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„Vorrede auf alle gute Gesangbücher"

Die „Vorrede auf alle gute Gesangbücher" unter dem Titel „Frau Musika" verfasste Martin Luther für Johann Walthers Büchlein „Lob und Preis der löblichen Kunst Musica", das 1538 in Wittenberg erschienen ist. Das Gedicht zeugt von Luthers Leidenschaft und Hochachtung für die Musik.

Frau Musika

Vor allen Freuden auf Erden

Kann niemand keine feiner werden,

Denn die ich geb mit meinem Singen

Und mit manchem süßen Klingen.

Hier kann nicht sein ein böser Mut,

Wo da singen Gesellen gut,

Hier bleibt kein Zorn, Zank, Haß noch Neid,

Weichen muß alles Herzeleid;

Geiz, Sorg und was sonst hart an Leid,

Fährt hin mit aller Traurigkeit.

Auch ist ein jeder des wohl frei,

Daß solche Freud kein Sünde sei,

Sondern auch Gott viel bass gefällt

Denn alle Freud der ganzen Welt.

Dem Teufel sie sein Werk zerstört

Und verhindert viel böser Mörd.

Das zeugt Davids, des Königs Tat,

Der dem Saul oft gewehret hat

Mit gutem, süßem Harfenspiel,

Daß er in großen Mord nicht fiel.

Zum göttlichen Wort und Wahrheit

Macht sie das Herz still und bereit.

Solchs hat Elisäus bekannt,

Da er den Geist durchs Harfen fand.

Die beste Zeit im Jahr ist mein,

Da singen alle Vögelein,

Himmel und Erden ist der voll,

Viel gut Gesang da lautet wohl.

Voran die liebe Nachtigall

Macht alles fröhlich überall

Mit ihrem lieblichen Gesang,

Des muß sie haben immer Dank,

Viel mehr der liebe Herregott,

Der sie also geschaffen hat,

Zu sein die rechte Sängerin,

Der Musik eine Meisterin.

Dem singt und springt sie Tag und Nacht,

Seines Lobs sie nichts müde macht,

Den ehrt und lobt auch mein Gesang

Und sagt ihm einen ewigen Dank.