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„Heillose Möncherey“ – Ausstellung zum Schicksal der Klöster während der Reformation

Blick in die Sonderausstellung „Heillose Möncherey“. (Bild: Museum Nienburg)

Die Reformation wirkte sich auf viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens aus – auch auf die Klöster. Martin Luther selbst war Augustinermönch, seine spätere Ehefrau Katharina von Bora floh aus dem Kloster Nimbschen. Und vermutlich führte Luthers Heidelberger Disputation auch dazu, dass das Heidelberger Augustinerkloster völlig verlassen wurde. 

Das Museum Nienburg widmet sich nun in einer Ausstellung dem Schicksal der Klöster während der Reformation. Dabei liegt der Schwerpunkt der Schau auf regionalen Entwicklungen und Personen, die zur Zeit der Reformation in Nienburg und dem heutigen Landkreis Nienburg von Bedeutung waren. Dabei wird zunächst beleuchtet, wer die reformatorischen Ideen vor Ort durchsetzte und aus welchen Motiven heraus die regionalen Adligen den neuen Glauben annahmen. Auch der Blick auf die Mittel, mit denen die Ideen von „oben nach unten“ durchgesetzt wurden, fehlt nicht.

Daran schließt sich chronologisch die Betrachtung des Schicksals der Klöster an. Neben weiteren belegten Klosteranlagen liegen im Landkreis Nienburg zwei, die heute noch existieren: Die Klöster Loccum und Schinna. Dabei ist Loccum bis heute eine bedeutende Klosteranlage, während Schinna säkularisiert und seine Gebäude umgenutzt wurden. Mit der Ausstellung soll der Zusammenhang zwischen der Machtpolitik des 16. Jahrhunderts auf der einen und der schwierigen Lage der Klöster im Spannungsfeld zwischen eigenen Interessen und neuem Glauben verdeutlich werden. 

Umfassende gesellschaftspolitische Umwälzung

Die Reformation setzte neben einer Revolution des geistigen Lebens auch eine umfassende gesellschaftspolitische Umwälzung in Gang. Eine einheitliche Reichskirche war undenkbar und so entstanden auf den Schultern einzelner Fürsten Landeskirchen – denen die Fürsten als Bischöfe vorstanden. So konnte der Landesherr das der römischen Kirche gehörende Kirchengut nach Gutdünken einziehen. Nach kriegerischen Auseinandersetzungen hatte man sich 1555 im Augsburger Religionsfrieden auf „cuius regio, eius religio“ („wessen Land, dessen Glaube“) geeinigt: der jeweilige Fürst bzw. in den Reichsstädten der Magistrat bestimmte fortan die Konfession seines Herrschaftsgebietes. 

Die Ausstellung zeigt beispielhaft anhand des heutigen Landkreises Nienburg, welche bedeutende Rolle dem Landesherrn bei der Durchsetzung der reformatorischen Ideen zukam – und letztlich auch, welche Motive ihn dazu veranlassten. Die finanzielle Notsituation der Grafen von Hoya infolge von militärischen Unternehmungen war für deren Haltung zur Reformation von großer Bedeutung. Unter dem Grafen Jobst II. von Hoya und dessen Frau Anna von Gleichen wurden die reformatorischen Ideen durchgesetzt. Der damit verbundene Zugriff auf den Besitz von Klöstern und Stiften bot die Möglichkeit, die klammen Kassen der Grafschaft wieder zu füllen. 

Bibelspruch an der Wand der ehemaligen Klosterkirche in Schinna. (Bild: Regina Steudte, www.photogina.de)

Für die Grafschaft Hoya ist besonders der Reformator Adrian Buxschott von Bedeutung, dessen größte Leistung die Verfassung der Kirchenordnung für die Grafschaft Hoya ist. Der Legende nach hatte Buxschott einen denkwürdigen und überlieferten Auftritt in der Kirche in Nienburg. Während des Gottesdiensts fragte er den katholischen Prediger, wo Luther geirrt habe. Der Prediger blieb die Antwort schuldig und räumte den Platz, so dass Buxschott die Zuhörer auf seine Seite ziehen konnte. Graf Jobst ordnete die Abschaffung der Messen in seinem Herrschaftsgebiet an, nur sonntags blieb der Gottesdienst, und die hohen Feste sollten auch zunächst weiter auf Latein gefeiert werden, bis man genug deutsche Texte zusammen hatte. 

Die Darstellung der verantwortlichen Personen endet mit Graf Albrecht II., Nachfolger von Jobst II. Unter seiner Leitung wurde in Hoya eine Synode einberufen, die in der Konsequenz die geistliche Aufsicht der Bremer Kirche über die Kirche in Hoya beendete. 

Klöster nehmen vielfältige Funktionen wahr

Im zweiten Teil der Sonderausstellung wird das Schicksal der Klöster thematisiert. Neben der Ordensarbeit nehmen Klöster ganz vielfältige Funktionen wahr. So leisten sie Bildungsarbeit, Seelsorge, sind Grundherr, Ort der Ruhe und Kontemplation. Noch heute spielen Klöster eine große Rolle im Leben vieler Menschen. Sie werden zum Identifikationsfaktor für eine Region und die Bevölkerung nutzt die unterschiedlichen Angebote des Klosters in großer Zahl. So dienen sie auch der historischen Verortung. 

Maria Magdalena und ein heiliger Bischof. Werkstatt des Meisters von Osnabrück, 1515/1520, Sammlung Museum Nienburg. (Bild: Regina Steudte, www.photogina.de)

Das gilt insbesondere für das Kloster Loccum, bis heute funktionierender Klosterstandort mit bundesweiter Bedeutung. Neben dem Kloster Loccum präsentiert die Schau auch die Ergebnisse der Ausgrabungen in Schinna und Nendorf. Dabei sind die Wege der Klöster während und nach der Reformation ganz unterschiedlich. So wurde das Kloster Loccum um 1600, mit der Annahme der Confessio Augustana lutherisch – mitsamt dem weiter bestehenden Konvent und unter Erhalt des klösterlichen Besitzes. Die Autonomie des Klosters besteht bis heute fort. Dabei musste das Kloster seine unabhängige Position im 16. Jahrhundert gegen wegfischen Herzöge verteidigen. 

Anerkennung als Landesherr gegen Erhalt von Privilegien getauscht

So stand 1585 Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel sogar mit einem Heer vor Loccum. Abt Barnewold von Loccum huldigte dem Herzog, erkannte ihn als protestantischen Landesherrn an. und erhielt als Gegenleistung die Bestätigung aller Privilegien vom Herzog einschließlich der Stellung als kaiserfreies Reichsstift und der freien Abtswahl. Loccum behielt seine Ländereien, entging der Säkularisierung und der Besitz ging nicht in den Klosterfonds der Welfen über. 

In Schninna wirkte die Reformation – gleichwohl sie das Ende der Anlage als Benediktinerkloster bedeutete – denkmalerhaltend. Die Umwandlung zum landwirtschaftlichen Betrieb führte dazu, dass der Zustand des 16. Jahrhunderts in weiten Teilen unverändert erhalten geblieben ist. Seit 2009 finden in Schinna archäologische Grabungen statt, deren Funde auch in der Ausstellung zu sehen sind.

Informationen

Autor:luther2017.de Quelle:Museum Nienburg Datum:18-08-17
Schlagworte:
Nienburg/Weser, Ausstellung, Klöster, Reformation, Kloster Loccum, Schinna, Hoya

Info

„Heillose Möncherey“

Fresenhof
Leinstraße 48
31582 Nienburg

Quaet-Faslem-Haus
Leinstraße 4
31582 Nienburg 

Öffnungszeiten:
17. August 2017 bis 28. Januar 2018

Dienstag bis Donnerstag, 10 Uhr bis 17 Uhr
Freitag, 10 Uhr bis 13 Uhr
Sonnabend und Sonntag, 10 Uhr bis 17 Uhr

Eintrittskarten:
Der Eintritt ist frei.

Weitere Informationen:
Website des Museums