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Kulturwerk Reformationsjubiläum

Ausstellung auf der Wartburg
Druckerzeugnisse einer Ausstellung auf der Wartburg (Bild: © epd-bild / Norbert Neetz)

Sie singen und zwar alle, die Protestanten sind jetzt auch bei uns, so soll ein Lemgoer Ratsdiener seinem Bürgermeister, Conrad Flörke, zu Beginn der Reformationszeit zugerufen haben, nachdem lauthals Lutherchoräle auf den Straßen und in der Kirche gesungen worden seien. Dies mag nur eine Legende sein, doch zeigt sie den großen Einfluss der Musik auf die Reformation. Gleiches gilt für Kunst, Sprache, Bildung – Kultur und Reformation sind untrennbar miteinander verbunden. So verwundert es kaum, dass die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien das Reformationsjubiläum bundesseitig vorbereitet und es von Bund und Ländern mit weitreichenden Kulturförderprogrammen begleitet wird.

Reformation ist mehr als nur ein religiöser Prozess

Seit 2008 bereiten sich neben den kirchlichen auch staatliche und zivilgesellschaftliche Partner mit der Lutherdekade auf das Reformationsjubiläum 2017 vor: historische Stätten werden restauriert, die notwendige Infrastruktur wird geschaffen und die verschiedenen Aspekte der Reformation werden in Themenjahren beleuchtet. Ziel ist es, die Reformation nicht nur als religiösen Prozess zu verstehen, sondern auch ihre Auswirkungen auf Kunst und Kultur, Wissenschaft und Bildung, Politik und Gesellschaft insgesamt aufzuzeigen. Kunst, Musik und Sprache sind dabei gleichsam wichtige Themen und Instrumente. Sie dienten den Reformatoren zur Vermittlung ihrer Ideen und generieren in der Dekade Aufmerksamkeit in der Gesellschaft.

2012 brachte das Themenjahr „Reformation und Musik“ die Reformation auf besondere Weise zum klingen. Es wurde komponiert und arrangiert, geprobt und musiziert. Täglich erklangen Stücke der Reformation in alter und neuer Weise. Die Bandbreite reichte vom Lutherlied der Schülerband aus Wanzleben über die „A Jazz Reformation“-Tour der NDR Big Band bis zum Poporatorium mit 10.000 Sängern. Ein besonderes Highlight setzte ein weiteres Jubiläum – Thomaskirche, Thomaschor und Thomasschule in Leipzig blickten auf ihr 800-jähriges Bestehen zurück. Bis heute lassen die Thomaner in einmaliger Weise Lutherchoräle erklingen und halten die Worte und Melodien der Reformation – dank ihres berühmtesten und von Martin Luther beeinflussten Kantors Johann Sebastian Bach – bis heute am Leben. Wie bereits vor 500 Jahren inspirierte die Musik viele zum Mitmachen und Mitgestalten.

Ähnliches gelang im Themenjahr 2015 „Reformation – Bild und Bibel“. Die Macht der Bilder in Vergangenheit und Gegenwart lockte Tausende in Museen und Hörsäle. Von Eisenach bis Weimar, von Dessau bis Wittenberg galt es die Cranachfamilie – die Maler der Reformation – zu entdecken, während Nürnberg unter dem Motto „Buch.Bild.Provokation“ seine Rolle als Medienzentrum des ausgehenden Mittelalters und gleichzeitig die Auswirkungen der digitalen Welt auf unsere heutige Gesellschaft untersuchte. Das Gutenberg-Museum inszenierte die Reformation unter dem Titel „Am 8. Tag schuf Gott die Cloud“ als Medienrevolution in Mainz und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden mit „Luther und die Fürsten“ die erste Nationale Sonderausstellung in Torgau. Diese Veranstaltungen der Kulturthemenjahre stehen nur beispielhaft für die vielen kulturellen Highlights, die die Reformation und das Reformationsjubiläum erlebbar machen.

Logo der Nationalen Sonderausstellungen
Logo der Nationalen Sonderausstellungen

2017 – kulturelle Highlights und Kleinode

Auch im Jubiläumsjahr 2017 laden vielfältige von Bund, Ländern und privaten Initiativen angeregte und geförderte Kulturprojekte dazu ein, die Reformation, ihre Themen und ihre Auswirkungen zu entdecken. Das Herzstück des staatlichen Engagements bilden dabei 2017 die unzähligen Ausstellungsprojekte, die in Umfang und Vielfalt die globale Wirkung der Reformation widerspiegeln. Wie Puzzleteile vervollständigen sie zusammen das Bild der Reformation als andauernden Lernprozess und Bewegung. So bietet beispielsweise die bayerische Landesausstellung „Ritter, Bauern, Lutheraner“ von Mai bis November auf der Veste Coburg das ganze Panorama der stürmischen Zeit um 1500, das Ruhr Museum in Essen gewährt in „Der geteilte Himmel“ den ungeschönten Blick auf das Zusammenleben der unterschiedlichen Religionen und Konfessionen bis in die Gegenwart und mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes trägt die Schatzkammerausstellung „Here I stand“ die Reformation und Martin Luther nicht nur nach Amerika, sondern auch ins world wide web.

Einmalig sind die drei Nationalen Sonderausstellungen; das Deutsche Historische Museum, die Wartburg-Stiftung und die Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt zeigen zwischen April und November in Berlin, Eisenach und Lutherstadt Wittenberg die „volle Wucht der Reformation“. Wie in den Themenjahren wird der Reformation und den Reformatoren auch im Jubiläumsjahr musikalisch und in Bildern gedacht. Der amerikanische Medienkünstler Bill Viola will durch seine bildgewaltigen Medieninstallationen in den Deichtorhallen in Hamburg zum Nachdenken über Gesellschaft und Religion anregen. Während das Musical „Luther – Rebell Gottes“ im Stadttheater Fürth ab Januar und das Pop-Oratorium „Luther“ in Stadien überall in Deutschland den Reformator selbst in den Blick nehmen, lässt die Deutsche Oper Berlin in der Neuproduktion der Meyerbeer-Oper „Der Prophet“ mit der Geschichte der Wiedertäufer einen besonderen Aspekt der Reformationsgeschichte auferstehen. Diese ausgewählten Beispiele aus einem reichhaltigen Programm verdeutlichen, dass das Reformationsjubiläum Kulturschaffenden Anlass und Grund bietet, sich den Fragestellungen und Persönlichkeiten des 16. Jahrhunderts auf besondere Weise zu nähern und Besuchern die „Kulturnation Deutschland“ wieder zu entdecken. Ich hoffe und wünsche mir, dass neben unzähligen internationalen Gästen auch viele Deutsche der Einladung folgen und gemeinsam ein fröhliches, ernstes und würdiges Reformationsjubiläum begehen; was ohne die vielen kulturellen Highlights und Kleinode undenkbar wäre.


Dieser Text erschien zum ersten Mal in „Martin Luther Superstar", einer Publikation des Deutschen Kulturrates e.V., und wurde luther2017.de mit freundlicher Genehmigung der Autorin zu Verfügung gestellt.

Astrid Mühlmann leitet die Staatliche Geschäftsstelle „Luther 2017“.