In die evangelische Mainzer Christuskirche sind für einige Wochen die Theaterleute eingezogen: Zum 500. Reformationsjubiläum übersetzt Star-Choreograph Rui Horta Luthers Ideen und Seelennöte in die Sprache des modernen Tanztheaters.
Die Mainzer Christuskirche ist zu einer Baustelle geworden, auf der viele die Orientierung verloren haben. Gestalten tasten in Bauplanen eingewickelt nach dem Ausgang, jemand anderes irrt mit verbundenem Gesicht scheinbar hilflos durch ein Wirrwarr aus Baugerüsten. Dazu Orgelmusik oder Elektroklänge und vorne, dicht an den Zuschauerreihen, immer wieder dramatische Kampfszenen. Wo normalerweise Sonntagsgottesdienste oder klassische Konzerte stattfinden, wird nun auf einer Bühne mit Hingabe gerungen - um das Seelenheil, Freiheit und wohl auch um die Wahrheit. Zum 500. Jahrestag der Reformation werden Martin Luthers Ideen zum Stoff für modernes Tanztheater.
Weniger als zwei Monate zum Einstudieren des Stücks
Weniger als zwei Monate Vorbereitungszeit hatte das „tanzmainz“-Ensemble des Mainzer Staatstheaters, um die Aufführung „Shift“ („Wandel“) einzustudieren. Das Projekt ist Ergebnis einer zwischen Theater und evangelischer Kirche beschlossenen Partnerschaft. Für die Inszenierung konnte der Choreograph Rui Horta gewonnen werden, der als Koryphäe der modernen Tanzkunst in Europa gilt. Die Premiere ist am 21. Januar.
Ende November traf der Portugiese mit einer Fülle von Ideen in der Landeshauptstadt ein. Der Gedanke, Luthers Reformation als Tanztheater zu inszenieren, habe ihn sofort begeistert: „Das war eine der wichtigsten Zeitenwenden in der Geschichte Europas.“ Die mit Mitteln des Bundes und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau geförderte Inszenierung ist ein durch und durch internationales Projekt. Die Tänzerinnen und Tänzer kommen aus der ganzen Welt, bei den Proben wird überwiegend Englisch gesprochen.