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Revision der Lutherbibel: Der Sturm war eigentlich ein Tsunami

Die Revision der Lutherbibel ist abgeschlossen. Nach fünfjähriger Arbeit wurde am Mittwochabend (16.09.15) auf der Wartburg bei Eisenach der überarbeitete Text der Lutherbibel dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) übergeben. 

Der Thüringer Altbischof Christoph Kähler (li.) übergibt dem Ratsvorsitzenden der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, die jüngste Revision von Martin Luthers Bibelübersetzung (Bild: epd-bild)

„Manchmal war Luther besser, als die Leute die ihn später verbessert haben“, erklärte der Thüringische Altbischof Christoph Kähler im Interview mit dem Mitteldeutschen Rundfunk. Die neue revidierte Lutherbibel, die im Oktober 2016 erscheinen wird, ist dem Theologen zufolge näher an der Sprache des Reformators als frühere Übersetzungen. 

„Wenn ich ein Beispiel geben soll: Psalm 42 fängt bei Luther an ‚Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu Dir‘. Beides ergänzt sich. Und daraus hat man 1984 ‚Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu Dir´gemacht. Ich glaube elementarer ist die Lutherschrift-Formulierung und diese elementaren Formulierungen haben wir zum Teil´wiederhergestellt´“, so Kähler, der als Vorsitzende des Lenkungsausschusses die Lutherrevision koordinierte. 

Die Lutherbibel als kostbares Erbe 

Rund 70 exegetische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, praktische Theologinnen und Theologen sowie kirchleitende Personen hatten fünf Jahre lang an der Revision der Lutherbibel gearbeitet. Nach Schätzungen Kählers wurden in dieser Zeit rund 12.000 Veränderungen an Bibelversen vorgenommen. Davon ausgenommen blieben Texte, die die Gemeinden zum Teil vollständig auswendig kennen, wie etwa der „Psalm 23“ oder das „Vaterunser“. 

Am Mittwochabend erhielten die Arbeiten ihren offiziellen Abschluss und der Text der Lutherbibel wurde dem Rat der EKD auf der Wartburg übergeben, der die Revision beschlossen und festgestellt hatte. Kähler drückte seine Freude darüber aus, dass das Projekt im Vorfeld des Reformationsjubiläums im Jahr 2017 abgeschlossen werden konnte. „Die Lutherbibel stellt ein kostbares theologisches und kulturelles Erbe dar. Mit diesem Erbe müssen wir behutsam und sorgfältig umgehen.“

„Kein normales Unwetter“

Zugleich seien bei der Revision aber auch neue Erkenntnisse der Bibelwissenschaften berücksichtigt worden. Bei der Übersetzung des Neuen Testaments etwa sei an den Stellen, wo Luther dem griechischen Text seiner Zeit folgte, nun die an der Universität Münster erarbeitete textkritische Ausgabe des Neuen Testaments zugrunde gelegt worden. Aber auch der deutsche Sprachgebrauch hat sich in der Zwischenzeit weiterentwickelt.

„Es gibt die Geschichte von der Sturmstillung im Matthäusevangelium. In dieser Sturmstillungsgeschichte hatte Luther übersetzt ‚Da wurde ein großes Ungestüm’“, erklärte Kähler im Interview mit dem MDR. „Das hat man 1984 nicht mehr stehen gelassen, da hat man einfach ‚Sturmsein’ hingesetzt. Aber im Griechischen steht da Seismós, das wir von der Seismologie kennen. Es stand hier also ‚Erdbeben‘. ‚Und da entstand ein Erdbeben im Meer‘, müsste man wörtlich übersetzen. Man kam zu dem Schluss, dass ein Erbeben hier nicht so geschickt sei, aber ein Beben im Meer sehr wohl. Das versteht seit 2004 jeder Mensch, das ist ein Tsunami. Jeder kann dann erkennen, was damit gemeint ist und, dass das bei Matthäus kein normales Unwetter ist.“

Informationen

Autor:luther2017.de Quelle:MDR/epd Datum:16-09-15
Schlagworte:
Revision der Lutherbibel, Martin Luther, Reformationsjubiläum, EKD

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