzender. Neben dem Interesse an Frequenzbereichen und Dezibelzahlen gebe es aber auch einen sportlichen Anreiz: Jeder Kontakt zwischen zwei Funkern wird dokumentiert. Als Bestätigung, dass sie miteinander in Verbindung getreten sind, lassen sie sich gegenseitig eine Karte mit ihrem persönlichen Rufzeichen zukommen, auf der Uhrzeit, Datum und Frequenz des Kontakts festgehalten sind.