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August von Sachsen – Kurfürst, Unternehmer, Reformer

Die 1. Nationale Sonderausstellung „Luther und die Fürsten“ auf Schloss Hartenfels beschäftigt sich mit den Beziehungen des Reformators zu den Fürsten des Landes. Einer von ihnen ist August von Sachsen – obwohl Luther bei dessen Herrschaftsantritt schon längst tot ist. Nun setzt sich eine internationale wissenschaftliche Tagung mit dem Kurfürsten auseinander.  

Über dem Wams liegt der kurze Mantel, der zur spanischen Hoftracht gehört. Er ist mit Goldstickereien und kleinen goldenen Rosetten verziert. Die kurze Hose, feine Strümpfe und geschlitzte Lederschuhe sind Teil des Kostüms. In der Hand ein Paar mit Pelz gefütterte Lederhandschuhe. Womöglich aus Italien oder Frankreich eingeführt. Um den Hals eine Kette mit dem kaiserlichen Adler und der Bildnismedaille des Kaisers Maximilian II. Mit stolzem, aber auch einem harten Blick, präsentiert uns Lucas Cranach der Jüngere in seinem Ganzfigurenbildnis einen Mann, der schon vieles gesehen hat, der aber auch schon vieles erreicht hat: Kurfürst August von Sachsen (1526-1586). 

Im Schatten anderer

August wird immer wieder im Schatten anderer stehen. Zunächst in dem seines erfolgreichen Bruders, Moritz von Sachsen (1521-1553), der zweifellos einer der schillerndsten und tatkräftigen Gestalten jener Zeit ist – und dessen hochfliegenden Pläne ein jähes Ende finden sollen. Auf der anderen Seite bleibt der Nachwelt vor allem August der Starke (1670-1733) in Erinnerung, der prunkvolle Regent mit dem ausgeprägten Hang zu Repräsentation, der Kunstmäzen, Gestalter Dresdens und auch König von Polen. Dabei ist es gerade August von Sachsen, der entscheidend zur Ausgestaltung des sächsischen Staates beiträgt – in einer Zeit nach verheerenden Religionskriegen. Zahlreiche von ihm angestoßene Modernisierungen und Entwicklungen werden noch bis ins 19. Jahrhundert hineinwirken.  

Im Jahr 1553 stirbt Augusts älterer Bruder Moritz von Sachsen kinderlos mit gerade mal 32 Jahren. Er hat sich während der Schlacht von Sievershausen eine Schussverletzung zugezogen, an der er wenige Tage später stirbt. Durch dessen außenpolitisches Schaukelspiel, bei dem er auch nicht vor einem Fürstenaufstand gegen den Kaiser zurückschreckt, hat die in Dresden residierende albertinische Linie der Wettiner 1547 die Kurwürde erhalten. Einige Quellen vermuten sogar, dass ihm die Wunde von seinem eigenen Diener im Auftrag des Kaisers zugefügt wurde. Die Herrschaft und die Kurfürstenwürde gehen nun auf August über, der fortan die Geschicke des albertinischen Sachsens lenken muss. Es ist eine Zeit des Umbruchs, voller politischer und wirtschaftlicher Unsicherheit. 

August setzt seinem Bruder posthum ein Denkmal, das Moritzmonument: Unter einem Säulenbau überreicht Moritz von Sachsen vom Tod begleitet, seinem Bruder und Nachfolger August ein Kurzschwert. Daneben steht seine Gemahlin Anna, die Tochter des dänisch-norwegischen Königshauses. Sie wird August in seiner 33-jährigen Herrschaft tatkräftig und beratend zur Seite stehen, in seinem Bestreben, Sachsen zum Musterland im Deutschen Reich auszubauen.

Kopie des Moritzmonuments an der Brühlschen Terrasse, Dresden. Die beiden Ehefrauen sind von den Säulen verdeckt. (Foto: Kolossos, eigenes Werk, Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons)

Augsburger Religionsfrieden und „Kryptocalvinismus“

Zunächst gilt es den Frieden im Territorium zu sichern. Im Gegensatz zu seinem kriegerischen Bruder Moritz, der sich sogar gegen den Wunsch des Vaters zur Teilung des Territoriums als Alleinerbe durchsetzte, verfolgt August eine auf Frieden orientierte und nachhaltige Wirtschaftspolitik. So entschädigt er den familiären Nebenzweig der Ernestiner für deren Verlust der Kurfürstenwürde mit Land und 100.000 Gulden.

Auf dem Augsburger Reichstag, wo 1555 der Religionsfrieden geschlossen wird, ist er der Führer der deutschen Protestanten – und das obwohl er noch nicht einmal selbst vor Ort ist. Mithilfe seiner Abgesandten und Berater gelingt es ihm aber die verschiedenen Verhandlungspositionen zu koordinieren. Somit leistet er einen Beitrag, das Zusammenleben von Katholiken und Protestanten im Reich zu sichern. Zwar ist August als Führer der deutschen Protestanten lutherisch gesinnt aber theologisch nicht gebildet. Deshalb steht er bald schon unter dem Einfluss seiner Ratgeber, die eigentlich Calvinisten sind. Als August das erkennt, lässt er sie zunächst einkerkern und später verbannen. Er ist darüber so verärgert, dass er für das Zustandekommen der „Formula Concordiae“ sorgt, die den Calvinismus aufs schärfste verurteilt. Damit bereitet er dem „Kryptocalvinismus“ in Kursachsen ein Ende. Zugleich forciert er den Aufbau einer Lutherischen Landeskirche. Am 25.6.1580 erscheint in Dresden das Konkordienbuch, die Sammlung der mit der Konkordienformel abgeschlossenen lutherischen Bekenntnisschriften.

Kurfürst August, Guldengroschen 1570, Münzstätte Dresden, CNG
(Foto: Classical Numismatic Group, Inc. http://www.cngcoins.com)

„Vater August“ und „Mutter Anna“

Unter Kurfürst August entwickelt sich Sachsen zum Musterland mit entsprechender Kulturblüte. Er betätigt sich erfolgreich als Unternehmer in Bergbau, Handel und Gewerbe und fördert die Landwirtschaft. So lässt er das vom berühmten Rechenkünstler Adam Ries geleitete Münzmeisteramt von seinem Geburtsort Freiberg nach Dresden verlegen und gründet dort in unmittelbarer Nähe seines Residenzschlosses die Münzstätte. Die übrigen Münzstätten in seinen Territorien lässt er trotz Proteste schließen. Das erlaubt ihm, über die Richtigkeit von Schrot und Korn besser wachen zu können. 

Auch Kultur und Wissenschaft kommen nicht zu kurz. August richtet eine bedeutende Kurfürstliche Bibliothek und die Dresdner Kurfürstliche Kunst- und Naturalienkammer ein. Aus dieser Kammer, die zu den bedeutendsten Kunst- und Raritätenkabinetten Europas gehört, werden später einmal die  weltberühmten Dresdner Kunstsammlungen hervorgehen, insbesondere die Pretiosensammlung „Grünes Gewölbe“ und die Gemäldegalerie. Verschiedene Ordnungen und Reformen machen Sachsen zu einem modernen Staat. Dazu zählen etwa zahlreiche Landesordnungen, die Vereinheitlichung des Justizwesens, der Ausbau der Verwaltung und die Gründung eines vierköpfigen Geheimen Rates als Zentralbehörde.

August regiert mit hausväterlicher Strenge über das Kurfürstentum – als durchaus verantwortungsvoller Landesvater, der aber seine Vorstellungen immer noch mit drakonischen Maßnahmen durchsetzt. Im Volksmund werden beide „Vater August“ und „Mutter Anna“ genannt. 

Informationen

Autor:Michael Achhammer Quelle:Staatliche Kunstsammlungen Dresden Datum:10-07-15
Schlagworte:
Lutherdekade, August von Sachsen, Sachsen, 1. Nationale Sonderausstellung, Dresden, Torgau,

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