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„Brennen für den Glauben“ – Ausstellung zeigt Wien nach Luther Für mehr als ein halbes Jahrhundert war Wien mehrheitlich protestantisch. Das Wien Museum stellt diese Zeit in den Mittelpunkt einer Ausstellung.

Ansicht von Hernals. „Auslaufen“ der Wiener Protestanten zum Gottesdienst in die evangelische Hochburg. Matthäus d. Ä. Merian, Stich, 1649. (Bild: © Wien Museum)

Wien – und Österreich überhaupt – gilt als stark katholisch geprägt. Die Statistik belegt das auch, schließlich gaben bei der Volkszählung 2001 fast drei Viertel der österreichischen Bevölkerung an, katholisch zu sein. 2015 wies das Statistische Jahrbuch Wiens knapp 35 Prozent der Bevölkerung als katholisch aus – mehr als elfmal so viel wie der protestantische Anteil von 3,1 Prozent. 

Zum Reformationsjubiläum 2017 erinnert das Wien Museum in einer Ausstellung daran, dass dies nicht immer so war. Im 16. Jahrhundert war die Mehrheit der Wiener Bevölkerung für mehr als ein halbes Jahrhundert protestantisch. Überhaupt stand die Stadt unter religiösen Spannungen. Einerseits war sie Residenz katholischer Kaiser und Landesherrn, andererseits aber auch Zentrum des niederösterreichischen Adels, der mehrheitlich protestantisch war. In der Stadt bekämpften die regierenden Habsburger den evangelischen Glauben hartnäckig, aber zur gleichen Zeit entstanden in den Schlössern außerhalb blühende protestantische Gemeinden. 

Ausstellung zeigt zahlreiche Originaldokumente

Die Ausstellung „Brennen für den Glauben – Wien nach Luther“ des Wien Museums  befasst sich nun mit dieser konfliktreichen Zeit. Zu den herausragenden Exponaten zählen ein Erstdruck der Thesen Luthers von 1517, das Augsburger Bekenntnis von 1530 in der ältesten deutschsprachigen Abschrift und das Originaldokument des Augsburger Religionsfriedens von 1555 mit der Unterschrift Ferdinand I. Mit dem Religionsfrieden wurde Landesherren im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation das Recht zugestanden, die Konfession in ihrem Herrschaftsgebiet zu bestimmen. Bekannt ist die Regelung unter dem Stichwort „cuius regio, eius religio“.

Der Augsburger Religionsfrieden 1555. Original mit der Unterschrift Ferdinands I. (Bild: © Österreichisches Staatsarchiv, Abteilung Haus-, Hof- und Staatsarchiv)

Unter Ferdinands Nachfolger Maximilian II. wurde der Umgang mit der neuen Lehre auch in Österreich toleranter. Die Religionskonzession von 1568 gestattete es den adeligen Ständen der Herren und Ritter, auf ihren Landsitzen und den dazugehörigen Pfarrkirchen evangelisch-lutherische Gottesdienste zu feiern – für sich und ihre Untertanen. Ausgenommen von der Regelung waren allerdings Städte, Märkte und Wien. Die evangelischen Adeligen predigten dennoch in ihren Stadthäusern. Ab 1574 gestattete Maximilian evangelische Gottesdienste im Landhaus, um den evangelischen Gottesdienst wieder auf den Adel zu beschränken. 

Mitte des 17. Jahrhunderts fast keine Protestanten mehr in Wien

Zwar wurde im Jahrhundert der Reformation die Mehrheit der Wiener Bevölkerung evangelisch, aber Maximilians Nachfolger verboten die Ausübung des evangelischen Gottesdienstes in Wien ab 1578 wieder. So entstand der Brauch des „Auslaufens“. Zu Tausenden strömten Wiener und Wienerinnen an Sonn- und Feiertagen aus den Toren der Stadt nach Hernals, St. Ulrich, Inzersdorf und Vösendorf zum Gottesdienst. Mit Beginn der Gegenreformation begann eine energischere Verfolgung des Protestantismus und nach der Schlacht am Weißen Berg erklärte Ferdinand II. alle Zugeständnisse an die Protestanten für nichtig. Das Bürgerrecht wurde an die katholische Konfession geknüpft, das „Auslaufen“ verboten und 1627 mussten alle evangelischen Premier und Lehrer Niederösterreich verlassen. Um 1654 fanden sich in Wien kaum mehr hundert Protestanten. Im Geheimen lebte die Reformation in Wien aber weiter, insbesondere in den Kapellen der ausländischen Gesandtschaften. 

Diese Geschichte der Reformation erzählt die Ausstellung nahezu vollständig mit Originaldokumenten aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Handschriften, Bücher und Flugschriften bezeugen nicht nur die Auseinandersetzung, sondern auch die durch den Buchdruck ausgelöste Revolution in der Kommunikationskultur. Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle und Stiche zeigen handelnde Personen. Der Schlusspunkt der Ausstellung ist das Toleranzpatent Josephs II. von 1781. Es gestattete Lutheranern, Reformierten und orthodoxen Christen die Ausübung ihrer Religion im Privaten und die Gründung von Gemeinden mit „Bethäusern“. Diese durften von außen allerdings nicht als Kirche erkennbar sein.

Informationen

Autor:luther2017.de Datum:16-02-17
Schlagworte:
Ausstellung, Reformation, Geschichte, Wien

Info

„Brennen für den Glauben. Wien nach Luther“
Ausstellung im Wien Museum Karlsplatz

Karlsplatz 8
1040 Wien

16. Februar 2017 bis 14. Mai 2017
täglich außer montags, 10 bis 18 Uhr

Eintritt 10 Euro, 7 Euro ermäßigt,
Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren frei

www.wienmuseum.at